Mit eindeutigen Zweideutigkeiten

Homburg · Die fünf Akteure auf der Bühne erlagen nie der Slapstick-Versuchung: Das Stück „Aufguss“ von Autor, Regisseur und Schauspieler René Heinersdorff brachte Wirrungen en masse im Wellness-Hotel.

 Hugo Egon Balder und Jeanette Biedermann spielten sich bestens aufgelegt durch René Heinersdorffs Komödie „Aufguss“ mit vielen Irrungen und Wirrungen. Foto: Thorsten Wolf

Hugo Egon Balder und Jeanette Biedermann spielten sich bestens aufgelegt durch René Heinersdorffs Komödie „Aufguss“ mit vielen Irrungen und Wirrungen. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf

"Das war wirklich mal Wellness für die Lachmuskeln": So wie Mascha Rudolph dürften nicht wenige den Auftritt von Hugo Egon Balder an der Seite von Jeanette Biedermann, René Heinersdorff, Madeleine Niesche und Jens Hajek am Donnerstagabend im Kulturzentrum Saalbau in Homburg gesehen haben. In der Tat: "Aufguss ", so der Titel der Boulevard-Komödie, war ein gutes Training für die Gesichtsmuskulatur. Genau richtig im Tempo gesetzt, mit einer gehörigen Portion eindeutiger Zweideutigkeiten gespickt, spielten sich die fünf Protagonisten des Verwirrspiels durch ein Wochenende im Wellness-Hotel.

Eben das entwickelte sich zum Schauplatz einer Geschichte, in der sich alles um Spenden drehte. Allerdings um solche von ganz unterschiedlicher Natur. Die Story in aller Kürze: Unternehmer Dieter (Hugo Egon Balder ) hat seiner Langzeitlebensgefährtin Mary (Madeleine Niesche) ein Wellness-Wochenende spendiert. Was Mary nicht weiß, ist der kleine, feine Umstand, dass Dieter ihr ihren sehnlichen Kinderwunsch erfüllen will - per Samenspender. Zeitgleich checken auch Klinikchef Lothar (René Heinersdorff, auch Autor und Regie) samt seiner "rechten Hand" Emelie (Jeanette Biedermann) ins Hotel ein. Auch bei den beiden dreht sich alles um eine Spende - allerdings um eine in Euro. Die wollen die beiden von Dieter für ein neues Infusionszentrum ergattern.

So weit, so gut, so bestens geeignet für viel Verwirrung. Denn des einen Samenspende ist noch lange nicht des anderen Euro-Spende. Oder: Was der eine sagt, ist noch lange nicht das, was der andere meint. Zusätzliches Irrungspotenzial haben die Beziehungswirrungen. Denn eigentlich ist Dieter mit Emelie liiert - Samenspende und Wellnesswochenende sollen nur ein Art von Abschiedsgeschenk für Mary sein. Mary selbst hat aber auch ein Verhältnis, eben mit dem von Dieter auserkorenen Samenspender Alain (Jens Hajek). Und um es komplett zu machen, ist Mary schon längst schwanger und eben von Alain. Verwirrend? Aber ja doch - und das mit bester, boulevardesker Absicht. Denn in diesem Delta aller denkbaren Missverständnisse entwickelt Regisseur Heinersdorff ein launiges, abwechslungsreiches Spiel mit Worten. Die geben, richtig gehört und komplett falsch verstanden, dem Zuschauer das wunderbare Gefühl eines allwissenden Voyeurs am Fenster zu allen menschlichen Irrungen und Wirrungen.

Was den Abend im Saalbau dabei auszeichnete, war nicht nur die klassische, sprachliche Ausgestaltung von "Aufguss " als Wort-Komödie im besten Sinne sondern auch das Spiel selbst. Balder, Biedermann, Niesche, Heinersdorff und Hajek erlagen nie der Versuchung, das Stück durch billigen Slapstick zu entwerten und verließen sich stattdessen in bester Tradition auf die Kraft der Mehrdeutigkeit.

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