Weltkindertag Politiker packen staunend Schulranzen

St. Ingbert · Anlässlich des Weltkindertages hatte der Kinderschutzbund Verantwortliche eingeladen, um sie auf die Kosten eines Schulbesuchs aufmerksam zu machen.

 Ute Strullmeier vom Kinderschutzbund St. Ingbert und der Landesvorsitzende Stefan Behr schauen zu, wie OB Hans Wagner, Landrat Theophol Gallo und der Rohrbacher Ortvosteher Roland Weber (von links) Ranzen packen.

Ute Strullmeier vom Kinderschutzbund St. Ingbert und der Landesvorsitzende Stefan Behr schauen zu, wie OB Hans Wagner, Landrat Theophol Gallo und der Rohrbacher Ortvosteher Roland Weber (von links) Ranzen packen.

Foto: Cornelia Jung

Die meisten Eltern stöhnen, ob der umfangreichen Listen mit Material, die am Schulanfang aus den Lehrstätten ihre Kinder kommen. Für manche Familien sind diese Anschaffungen fast nicht zu bezahlen. Zwar wurden 2008 pro bedürftiger Familie im Rahmen des Konjunkturpakets 100 Euro für die Schulausstattung pro Kind und Jahr festgelegt, aber das reicht bei Weitem nicht.

Mit dieser Finanzspritze sollen Ranzen, Mäppchen, Stifte, Radiergummi, Wasserfarben, Wachsmalstifte, Pinsel, Taschenrechner, Hefte, Schnellhefter, Sportkleidung, Kopierkosten und vieles mehr bezahlt werden. Ein Ding der Unmöglichkeit. Anlässlich des Weltkindertages zeigte der Bundesverband des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB) Politikern mit einer plakativen Aktion, wo die Grenzen des aktuellen Fördersystems liegen. Auch der Ortsverband St. Ingbert beteiligte sich daran und hatte für vergangenen Freitag in seine Geschäftsstelle eingeladen. Oberbürgermeister Hans Wagner, Landrat Theophil Gallo und Rohrbachs Ortsvorsteher Roland Weber waren der Einladung gefolgt und schauten gespannt auf den mit allerlei Schulmaterial prall gefüllten Tisch.

Dort lag all das Verbrauchsmaterial, welches zu Schulbeginn gekauft werden muss. Der „Einkaufsliste“ einer St. Ingberter Grund- beziehungsweise weiterführenden Schule entsprechend, sollten die Gäste Ranzen packen. „Und dann schätzen Sie bitte mal, was das kostet“, sagte Birgit Hampp-Höning vom DKSB. Zuerst staunten die drei Männer, wieviel Material zu Beginn eines Schuljahres gebraucht wird und dann ein zweites Mal, als die Kosten genannt wurden. Solch ein „Starterpaket“ für die Erstklässler kommt auf einen Wert von rund 94 Euro und für die Fünftklässler auf 103 Euro.

Da sind noch nicht einmal das Kopiergeld, der Ranzen, die Tasche, die Brotdose, der Turnbeutel, das Spindgeld eingerechnet. „Und auch das ,Nachfüllen‘, wenn ein Heft voll oder ein Stift leer ist, ist da noch nicht dabei“, sensibilisierte Hamp-Höning für das Thema. Wie sie aus eigenem Erleben wisse, gebe es am Anfang des Schuljahres in den Klassen auch einen Fototermin und später die Fotomappe, die die Familien kaufen könnten. „Wissen Sie, wie beschämend das ist, wenn die zurückgegeben werden müssen, weil das Geld dafür nicht reicht?“, sagte sie.

Wie der Landrat sagte, sei er der falsche Ansprechpartner, um daran mitzuwirken, dass der Zuschuss-Satz erhöht werde, das müssten die Politiker im Bundestag beschließen. Er wisse, dass die seit zehn Jahren gewährte finanzielle Hilfe für Familien, die seitdem nicht erhöht wurde, um 20 Euro aufgestockt werden soll. „Ich wage mich das gar nicht zu sagen, eigentlich müsste es doppelt so viel sein wie jetzt“, sagte Gallo, „eigentlich dürfte in der Bildung Geld überhaupt keine Rolle spielen.“

Doch auch die zehn Euro Förderung monatlich aus dem Bildungs- und Teilhabepaket würden, so der DKSB-Landesverbands-Vorsitzende Stefan Behr, nicht ausreichen, um Vereine oder Musikunterricht zu bezahlen, geschweige denn einen Theaterbesuch. Birgit Hampp-Höning warf ein, dass Eltern an den Brennpunktschulen auch mit dem Ausfüllen der Anträge für die Schulbuchausleihen überfordert seien. „Wenn das bei den Schulen in unserem Kreis nicht funktioniert, möchte ich das wissen“, sagte der Landrat, „Wir werden recherchieren, ob das Geld da ankommt, wo es gebraucht wird. Da wollen wir Transparenz schaffen.“

Um schnell helfen zu können, wenn Schülern im Unterricht Material fehlt, hat der St. Ingberter DKSB das Projekt „Kinder-Schul-Box“ gestartet. Jede Klasse soll eine „Notration“ an Stiften, Heften und Radiergummis erhalten, so dass die Lehrer den Kindern mit Material aushelfen können, wenn sie es sich nicht leisten können oder etwas vergessen haben. So soll die Teilhabe der Schüler am Unterricht erleichtert werden. Wie die Vorsitzende des St. Ingberter DKSB, Ute Strullmeier, erklärte, konnten schon Sponsoren für diese Initiative gewonnen werden. Gallo überlegte, wie man den „guten Ansatz“ über die Grenzen St. Ingberts hinaus „weiterdenken“ könne.

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