Die Rathäuser fallen in weibliche Hände

Hassel · Die Ortsvorsteher in Hassel, Rohrbach und Rentrisch sind der Schlüssel beraubt. Die Narren führen in den Rathäusern nun wieder das Regiment. In Rohrbach war man etwas wehmütig, sitzen doch die Stadtwerke-Mitarbeiter bereits auf gepackten Umzugskisten.

 In Hassel rangen die Ata-Frauen, die alten Weiber und Ortsvorsteher Markus Hauck erbittert um den Schlüssel und damit um die Macht im Rathaus. Fotos: Cornelia Jung

In Hassel rangen die Ata-Frauen, die alten Weiber und Ortsvorsteher Markus Hauck erbittert um den Schlüssel und damit um die Macht im Rathaus. Fotos: Cornelia Jung

 Auch die versuchte Verbrüderung des Edelmanns Roland Weber mit der Geierfrau Roswita half dem Ortsvorsteher nicht.

Auch die versuchte Verbrüderung des Edelmanns Roland Weber mit der Geierfrau Roswita half dem Ortsvorsteher nicht.

"Jesses, wo sinn dann die Leit", fragten sich die Ata-Frauen beim Anblick des kleinen Grüppchens närrischer Zaungäste, die zum Hasseler Rathaussturm gekommen waren, "Mir hann gehert, es war eier Plan, do alles abzusahn." Das konnte nicht sein, und so würden jedes Jahr wieder die Köpfe qualmen und flaschenweise Cremant fließen, bis die Rede endlich stehe. "Mir dichte uns um den Verstand mit Chips und Erdnüss in de Hand." Am Wettbewerb "Unser Dorf soll öde werden" konnten die Rathaus-Stürmerinnen gar nichts finden. Zur Verhinderung schmeichelten die Weiber sogar dem Ortsvorsteher: "Mir erkenne eier Arwet ahn, das wollte mir eich heit mo sahn." Natürlich durfte der närrische Rückblick nicht fehlen, der vom abgerissenen Schulhaus, einem verschlankten Dorffest und einem wiederbesetzten Kebab-Stand handelte. "Es sind ja nur noch eh Hand voll Narre, die jed Johr vorm Rathaus verharre", war von den Ata-Frauen zu hören. Hauck beschwerte sich über die alte Leier, jedes Jahr von Neuem den Sturm zu inszenieren. Wo Frauen regieren, hieße es "Gute Nacht" und beim Ortsrat herrsche Geldnot, denn die Wirtschaftskrise sei auch in Hassel angekommen.

Die Tür bleibe zu, so könne man Geld an Essen und Trinken sparen. Doch die Weiber versuchten energisch, dem Ortsvorsteher den Schlüssel zu entreißen. Der setzte sich vehement zur Wehr. Es wurde so erbittert gekämpft, dass der Schlüssel entzwei ging. Freudestrahlend wurde die Amtsübernahme im Sitzungssaal gefeiert. Eine Stunde später verstanden die Geierfrauen in Rohrbach die Welt nicht mehr, denn Pirat Martin Biedermann schickte deren "Chefin" der Choreografie wegen schon vor dem eigentlichen Sturm ins ehemalige Rathaus ans Fenster im ersten Stockwerk. Die anderen blieben im Regen stehen. Nächstes Jahr werde sowieso alles anders. Edelmann Roland Weber hätte mit seinem Gefolge "Angst vor uns Narre, sie tun jetzt fliehe, die wolle vom Rathaus jetzt nach Dengmert ziehe". Ein großes Thema, nicht nur für die Geier, auch bei der Kostümierung der Stadtwerke-Mitarbeiter, die quasi schon in gepackten Umzugskisten mit passenden Paketaufklebern steckten, auf denen bereits die neue Adresse in der Oststraße stand. Kein Wunder, dass die Rathaus-Verteidiger gegen die Meute kapitulierten, stand doch auf ihrer Umverpackung "Nicht stürzen", "Zerbrechlich" oder "Handle with care". Solche Weicheier hatten keine Chance. "Wir Weiber haben einen Plan, wir machen aus dem Rathaus eine Beautyfarm. (…) Mit der Herrschaft der Männer, das ist jetzt vorbei, Frauen folgt meinem Beispiel, macht euch davon frei", rief Roswita dem närrischen Volk zu. Das konnte sich schon mal mit dem neuen Verwendungszweck des ehemals starken Geschlechts vertraut machen. Ansichtsexemplar war der Minijobber "Staubwedler Hubbi", gemeint war Stadtwerke-Chef Hubert Wagner, der zum Staubsaugerpiloten der Farmneugründung ernannt wurde. "Die Zeitung wird's morgen auf der Titelseite berichte, eure Beautyfarm, die ist jetzt schon Geschichte", vermutete Weber. Doch die Frauen behielten die Oberhand. "Zum 15. Mal stürmen wir heute das Rathaus. Schade, dass es das letzte Mal ist", so Geier-Heidi, "aber wir sind schon auf der Suche nach einem anderen ,Objekt'."

Rentrischs Ortsvorsteher Dieter Schörkl wurde erst sechs Stunden nach seinem Rohrbacher Kollegen des Schlüssels beraubt. In Rentrisch gehen die Uhren eben etwas langsamer. Noch langsamer scheinen sie in St. Ingbert zu gehen, denn dort ist der Rathaussturm erst am Samstag, 6. Februar, und dann auch erst um 16.11 Uhr.

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