Franziskus als Kämpfer im Vatikan

Homburg · Er kennt die Hintergründe im Kirchenstaat, begleitet die Päpste seit langen Jahren: Vatikan-Kenner Andreas Englisch sprach auf Einladung der katholischen Erwachsenenbildung vor 500 Zuhörern über Papst Franziskus und den Vatikan.

 Der Autor und Papstkenner Andreas Englisch vermittelte am Sonntag in der Kirche St. Fronleichnam vor mehr als 500 Zuhörern intime und eindringliche Einblicke in das Leben und die Arbeit von Papst Franziskus. Foto: Thorsten Wolf

Der Autor und Papstkenner Andreas Englisch vermittelte am Sonntag in der Kirche St. Fronleichnam vor mehr als 500 Zuhörern intime und eindringliche Einblicke in das Leben und die Arbeit von Papst Franziskus. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf

Ohne Zweifel: Papst Franziskus ist einer, der in fast allen Belangen nicht so ist wie seine Vorgänger. Der Traditionsbruch ist bei ihm Programm, seine Nähe zu den Armen und Ärmsten fester Bestandteil seines Glaubens, das Überdenken von zementierten Kirchenlehren sein Anliegen. So machte Franziskus nicht zuletzt in der vergangenen Woche von sich reden, als er die starre Haltung der katholischen Kirche zu den Sakramenten für Wiederverheiratete aufbrach.

Doch wie viel Franziskus steckt in dem, was wir vom Papst in den Medien sehen? Einer, der diese Frage ganz genau beantworten kann, war am Sonntag auf Einladung der Katholischen Erwachsenenbildung Gast in Homburg : der Autor Andreas Englisch, seit vielen Jahren Begleiter der Päpste , angefangen bei Johannes Paul II. über Benedikt XVI . bis nun zu Papst Franziskus. In der Kirche St. Fronleichnam und vor mehr als 500 Zuhörern zeichnete Englisch in der ihm eigenen unkonventionellen und sprachlich lockeren Art ein Bild von Franziskus, das deutlich machte: Da macht in Rom einer nicht nur ein bisschen Show, da meint es einer im Vatikan richtig ernst. Damit gewann der Untertitel "Kämpfer im Vatikan" schon nach wenigen Minuten von Englischs Einblicken in den Kirchenstaat deutlich Sinn.

Viele intime Eindrücke gewährte Andreas Englisch in das Leben und die Arbeit von Papst Franziskus, mit am deutlichsten gleich zu Beginn seiner Schilderungen, als er den Umgang des 2013 gewählten Kirchenoberhauptes mit dem Protokoll im Vatikan beschrieb. Ordensfrauen, Sekretäre, Butler und ein Präfekt als "Türöffner" für Gäste? Darauf verzichtete Franziskus. Ein Wohnen im Apostolischen Palast? Mit diesem Wunsch bissen die Würdenträger des Vatikans bei Franziskus auf Granit. Stattdessen wohne der Papst immer noch im Gästehaus der Heiligen Martha - auf 25 Quadratmetern und eigentlich nur einer Übergangsunterkunft und "Hotel" für Bischöfe und Kardinäle während der Zeit des Konklave (Wahl eines neuen Papstes). Dort empfange er auch seine Gäste - und wenn es der amerikanische Präsident sei. Zwei kurze Geschichten zum Wesen Franziskus beleuchten in aller Kürze vielleicht am deutlichsten das Amtsverständnis von Jorge Mario Bergoglio als Papst Franziskus. Englisch: "Bergoglio ist gerade zum Papst gewählt worden und soll mit einer großen Staatskarosse zurück zum Haus der Heiligen Martha gefahren werden. Franziskus stellt sich vor den Wagen und sagt: In ein so protziges Auto steige ich nicht ein." Stattdessen habe er wissen wollen, wie die Kardinäle der Konklave nun zur ihrer Unterkunft kommen würden. Die würden mit dem Bus fahren, bekam Franziskus zur Antwort. Seine Reaktion: "Dann fahre ich auch mit dem Bus. Aber ich sitze vorne, denn ich bin der Papst."

Einen weiteren von vielen Schiffbrüchen erlitten die vatikanischen Staatsbediensteten beim ersten Osterfest von Franziskus. Statt des üblichen Ornats mit roten Samt-Roben und Hermelin zelebrierte der neue Papst das Hochfest in seinem einfachen Priestergewand. Den Wunsch des Hofstaates, er möge sich doch bitte in die päpstliche Gewandung kleiden, habe, so Englisch, Franziskus mit dem legendären Satz kommentiert: "Ich bin der Papst, ich bin nicht der Weihnachtsmann." Mit diesem und vielen anderen Einblicken vermittelte Andreas Englisch das Profil eines Papstes, der den harten Konflikt mit der Kurie seiner Kirche nicht scheut und der Wege geht, die direkt zu den Menschen führen.

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