Glücksspielsucht Präventives Zocken gegen die Spielsucht

St. Ingbert · Beim Aktionstag Glücksspielsucht kamen BBZ-Schüler in Kontakt zu Betroffenen. Beim gemeinsamen Spiel wuchs das Verständnis.

 Beim Aktionstag Glücksspielsucht wurde im BBZ auch Roulette gespielt, um auf die Gefahren von Glücksspielen hinzuweisen.

Beim Aktionstag Glücksspielsucht wurde im BBZ auch Roulette gespielt, um auf die Gefahren von Glücksspielen hinzuweisen.

Foto: Cornelia Jung

Anlässlich des Aktionstages Glücksspielsucht gab es jetzt am Berufsbildungszentrum St. Ingbert einen Präventionsparcours, auf dem zu Aufklärungszwecken ausgiebig „gezockt“ wurde. Ausgehend vom Arbeitskreis gemeindenahe Sucht des Saarpfalz-Kreises wurden die Schülerinnen und Schüler auf Risiken und Gefahren des Glücksspiels aufmerksam gemacht, indem sie unter anderem selbst ins Spiel einbezogen werden. Diplom-Sozialpädagoge Mehment Dincel beispielsweise war an diesem Tag Herr über das Roulette und ermutigte die jungen Leute, Haus, Hof, Auto und, wenn alle Einsätze verspielt waren, auch die Familie aufs Spiel zu setzen. Hier war es nur Spaß und die persönlichen Güter waren Spielfiguren aus Plastik.

Nur annähernd konnten die Schüler erahnen, wie es sich anfühlen muss, wenn im wahren Leben alles den Bach runtergeht, weil die Glücksspielsucht einen so im Griff hat, dass sich die Prioritäten verschieben. An einer Stelle wurde die „Illusion Lotto“ erklärt und dass man es eben nicht selbst beeinflussen kann, ob man gewinnt. Anhand von 800 Schüsseln mit jeweils einem Kilo roter Linsen wurde erläutert, wie aussichtslos es ist, die eine schwarze Linse unter den Millionen roten zu finden. Ähnlich unwahrscheinlich sei es, in „6 aus 49“ den Gewinn abzuräumen. Dort steht die Chance 1 zu 140 Millionen. Ziemlich schnell war beim Roulette, dem Linsen-Lotto oder auch der „Bank of winner“ klar, wer am Ende immer der Gewinner ist – die Bank. Waren am Anfang noch viele Schüler für ein paar flapsige Sprüche gut, setzte allmählich das Nachdenken ein. Selbst wenn die meisten nicht spielen oder jemanden kennen, der dies tut, gibt es auch bei diesen Schülern ein Suchtpotential. Schnell ist das Handy, Smartphone oder der Computer ausgemacht, an denen man noch mal die sozialen Netzwerke checken muss, erst ein Level eines Spiels beenden muss, bevor man dem Ruf zum Essen folgt. Auch aus solchen Zwängen könne schnell eine Sucht werden. „Was ist Sucht?“, fragte Ralph Dejon. Katharina stufte sie als Krankheit ein. Wenn der schmale Grat von Etwas-machen-wollen zu etwas-machen-müssen überschritten sei, werde es ernst. Nachdenklich schauen die jungen Männer und Frauen, als Dejon von der Fachstelle von Suchtvorbeugung und -beratung „Praesent“ erzählt, dass sich Süchtige auch in Ihrer Persönlichkeit verändern. Gerd stand dabei und hörte zu. Er kennt das aus eigenem Erleben, denn er ist „trockener Spieler“. Auch ihn hatte der Reiz des Gewinnens zum Automatenspiel getrieben. Rund 30 Jahre habe er gespielt, seit 2013 sei er genesen. Erstmals spielte er mit sechs Jahren in der Gaststätte seiner Eltern, wie er sich erinnert. Als aus Spaß Ernst wurde, hat er in drei Jahren 8000 Mark Schulden angehäuft. Seine Ehe ging darüber kaputt. „Das Schlimmste war die Lügerei. Und ich habe jede Menge Vertrauen verballert“, erzählt der Saarbrücker. Den Ausstieg müsse man wollen. Er wollte ihn, weil „ich mich entschieden habe, zu leben.“ Die Rückkehr in ein normales Leben ist schwer. Er möchte aufklären. „Ich wäre froh gewesen, zu meiner Schulzeit hätte es schon eine Präventionsveranstaltung wie diese hier gegeben“, sagt das Mitglied der anonymen Spieler, „da hätte ich vielleicht mal drüber nachgedacht, was ich da mache.“

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