Theater im Saalbau Gauß und Humboldt im Steampunk-Look

Homburg · Mit Daniel Kehlmanns „Vermessung der Welt“ startete die Homburger Theatersaison im Saalbau in die neue Spielzeit.

 Das Dinslaker Ensemble um Markus Penne als Alexander von Humboldt und Matze Vogel als Carl Friedrich Gauß gab im Saalbau zum Auftakt der Theatersaison der „Vermessung der Welt“ einen modernen Charakter.  Foto: Thorsten Wolf

Das Dinslaker Ensemble um Markus Penne als Alexander von Humboldt und Matze Vogel als Carl Friedrich Gauß gab im Saalbau zum Auftakt der Theatersaison der „Vermessung der Welt“ einen modernen Charakter. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf

(thw) Als im Jahr 2006 Daniel Kehlmanns Meisterwerk „Die Vermessung der Welt“ in den Buchläden auftauchte, da begann eine echte Erfolgsgeschichte, und das rund eben um die Welt, die es Kehlmann angetan hatte. Sogar die New Yorker Times listete Kehlmanns Buch auf ihrer Bestenliste, dass die Geschichte bei diesem Erfolg auch verfilmt werden musste, stand außer Frage. Das Geheimnis dieses unglaublichen Erfolgs: Die fiktive Verquickung des Lebens des Mathematikers Carl Friedrich Gauß mit dem des Naturforschers Alexander von Humboldt – und damit zweier Charaktere, die unterschiedlicher kaum sein konnten.

Der eine, Gauß, ein introvertiertes Zahlengenie, der andere, Humboldt, ein von Entdeckerlust getriebener Weltreisender. In der Widersprüchlichkeit ihrer Leidenschaften, ihrer Sicht auf die Welt, ihres Innen und Außen hat Kehlmann ein besonderes Werk erschaffen, eines, das jetzt in der Inszenierung des Landestheaters Burghofbühne Dinslaken den Auftakt der Homburger Theatersaison 2017/2018 machte.

Das Dinslaker Ensemble um Markus Penne als Alexander von Humboldt und Matze Vogel als Carl Friedrich Gauß gab im Saalbau Kehlmanns Werk dabei einen durchweg modernen Charakter. Statt Rüschen und Krausen gab‘s Steampunk-Look, Cowboy-Stiefel und Cargohosen. In diesem Bruch zur historischen Welt von Gauß und Humboldt begründete die Inszenierung von Mirko Schombert ihre Zeitlosigkeit, im Kontrast mit dem sprachlichen Duktus der Aufführung entwickelte sich eine visuelle und akustische Spaltung – das trug der fiktiven „Doppelbiografie“ auch plastisch Rechnung. Mehr als „auch erwähnenswert“: Das Ensemble neben Penne und Vogel, das mit Julia Sylvester, Felix Lampert und Patric Welzbacher in wechselnden Rollen dem Stück auch an den Flanken Substanz gab. Mit „Die Vermessung der Welt“ startete die Theater-Saison in Homburg mit einem Erfolgswerk in modernem Gewandt – und mit einer Inszenierung, die weit mehr Publikum verdient hätte, als sich tatsächlich vor der Bühne im großen Saal einfand.

Doch eben die Saison ist noch jung, es wird noch einige Abende geben, an denen vielleicht auch ein jüngeres Publikum beweisen kann, dass sich ein Theaterbesuch in Homburg lohnt. Auf dem Spielplan stehen noch einige sehenswerte Inszenierungen. So am 26. Oktober, wenn einer der großen deutschen Humoristen in Form seines Werk im Saalbau Einzug halten wird: Bernhard-Viktor Christoph-Carl von Bülow, den meisten weitaus besser bekannt als Loriot.

In der Inszenierung des Westfälischen Landestheaters werden „Loriots gesammelte Werke“ den 2011 verstorbenen Grandseigneur des feinen Humors und der begnadeten Beobachtungsgabe in die Erinnerung der Zuschauer zurückrufen: Die Herren Müller-Lüdenscheid und Dr. Klöbner mit der Ente im Bad, das weichgekochte Frühstücksei, für das in der Küche viereinhalb Minuten geschuftet werden muss, der Lottogewinner, dessen Tochter in Wuppertal mit dem Papst eine Herrenboutique eröffnen wird – all das ist mehr als nur erstklassiger Humor. Das ist legendär.

Nicht weniger bemerkenswert im Kalender der Theatergastspiele in dieser Saison: Die Aufführung von „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“. Die Badische Landesbühne wird Heinrich Bölls Erzählung am Donnerstag, 21. Dezember, auf die Bühne des Saalbaus bringen.

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