Junge lassen Traditionen aufleben

Bebelsheim. Vielerlei Bemühungen, das Brauchtum der Straßenkirmes in Bebelsheim wieder zu beleben, haben im letzten Jahr gefruchtet. Auch für 2010 haben sich rund 30 Jugendliche zusammengefunden, um das alte Brauchtum weiterzuführen

 Kirmes im Wandel: Die Fotos zeigen die Kirwe-Jugend von 2009 (oben), 1983 und 1956 (unten). Kirwe-Määde waren Mitte der Fünfziger offenbar noch nicht zugelassen. Fotos: SZ/Verein

Kirmes im Wandel: Die Fotos zeigen die Kirwe-Jugend von 2009 (oben), 1983 und 1956 (unten). Kirwe-Määde waren Mitte der Fünfziger offenbar noch nicht zugelassen. Fotos: SZ/Verein

Bebelsheim. Vielerlei Bemühungen, das Brauchtum der Straßenkirmes in Bebelsheim wieder zu beleben, haben im letzten Jahr gefruchtet. Auch für 2010 haben sich rund 30 Jugendliche zusammengefunden, um das alte Brauchtum weiterzuführen. Die Bebelsheimer sind stolz, dass die Jugendlichen im vergangenen Jahr nicht nur den Versuch gestartet haben, diesen schönen alten Brauch weiterzuführen; was im vergangen Jahr von den Straußbuben und -mädchen auf die Beine gestellt wurde, stellt alle mehr als zufrieden. Zumal man bedenken muss, dass beim letzten zünftigen Kirmestreiben in den 80er Jahren noch keiner der im vergangenen Jahr mitmischenden Jugendlichen das Licht der Welt erblickt hatte. Die jungen Menschen waren auch nicht zu stolz, sich von ehemaligen Straußbuben und -mädchen anleiten zu lassen, um die Bebelsheimer Tradition möglichst für alle Jahrgänge wieder interessant zu gestalten. Kirwedisco, Kirwestrauß, Kirweredd, Kirwelieder, Ausgraben und Begraben der Kirb - alles war dabei und wurde so gelebt, als hätte es niemals eine "Auszeit" der Kirb gegeben. Die Feier der Straßenkirmes in Bebelsheim im letzten Jahr war auch keine "Eintagsfliege". Das freut auch den Heimatverein, der unter anderem die Pflege alten Brauchtums als Satzungsziel vorsieht. Arno Soffel, Pressesprecher der Bebelsheimer Heimatfreunde, berichtet: "Schon seit vielen Wochen sitzen die Straußbuben und -mädchen zusammen, um die Kirb 2010 vorzubereiten. Die Bebelsheimer dürfen sich auf ein buntes Programm freuen; wir empfehlen nicht nur den Jüngeren, dass sie an diesem alten Brauchtum festhalten, sondern appellieren hiermit an alle Jahrgänge, ob neun oder 90 Jahre alt, mischt eifrig mit; gibt der Generation die Chance das Brauchtum weiterzuführen!" Dazu benötigen sie vielerlei Unterstützung, finanziell und auch ideell mit Anregungen, was man früher noch so alles an diesem Festtag anstellte. Dabei sollte jedoch auch nicht vergessen werden, wo die Kirmesfeier ihren Ursprung hat: Der Brauch, den Festtag eines religiösen Gebäudes, das an einem ganz bestimmten Tag für die Gottesverehrung feierlich geweiht wurde, alljährlich zu begehen, ist bereits im Alten und Neuen Testament als Jahresgedächtnis der Weihe des Tempels zu Jerusalem bezeugt. Schon die Römer feierten die Einweihung ihrer Tempel als "natalis templi", als Geburtstag des Tempels. Mit Beginn der christlichen Epoche wurde das Weihegedächtnis jeder Kirche jährlich am Festtag des jeweiligen Kirchenpatrons begangen. Wie kommt es nun, dass Bebelsheim das Kirchweihfest im November (St. Martin) und nicht am Tag der Heiligen Margaretha (20. Juli, Patronatsfest) feiert? Leider ist nicht überliefert, ob das Bebelsheimer Gotteshaus seit alters her dem Heiligen St. Martin geweiht ist oder ob man davon Gebrauch machte, den Weihetag einer Kirche, deren Patron nicht festzustellen war, ersatzweise diesem Heiligen zuzuordnen. Einleuchtend erscheint auch die Tatsache, dass man in ländlicher Gegend erst im Spätherbst nach dem Einbringen der Ernte ein zünftiges Kirchweihfest feiern konnte. Seit Ende des Mittelalters hat das kirchliche Fest eine immer größere Bedeutung auch im weltlichen Bereich erlangt. Das mehrtägige Treiben an Kirmes wurde mit Jahrmärkten verbunden, Kirchweihbäume wurden aufgestellt, die Kirmesfahne gehisst, der Kirchweihtanz durchgeführt und zuletzt die Kirmes begraben. Arno Soffel ist begeistert: "Vielleicht erleben wir ja irgendwann auch eine Renaissance der Straßenkirmes in Bebelsheim mit alten Bräuchen wie Hammel austanzen und auch einen Umzug mit Musik durch die Straßen, wenn der heisere Ruf des Kirwestraußträgers durch die Gassen hallt: ,Wem isch die Kirb?'"

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