Debatte um City-Manager Neues Etikett für bekannte Strukturen

St. Ingbert · Wirtschaftsförderer weisen die Forderung nach einem City-Manager für St. Ingbert als überflüssig zurück.

Mit Verwunderung hat man im St. Ingberter Rathaus die neuerliche Forderung der Familien-Partei nach einem City-Manager aufgenommen (wir berichteten). Formulierungen wie „die bisherigen Strukturen von Stadtmarketing, Wirtschaftsförderung, Aktionsgemeinschaft St. Ingbert müssten verändert und auf einen City-Manager zugeschnitten werden“, haben dabei insbesondere den Geschäftsbereich Wirtschaft in der Stadtverwaltung geradezu an der Ehre gepackt. Prompt stellten Wirtschaftsförderer Thomas Debrand und die für Wirtschaftsentwicklung zuständige Martina Quirin im Gespräch mit der SZ die Gegenfrage: „Was könnte denn ein City-Manager besser machen?“ Kümmerer für die Geschäftsleute und strategisch denkende Gestalter der Innenstadt – das gäbe es doch längst.

„Wir wären sicherlich die Letzten, die nicht gerne einen neuen Mitarbeiter nähmen“, sagte Thomas Debrand. „Doch wir brauchen keinen zusätzlichen Häuptling, sondern zusätzliche Indianer“, ist er sich mit Martina Quirin einig. Der Wirtschaftsförderer räumte zugleich ein Missverständnis aus: „Bei einem City-Manager denken viele an den Koordinator der Geschäfte in einem einheitlichen Center.“ Dort seien alle Läden von Haus aus zur Einigkeit und Einhaltung aller Regeln verpflichtet. „In St. Ingbert agieren hingegen freie Händler, die auch frei entscheiden, woran sie sich beteiligen.“ Das setze dem Verein Handel und Gewerbe oder auch der Wirtschaftsförderung Grenzen.

Dennoch lebe man in St. Ingbert schon seit Jahren das, was man jetzt mit dem Etikett City-Management versehe. Das Miteinander der einzelnen Institutionen und deren jahrelange, koordinierte Zusammenarbeit brauche sich nicht zu verstecken. „Und auch der Vorteil, dass jetzt Aufgaben auf viele Schultern verteilt sind, würde bei einem einzelnen Koordinator wegfallen“, unterstrich Martina Qurin. Die Rathausmitarbeiterin nannte zugleich ein Beispiel, was es „ständiger Kontakt“ in der Praxis heiße. „Alleine für die wünschenswerte Wiedernutzung des leerstehenden Sinn-Leffers-Gebäude habe ich bereits 55 aktive-Akquise-Gespräche geführt.“ Aufgeben gelte nicht. „Wir sind guten Mutes, dass noch in diesem Jahr bei Sinn etwas passiert.“

Trotz des einen oder anderen Leerstandes (Debrand: „Hier können wir uns aber mit jeder anderen saarländischen Stadt messen“) gebe es aber schon die jetzt nochmals geforderte „breite Grundversorgung“. Der Branchenmix sei ebenfalls gut. „Man muss nur offenen Auges und Ohres durch die Stadt und die Fachmarktzentren schlendern“, meint Martina Quirin. Die Stadtverwaltung nehme sich der Wirtschaftsentwicklung engagiert an – mit der Wirtschaftsförderung und vielen weiteren Geschäftsbereichen wie Pressestelle, Ordnungswesen, Kultur und Kunst, Bücherei, Soziales, Tourismus, VHS, Bauwesen und Betriebshof. Obendrein hätten Wirtschafsförderung und Stadtmarketing in St. Ingbert auch Bereiche im Auge, die in der jüngsten Debatte um ein City-Management vergessen worden seien. „Wir kümmern uns gemeinsam mit den dortigen Akteuren auch um die Ortskerne in den Stadtteilen – und nicht nur um die Innenstadt“, so Quirin.

Bei der Kritik an der „sehr plakativen Forderung nach einem City-Manager“ springt auch Oberbürgermeister Hans Wagner seinen Mitarbeitern bei. „Wer einen City-Manager fordert, muss auch sagen, was der tun soll. Und wer Ziele bis 2030 verlangt, verkennt, wie dynamisch die Entwicklung in unseren Innenstädten ist.“

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