Wochenkolumne Wer braucht einen Staubmantel?

Früher gab es Übergangskleidung. Jedenfalls erinnere ich mich, dass meine Mutter einen Übergangsmantel im Schrank hatte.  Oder einen Staubmantel. Ja, Übergangsmantel und Staubmantel - diese Begriffe klingen wie „Auslegware“ oder „Video-Heimgerät“.

Altbackene Wörter, die man in den Keller abgeschoben hat, neben das Blümchengeschirr aus den 60er Jahren. Nun können Wörter aber nur dann verschwinden, wenn sie auch in der Realität nicht mehr gebraucht werden. Wie der Übergangsmantel, der für trockenes  Wetter zwischen  15 und 20 Grad ausgelegt ist. Also eine Wetterlage, die kaum noch vorkommt. Entweder es schneit, ein eisiger Wind bläst, oder es ist mild, gießt aber in Strömen. Üblich ist, von Schnee und Dauerregen gleich mit beiden Füßen in die 25 Grad hineinzuspringen wie an diesem Wochenende. Wer will da schon im Mantel herumlaufen? Es gibt aber auch umgekehrte Sprach-Karrieren wie das Wort „Nachhaltigkeit“, ein alter Nischen-Begriff aus der Forstwirtschaft.  Dieses Wort ist so kometenhaft aufgestiegen, dass man sich fragt, wie man früher eine Unterhaltung hatte führen können, ohne nicht mindestens drei Mal das Wort „nachhaltig“ einzustreuen. Vermutlich ist auch ein Staubmantel nachhaltig. Man muss ihn  nur lange genug im Schrank hängen lassen. Die Chancen dafür stehen gut.

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