Recht leichte Kost mit großen Namen

Homburg · Die Theatersaison 2016/17 ist mit einem wahren Knaller zu Ende gegangen. Zum Abschluss gab es Kalle Pohl in einem Stück, das kein Auge trocken ließ.

 Kalle Pohl als „Halbgott in Nöten“, Annette Schneider als eher gelassene Ehefrau und Claudia Plöckl als nicht ganz pflegeleichte und feministisch motivierte Rebellen-Tochter kämpften zum Abschluss der Homburger Theater-Saison mit den Untiefen des Boulevardesken. Foto: Thorsten Wolf

Kalle Pohl als „Halbgott in Nöten“, Annette Schneider als eher gelassene Ehefrau und Claudia Plöckl als nicht ganz pflegeleichte und feministisch motivierte Rebellen-Tochter kämpften zum Abschluss der Homburger Theater-Saison mit den Untiefen des Boulevardesken. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf

Zum Abschluss der Theatersaison 2016/2017 gab's am Donnerstagabend noch mal einen prominenten Namen auf der Besetzungsliste zu lesen: Kalle Pohl. Der dürfte nicht wenigen noch bekannt sein als einer der sieben Köpfe aus der fast gleichnamigen Comedy-Show "7 Tage 7 Köpfe". Von 1997 bis 2005 blickte Pohl da an der Seite von Rudi Carrell, Karl Dall, Oliver Welke, Hellmuth Karasek und auch Bernd Stelter humoristisch zurück auf die jeweilige Sendewoche.

Doch das ist Geschichte, am vergangenen Donnerstag gab's Gegenwart. Rein zahlenmäßig wieder im Siebener-Gespann spielte Pohl an der Seite von Annette Schneider, Claudia Plöckl, David Imper, Andreas Werth, Astrid Straßburger und Jens Knospe einen "Halbgott in Nöten" - so der Titel der Boulevard-Komödie aus der Feder von Erich Virch in der Inszenierung der Komödie am Altstadtmarkt Braunschweig. Regie führte Jan Bodinus.

Der Plot in aller gebotenen Kürze: Als Dr. Franz Tiedemann bewirbt sich Kalle Pohl um die Chefarztstelle in einem streng katholischen Krankenhaus. Just am Tag seines Vorstellungsgesprächs sorgt aber Tochter Julia (Claudia Plöckl) mit einem feministisch motivierten Oben-Ohne-Auftritt im Kölner Dom medienwirksam und ganz "unkatholisch" für einen Eklat - nicht die besten Voraussetzungen für Tiedemann-Senior und seine Karriere-Ambitionen. Was tun in der Not und im Angesicht des Scheiterns? Warum nicht die Tochter verleugnen? Oder noch besser: Sie kurzerhand zwecks Namensänderung verheiraten? All diese Überlegungen überkommen Tiedemann und seine deutlich entspanntere Frau (Annette Schneider) - während sie im Gästehaus des Klinikums auf den Vorstellungsauftritt des Herrn Doktor warten. Eben das Gästehaus wird zum Ausgangspunkt der Geschichte, tauchen dort doch zu Beginn sinnigerweise die vor den Medien flüchtende Tochter, deren unerhörter Verehrer Kevin (David Imper) und Tiedemanns Konkurrent Ottmar Köttner (Jens Knospe) auf.

Also, alles angerichtet für typisch boulevardeske Erst-Verwicklungen. Und mit Kalle Pohl als anerkanntem und erfahrenem Comedian, einer frisch aufspielenden Claudia Plöckl und dem weiteren Ensemble hätte es auch durchaus dauerhaft lustig werden können. Aber so richtig überbordend zünden wollte der Stoff mitunter nicht wirklich, schon die Zündschnur entwickelte eine ungeahnte Ausdauer, viele "Wortwitz-Explosionen" verpufften, zumindest zu Beginn, im gerade mal halb gefüllten Saalbau, den einen oder anderen Lacher gab's aber natürlich auch. Das Problem: Vor allem eben die Dialoge entwickelten, gleichwohl akustisch fein akzentuiert, nur selten echtes Eigenleben und Dynamik. Da konnten sich Pohl, Plöckl und Schneider in der Orientierungsphase des Stücks mühen wie sie mochten. Das lag aber schlicht auch am wenig zwingenden Charakter des Stücks. Jeder Stoff zieht seine Magie aus der vermeintlichen Unausweichlichkeit der Ereignisse. Und je mehr sich das Komödiantische aus dem Nachvollziehbaren und Realen speist, umso mehr Prickeln entwickelt eine Geschichte. Und genau an dieser gut gemeinten Zwanghaftigkeit mangelte es dem Plot deutlich. Die Ideen, die eigene Tochter im Vorstellungsgespräch zu verleugnen, sie zwecks kurzfristiger Namensänderung "zwangszuverheiraten" - um so das "katholische" Vorstellungsgespräch zu retten, das alles war schlicht zu sehr an flusigen Haaren herbeigezogen. Da wurden "Probleme" konzipiert, deren Entstehung wie Lösung kaum fesseln konnten. Damit stand die Komödie schon inhaltlich auf wackeligen Beinen.

Aber, und auch das muss gesagt werden: Wer einfach auf der Suche nach ein bisschen leichte Kost war, wer nicht jeden Dialog auf die komödiantische Goldwaage legte, der bekam am Donnerstagabend im Reigen der Homburger Theater-Saison wirklich guten Durchschnitt mit Tendenz nach oben geboten.

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