Zur Erinnerung an die Opfer des NS-Regimes Mahnmal für Nazi-Opfer soll in Homburg bis Ostern stehen

Homburg · Seit Jahren bemüht sich Izhak Hirsch darum, damit an seine Großeltern und andere Getöteten erinnert wird.

 Izhak Hirsch bei seinem Besuch in Homburg.

Izhak Hirsch bei seinem Besuch in Homburg.

Foto: Ulrike Stumm

Hans Heinrich Feibelmann war zehn Jahre, als er in Auschwitz ermordet wurde, Alice Feibelmann 40, als die Nazis sie dort umbrachten. Erich Emanuel Hirsch wurde nur 28 Jahre, Paula Salmons Leben endete gewaltsam mit 46 Jahren, das von Rosa Salmon mit 73. Sie alle lebten einst in Homburg, bevor sie deportiert und ausgelöscht wurden. 30 Namen stehen auf der Liste der „ermordeten jüdischen Bürger von Homburg“, die Izhak Hirsch vorlegt, zusammengestellt im Stadtarchiv. Auch seine Großeltern sind darunter: Mathilde und August Hirsch wohnten in der Judengasse, der heutigen Karlsberg­straße. Der Viehhändler und seine Frau wurden ins Konzentrationslager Auschwitz verschleppt und von den Nazis ermordet. Sie wurden 56 und 64 Jahre.

An alle diese Menschen möchte Hirsch in Form eines Mahnmals erinnern, dafür setzt er sich seit Jahren ein. Im Februar 2014 hatte er von einer Ausstellung über die Juden in Homburg erfahren. Der Stadt war er ohnehin jahrzehntelang verbunden, besuchte regelmäßig seinen Onkel, seine Tante, arbeitete sogar einmal als Koch in der Mensa der Uniklinik. Kurzerhand setzte sich Hirsch damals ins Auto, kam aus der Schweiz, wo er lebt, ins Rathaus, stieß zunächst auf offene Ohren, bevor dann alles kompliziert wurde. Nun spricht vieles dafür, dass es endlich klappen wird.

Auch deswegen ist Hirsch mit seiner Frau nach Homburg gekommen: zu einem Treffen mit Homburgs Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind und Kulturamtsleiter Klaus Kell. Es ging darum, alles noch einmal persönlich zu besprechen, berichtet Hirsch danach. Und es gibt jetzt auch ein Datum: Um Ostern herum soll das Mahnmal, etwa zwei Meter breit und an der höchsten Stelle 1,80 Meter hoch, stehen und zwar am Marktplatz, genauer an der Ecke Klosterstraße/Saarbrücker Straße, gegenüber dem alten Storchen. Die Stelle war Hirsch wichtig, er wollte, dass an die Menschen dort erinnert wird, wo sich alles abspielte: in der heutigen Karlsbergstraße.

Sieben Stelen sollen einen Halbkreis bilden, so sieht es der Entwurf des Künstlers Klaus Glutting vor. Und darauf, so Izhak Hirsch, sollen die Namen der ermordeten Juden stehen – jeweils fünf, verteilt auf sechs Stelen. Zudem will man an alle Opfer des NS-Regimes erinnern, an alle Verfolgten sowie die unbekannten Helfer.

Eine Auflistung aller Namen war Hirsch immer ein besonderes Anliegen: „Mir ist wichtig, dass die Namen all jener, die keine Grabstätte finden konnten, aufgeschrieben werden – im Sinne der ewigen jüdischen Grabesruhe – in ihrer Heimatstadt. Sie haben zu Lebzeiten auch zum Wohlstand der Stadt beigetragen und waren zudem stolze Bürger von Homburg.“

Etwa 15 000 Euro werde das Mahnmal kosten, informiert Kulturamtsleiter Kell. Eine genaue Summe stehe fest, wenn Details mit den Firmen abgesprochen worden seien. Es sei vorgesehen, die Stelen im Zuge der Arbeiten in der Eisenbahnstraße aufzubauen.

Und was bedeutet das für Izhak Hirsch? Er sei jetzt einfach „froh“, sagt er mit einem leichten Lächeln. Der Oberbürgermeister habe sich bei ihm dafür entschuldigt, dass es so lange gedauert habe, bis nun endlich etwas passiert.

Schaut man zurück, hat Hirsch auf dem langen Weg zum Mahnmal viel Geduld bewiesen. Ursprünglich hatte er für seine Großeltern in der Karlsbergstraße Stolpersteine setzen lassen wollen. Die Steine gibt es bereits in vielen Städten, sie sind in den Boden vor den Häusern eingelassen, in denen einst jüdische Familien wohnten. Das fand allerdings in der Stadt keinen Anklang. Der Alternativvorschlag: ein Gedenkstein mit den Namen der deportierten Juden. Es folgte ein langes Hin und Her, auch um den Standort wurde gerungen. Erst im Oktober beschloss der Stadtrat, dass ein solches Mahnmal zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus errichtet wird.

Für Izhak Hirsch ist dies auch ein Abschluss. „Mehr kann man nicht machen. Ein Andenken in der Stadt, in der „meine Großeltern gelebt haben.“ Er habe, sagt er, sich das nach seiner Pensionierung zur Aufgabe gemacht. Und er konfrontiert sich mit der Geschichte, „ein ewiges Thema in jüdischen Familien“, jeder habe jemanden verloren. So habe er zum Beispiel in Breslau die Gräber seiner Urgroßeltern gesucht und gefunden. Die Grabsteine, die geklaut und als Baumaterial verwendet worden waren, habe er ersetzen lassen. Auch das KZ Auschwitz hat er sich vor Jahren angeschaut. „Ich wollte sehen, wie es war.“

Es geht Izhak Hirsch nicht um Vorwürfe an die heutige Generation oder um Rache: „Ich habe ein offenes Verhältnis mit Deutschland, habe gute Freunde hier.“ Ziel sei es, „dass man daran denkt und weiß, dass es passiert ist. Es soll sich nicht wiederholen“.

Zur Einweihung wollen Izhak Hirsch und seine Frau wieder nach Homburg reisen. Einen Wunsch hat er: Er habe darum gebeten, dass dann auch ein Rabbi anwesend sein möge.

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