Brauereien an der Saar Expedition in ein anderes Bierreich

Homburg/Dublin · Karlsberg-Brauer haben mit Kollegen in Irland ein Bier gebraut. Es war der erste Collaboration-Brew in der Geschichte des Unternehmens.

 Das Karlsberg-Team, das in Dublin mit einem irischen Brauer, links,  ein Bockbier einbraute, von rechts: Martin Mihm, Markus Broßette, Markus Meyer und Thomas Kaiser.

Das Karlsberg-Team, das in Dublin mit einem irischen Brauer, links,  ein Bockbier einbraute, von rechts: Martin Mihm, Markus Broßette, Markus Meyer und Thomas Kaiser.

Es ist kurz vor halb zwölf, als Markus Meyer in Mulligan’s Pub einen Weg sucht zwischen Mainstream und der neuen, für den deutschen Geschmack noch recht exotischen neuen Bierwelt. An der Wand der Kneipe im Herzen Dublins hängt ein gerahmtes Foto von John F. Kennedy. Der US-Präsident hat 1947 an dieser Stelle sein erstes Glas Guinness getrunken, behauptet das Schildchen unter dem Foto. Die Standuhr, die hinter Markus Meyer, dem Geschäftsführer der Homburger Karlsberg-Brauerei, an der Wand steht, stand auch damals schon da. Sie zeigt angeblich seit über 100 Jahren die Zeit an.

Die Zeit, in der Brauereien den Anspruch haben dürfen, dass nur ihr Bier in einer Kneipe verkauft wird, sei vorbei, sagt Markus Meyer. Er zeigt auf die Zapfanlage des Mulligan’s. Etwa ein Dutzend verschiedener Biere sind da am Hahn. Diese Vielfalt sei es, die den Unterschied zwischen der deutschen und der irischen Kneipenkultur ausmache. In Deutschland werde das meiste Bier im Einzelhandel verkauft, in Irland in den Kneipen.

Eine Brauerei, die mit ihrem Bier in einer irischen Kneipe eine Chance haben wolle, müsse gute Qualität liefern. Da mache er sich keine Sorgen, sagt Markus Meyer. Gleich mehrere Karlsberg-Biere haben gerade erst beim World-Beer-Award Auszeichnungen bekommen. Um zuhause Vielfalt in die Kneipen zu bekommen, brauche Karlsberg aber auch Biere, die man selbst nicht habe. Deshalb ist Markus Meyer in Dublin: Um zu lernen, wie er sagt. Und um Partner zu finden.

Einen hat er bereits an seiner Seite: Seamus O’Hara. Der Ire hat vor einigen Jahren eine Brauerei gut eine Autostunde südwestlich von Dublin gegründet. Von dort bezieht Karlsberg bereits Bier, vor allem das tiefschwarze Stout. In der Carlow Brewery machen sie aber noch ganz andere Sachen.
Ein paar Stunden, bevor Markus Meyer mit Karlsberg-Marketing-Chef Markus Broßette und den Karlsberg-Brauern Martin Mihm und Thomas Kaiser Mulligan’s Pub betreten hat, haben er und seine Kollegen sich in der Brauerei angeshen, was die Iren unter Craft Beer verstehen. Der Begriff stammt aus den USA. „Craft“ steht für „handwerklich“ und kommt aus den USA.  Als Präsident Jimmy Carter dort Ende der 70er Jahre das Verbot, zuhause selbst Bier zu brauen, aufgehoben hat, fingen Amerikaner an, in Garagen selbst zu brauen. Die sehr stark gehopften Biere, die da hergestellt wurden, waren eine Art Notwehrreaktion auf das bis dahin eher als „Wasser plus X“ bekannte amerikanische Bier. Die neue Bierkultur-Welle schwappte nach Europa. Sie kam zwar hier nicht mit der Wucht an, wie sie sich in Amerika aufgebaut hat. Dennoch, Craft Beer ist auch in Europa ein wachsender Markt. Und mit der Bedeutung des Craft Beers ist auch die Brauerei von Seamus O’Hara gewachsen. Das Bier, das einer seiner Braumeister den Karlsberg-Leuten aus dem Tank abzapft, ist für die „gewöhnungsbedürftig“. In Irland läuft das mit Zimt eingebraute Weihnachtsbier gut, versichert der Braumeister. Und er ist davon überzeugt, dass das Randprodukt Craft Beer zum einer Massenware wird. Dann sagt er den Satz, über den Markus Meyer Stunden später noch nachdenken wird: „Wir machen hier Craft zu Mainstream.“

 Seamus O’Hara ist Chef der irischen Carlow Brewery.

Seamus O’Hara ist Chef der irischen Carlow Brewery.

 Harry Kennedy unter dem Porträt von John F. Kennedy.

Harry Kennedy unter dem Porträt von John F. Kennedy.

 Karlsberg-Brauer Thomas Kaiser mit einem der irischen Kollegen in Dublin bei der Arbeit.

Karlsberg-Brauer Thomas Kaiser mit einem der irischen Kollegen in Dublin bei der Arbeit.

 Malz- und Hopfenvielfalt in der Carlow Brewery, in der unter dem Markennamen O’Haras gebraut wird.

Malz- und Hopfenvielfalt in der Carlow Brewery, in der unter dem Markennamen O’Haras gebraut wird.

Zunächst haben die Partner aber noch eine Sache zu erledigen, die eine Nummer kleiner ist, aber Firmengeschichte scheibt. In einer kleinen Brauerei in einem hippen Lokal in Dublin treffen sich Martin Mihm und Thomas Kaiser mit zwei irischen Brauern zum ersten Collaboration Brew in der Geschichte des Homburger Unternehmens. Sie brauen ein Bockbier. Nach dem Rezept des Bockbiers von Karlsberg, das die Jury des World-Beer-Award kurz zuvor in London zu besten Bockbier Deutschlands gekürt hat. Wie das gemeinsame Bier schmecken wird? Das weiß auch der Mann, der an jenem Abend in Mulligan’s Pub ein Glas O’Haras-Stout auf das Projekt erhebt, nicht. Aber er freut sich darauf, es in Irland zu vermarkten. Harry Kennedy heißt der Mann, der Vertriebsleiter der Carlow Brewery und seines Wissens nicht mit dem großen Kennedy auf dem Foto verwandt ist. Aber die Frage von Markus Meyer kann er beantworten: Craft Beer und das, was die großen Brauereien traditionell brauen, ergänzen sich gut.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort