Gymnasium Johanneum Zwei Urgesteine gehen in den Ruhestand

Homburg · Mit Schulleiter Helmut Seiwert und seinem Stellvertreter Martin Fuchs verlassen zwei kompetente Studienräte das Johanneum.

 Martin Fuchs (links) und Helmut Seiwert führen das Johanneum seit 2011. Nun gehen beide zum Schuljahresende in den Ruhestand.

Martin Fuchs (links) und Helmut Seiwert führen das Johanneum seit 2011. Nun gehen beide zum Schuljahresende in den Ruhestand.

Foto: Christine Maack

Lehrer leben in einem Raum-Zeit-Kontinuum. Sie sind schon da, wenn man kommt, sie sind immer noch da, wenn man die Schule wieder verlässt. Und sie tauchen mit Lichtgeschwindigkeit vor dem geistigen Auge auf, sobald man seine alte Schule mal wieder betritt – und sei es auch 30 Jahre später. Ihr vierdimensionaler Raum ist das Lehrerzimmer. Doch irgendwann folgen auch sie den Gesetzen der irdischen Zeit und gehen in den Ruhestand. Wie die beiden Mathematik-Lehrer Helmut Seiwert und Martin Fuchs am Homburger Johanneum. Sie waren jedoch nicht nur engagierte Lehrer, sondern als Schulleiter auch mit einem großen Verwaltungsaufwand konfrontiert: „Wir arbeiten schon viele Jahre im operativen Geschäft zusammen“, betont Helmut Seiwert, „wir kennen uns seit Jahren“.

Die Verwaltung einer privaten Konfessionsschule ist immer auch ein diplomatischer Kraftakt, zumal das Bistum Speyer, der Orden der Herz-Jesu-Missionare und die saarländische Landesregierung ihren Anteil daran haben. „Wir sind mit allen gut ausgekommen“, betont Helmut Seiwert, „unsere Beziehungen zum Bistum, zum Orden und zur Landesregierung waren immer sehr kollegial“. Seit 2011 funktionierte das Team Seiwert-Fuchs als Tandem: Seiwert als Schulleiter, Fuchs als sein Stellvertreter. Das hört sich an wie der Beginn einer erfolgreichen Zeit, doch dem war am Anfang überhaupt nicht so, „die Zeit nach 2010 war für mich die schlimmste Zeit an meiner Schule“, sagt Martin Fuchs rückblickend.

Anfang 2010 waren Missbrauchsvorwürfe aus ehemaligen Internatszeiten an die Oberfläche gekommen, die 2008 ans Johanneum berufene Direktorin hatte bereits nach drei Jahren aufgrund interner Probleme die Segel gestrichen – und nun stand die Schule kopflos da. „Es war furchtbar. Die Schülerzahlen brachen ein. Ich schlief keine Nacht mehr“, erinnert sich Helmut Seiwert. Das renommierte Gymnasium Johanneum mit seinen üblichen Anmeldezahlen zwischen 110 und 120 Schülern – man musste oft sogar Schüler abweisen - war über Nacht auf 67 abgesackt. „Es gingen Existenzängste um. Ich war plötzlich verantwortlich für Kollegen und Mitarbeiter, die um ihre Arbeitsplätze bangten. Zumal wir ja Lehrer haben, die angestellt sind, also keine Beamten.“

Nur mit beharrlicher Sacharbeit gelang es Seiwert mit seinem Führungsteam, wieder Ruhe in die aufgewühlte Stimmung zu bringen, das Kollegium habe wieder zusammengefunden und sei „nicht auseinandergebrochen“, was er anfangs befürchtet habe. Und so haben Seiwert und Fuchs Aufbauarbeit geleistet, Schritt für Schritt bei den Eltern Vertrauen zurückgewonnen. Seitdem steigen die Schülerzahlen wieder an, zuletzt auf 113. Ein Viertel der Kinder entscheidet sich für den Abi-Bac-Zweig, der dem Johanneum ein Alleinstellungsmerkmal verleiht. Das andere Standbein, die Lateinklasse, ist allerdings im Verschwinden begriffen, was Seiwert sehr bedauert: „Vor zehn Jahren hätten wir fast zwei Lateinklassen bekommen, jetzt gar keine mehr. Das liegt aber nicht an Latein, sondern an der Frankreich-Strategie der Landesregierung. Wer mit Latein anfängt, muss später als dritte Fremdsprache Französisch nehmen, man hat nicht mehr die Wahl zwischen Naturwissenschaft oder Spanisch.“ Das schrecke viele Eltern ab, die nicht wünschten, dass ihre Kinder sich schon so früh festlegen.

Martin Fuchs begann 1981 am Johanneum, Helmut Seiwert kam 1985 hinzu. Beide wohnen – zumindest für saarländische Verhältnisse – weit weg, Seiwert in Dillingen, Fuchs in Urexweiler. Warum haben sie sich nicht eine Stelle in ihrer näheren Umgebung gesucht? „Weil das Johanneum meinem Ideal von einer Schule am nächsten kam“, sagt Seiwert, „mir gefiel, dass man sich hier persönlich um die Kinder und Jugendlichen kümmert. Das ist bis heute so. Wenn wir ein Problem sehen, sprechen wir mit allen Beteiligten“. Zum Beispiel, wenn Leistungen plötzlich einbrechen oder Kinder fehlen, sich nicht abmelden, „dann kümmern wir uns darum“, sagt Fuchs. Auch er hatte als Junglehrer schon ziemlich bald entschieden: „Das ist meine Schule. Ich mochte die Kollegen hier und wollte mich engagieren.“ Und das taten beide schon früh: „Wir haben uns hier als Informatiklehrer selbst verwirklicht“, lacht Martin Fuchs, „wir haben in unserer Freizeit Kabel gelegt und die ganze EDV aufgebaut. Und wir haben mit den Schülern zusammen daran gearbeitet, damit die auch was lernen.“

Jetzt naht also die Rente. Langeweile wird aber nicht aufkommen: „Ich habe vier Enkelkinder, ich werde mehr Sport machen und öfter mal den Kochlöffel schwingen“, erzählt Martin Fuchs. Und Helmut Seiwert wird endlich Zeit für sein Hobby Modellbau haben: „Ich baue Segelflugzeuge, die flugtauglich sind. Das ist gar nicht so einfach. Bisher bin ich kaum dazu gekommen, obwohl ich in Dillingen im Verein bin.“ Außerdem hätten ihn seine beiden erwachsenen Söhne schon fest einkalkuliert, „um ihnen am Haus zu helfen“.

Wie hat sich die Schülerschaft in über 30 Jahren verändert? „Wir haben jedes Jahr tolle Schüler gehabt. Die haben wir immer noch“, sagt Seiwert, „aber die persönlichen Probleme haben im Vergleich zu früher zugenommen, es ist viel Stress in den Familien, Familien brechen auseinander, das wirkt sich auf die Leistung aus“.

Der Prozentsatz der besonders begabten Jugendlichen sei über die Jahre konstant geblieben, „allerdings sind die Noten stetig nach oben geklettert“, sagt Seiwert. Er selbst finde das nicht gut: „Die Enttäuschung kommt dann eben an der Uni. Das Problem wird nur verlagert.“ Haben Martin Fuchs und Helmut Seiwert je ihre Berufswahl bereut? Die Antwort ist Nein. Es sei der schönste Beruf der Welt, wenn man mit jungen, begeisterungsfähigen Leuten die Liebe zu seinem Fach teilen und weitergeben könne, sagen beide. Das habe ihnen während ihres gesamten Berufslebens immer die Kraft gegeben weiterzumachen.

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