Ortsrat St. Ingbert-Mitte Emotionale Debatte über Elstersteinpark

St. Ingbert · Schuldzuweisungen, Untreuevorwürfe und Zwischenrufe begleiten im Ortsrat die Diskussion zum Beweidungsprojekt.

 Die umzäunten Wiesen im Elstersteinpark sorgen weiter für viele Emotionen in der Kommunalpolitik.

Die umzäunten Wiesen im Elstersteinpark sorgen weiter für viele Emotionen in der Kommunalpolitik.

Foto: Cornelia Jung

Wie aus einer tollen Idee ein Fall für die Kommunalaufsicht werden konnte, zeigt das Beispiel des Beweidungsprojekts im Elstersteinpark. Noch vor drei Jahren waren viele St. Ingberter froh über das Projekt, das einer Biosphärenstadt gut anzustehen schien. Einerseits sollten Schafe das Gras, und später Ziegen auch das Strauchwerk, kurz halten, um die Struktur des ehemaligen Landschaftsparks des kleinen Schlösschens am Elsterstein wieder auferstehen zu lassen. Andererseits waren die Tiere Sympathieträger, die Fans unter Kita- und Schulkindern hatten und vor allem unter den Gästen des Mutter-Kind-Kurheims, das direkt angrenzt.

Und dann hatte der Halter der Tiere, Hans Werner Krick, der vom Ortsrat und der Stadt angefragt wurde, ob er das Projekt unterstützt, eine zusätzliche Weidefläche. Doch trotz der genannten positiven Seiten gab es von Anfang an auch Bedenken einiger Anlieger, die sich über Gestank und Fliegen beklagten und darüber, dass auf den mit mobilen Zäunen umgrenzten Wiesenflächen im Winter keine Rutschpartie mehr möglich ist. Daraufhin versuchten Ortsrat und Tierhalter den Wünschen der Anwohner zu entsprechen und rückten mit dem Zaun in den besagten Bereichen weiter von der Häuserfront ab.

Nachdem die Tiere mit einem knapp 30 000 Euro teuren, stabilen Zaun am Ausbrechen gehindert wurden, gingen die Diskussionen um die Größe der eingezäunten Flächen und vor allem um die Herkunft des Geldes für den Zaunbau in eine nächste Runde und die Beschwerde eines Ortsratsmitglieds in die höhere Instanz. Auf dessen Schreiben hin stellte das Landesverwaltungsamt (Lava) fest, dass die Einzäunung einer großen Fläche des Elstersteinparks zur Beweidung ohne die erforderliche Legitimation durch den Ortsrat erfolgt sei. Des Weiteren teilte die Aufsichtsbehörde die Auffassung, dass für die Maßnahme keine Mittel im Haushalt bereit standen, also wohl Haushaltsmittel zweckentfremdet eingesetzt worden seien. Mit dieser Antwort fühlten sich die Zweifler und Kritiker des aus ihrer Sicht überdimensional angelegten Beweidungsprojekts bestätigt. Auf Wunsch des Ortsrates beziehungsweise der Kommunalaufsichtsbehörde sollte das Projekt deshalb dem Ortsrat nochmals zur Entscheidung vorgelegt werden. In dessen jüngster Sitzung geschah das auch.

Als Beratungsgrundlage hatte die zuständige Fachabteilung erstmals alle für die Beweidung vorgesehenen Areale in vier Beweidungsabschnitte unterteilt und in einem Plan dargestellt. In der Versammlung sollte geklärt werden, ob das Projekt mit welchem Tierhalter fortgeführt und in welcher räumlichen Ausdehnung sowie in welcher Art die Beweidung eingegrenzt werden soll. In der Zusammenkunft schlugen sowohl innerhalb des Rates als auch zwischen diesem und einer Bürgerin, die durch Zwischenrufe den Ablauf störte, die Wogen hoch. Von der Anwohnerin wurde Krick als „Nutznießer“ der Aktion dargestellt, was dieser mit der Bemerkung, er sei „Dienstleister“, von sich wies. Außerdem sah sich der Ortsrat mit der Meinung konfrontiert, er habe in dieser Angelegenheit Geld unterschlagen.

Ortsratsmitglied Bodo Marschall (Die Grünen) skizzierte zum Verständnis noch einmal den Weg von seiner Idee bis zur Umsetzung und betonte, dass es nicht nur einen einstimmigen Ortsratsbeschluss gegeben habe, sondern der Oberbürgermeister das Projekt nach einem Rathaustermin zur „Chefsache“ erklärt habe. Dabei verschwammen die Grenzen vom geplanten Bürgerpark, dem Beweidungsprojekt und die Aufnahme in die LEADER-geförderten „Gärten ohne Grenzen“. Marschall bemängelte die katastrophale Gesprächskultur beim derzeitigen Umgang mit dem Beweidungsprojekt und fragte, wie stabil politische Prozesse in St. Ingbert seien, wenn einige wenige Bürger Ortsratsbeschlüsse kippen könnten.

Siegfried Thiel (SPD) nannte diese Ausführungen „dummes Zeug“, so dass Ortsvorsteher Ulli Meyer verbal eingreifen musste: „Es ist der Sache nicht gedient, wenn wir uns hier an die Gurgel gehen.“ Verwaltungsmitarbeiter Christian Lambert erläuterte, dass die Mittel für den Zaun aus internen Leistungsverrechnungen stammen. Meyer stellte klar, dass sich die Rügen des Lava auf die Verfahrensweise, also auch auf unpräzise Beschlüsse, und nicht auf das Projekt an sich bezögen. Er brach die Diskussion mit Verweis auf die Emotionalität aller Seiten in dieser Sache ab.

Der Ortsrat stehe weiter hinter dem Projekt, wünscht sich aber einen besseren Informationsaustausch. Krick steht auf Anfrage weiterhin für das Beweidungsprojekt zur Verfügung, plädiert aber für das Festschreiben der Bedingungen in einem Vertrag. Seiner Anregung, die Verwaltung möge das Projekt ausschreiben, um spätere Diskussionen zu vermeiden, folgte der Rat mehrheitlich.

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