Der Erbach verliert sein Betonkorsett

Erbach · 2017 und 2018 werden für 2,5 Millionen Euro 4,2 Kilometer des Erbachs renaturiert. Bezahlt wird dies vom Landesbetrieb für Straßenbau.

 Gestern wurden die ersten Betonschalen entfernt, die seit Jahrzehnten den Erbach im Korsett halten. Diese Renaturierung ist Ausgleichsmaßnahme für Eingriffe in die Natur beim angekündigten Bau der B 423-Umgehung. Foto: Thorsten Wolf

Gestern wurden die ersten Betonschalen entfernt, die seit Jahrzehnten den Erbach im Korsett halten. Diese Renaturierung ist Ausgleichsmaßnahme für Eingriffe in die Natur beim angekündigten Bau der B 423-Umgehung. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf

Als gestern Nachmittag mit einiger Politiker-Prominenz aus Stadt und Land ganz offiziell die Renaturierung des Erbachs im Bereich Eduard-Vollmar-Platz begann, da stand mit Ortsvertrauensmann Hans-Jürgen Bernd einer mit wachem Auge dabei, für den das namensgebende Gewässer Teil seines Lebens ist. "Als Kinder haben wir entlang des Baches gespielt, sind in den Tunnel gekrochen, bis hin zur Buschstraße." Er selbst könne sich nicht mehr an die Zeit erinnern, als der Erbach noch vollkommen ungezwungen geflossen sei und es tatsächlich Fische im Flusslauf gegeben hatte. "In den 70er Jahren wurde hier das Wolsiffer-Hochhaus gebaut. Und in dieser Zeit hat man angefangen, den Erbach mit Betonschalen zu fassen. Und dann ist nur noch Gülle durch den Erbach geflossen." Dass man nun mit der Renaturierung des Gewässers beginne, das sei für ihn, so Bernd, wichtig und richtig.

Doch, und das wurde gestern beim Baustart und aus vieler Munde deutlich, es geht nicht nur um die Wiederherstellung eines natürlichen Flusslaufs und damit um die Steigerung des Freizeitwertes des Erbachs im gleichnamigen Stadtteil. Das machte vor allem auch die Anwesenheit von Michael Hoppstädter, des Direktors des Landesbetriebs für Straßenbau (LfS) mit Sitz in Neunkirchen, deutlich. Warum Hoppstädter? Warum der LfS? Die Antwort ist einfach: Von dort kommt das Geld für die Renaturierung. Denn sie ist die nötige Umwelt-Ausgleichsmaßnahme für den geplanten Bau der B 423-Umgehung. So verwunderte es gestern nicht wirklich, dass nicht nur Hoppstädter, sondern auch Homburgs Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind im Beginn der Arbeiten am Erbach symbolisch auch eine Art Startschuss für den Bau der Schwarzenbach-Umgehung sahen. "Das ist für uns ein Meilenstein für den Bau der Ortsumgehung Schwarzenbach/Schwarzenacker", verdeutlichte Hoppstädter die Einschätzung des LfS. "Das ist das übergeordnet wichtige Thema bei dieser Maßnahme hier in Erbach." Er hoffe, so Hoppstädter, dass der Bau der Umgehung 2019/2020 beginnen werde, "deswegen ist das für uns hier in Erbach eine ganz wichtige Sache. Wir werden hier rund 2,5 Millionen Euro investieren." Mit diesem Geld, und das erläuterte Projektleiter Michael Boes von der "Landschaftsagentur Plus" als planendes Unternehmen, werde man den Erbach innerstädtisch in einem ersten Schritt in diesem Jahr auf 700 Metern wieder in einen natürlichen Zustand bringen, im kommenden Jahr auf weiteren 3,5 Kilometern.

Schon abgeschlossen sei die Renaturierung des Ebersbachs auf einer Länge von 1,5 Kilometern. Boes betonte in diesem Zusammenhang die positiven Auswirkungen einer solchen Umweltmaßnahme als städtebauliche Aufwertung innerhalb einer Ortslage. Diesen Aspekt griff auch Umweltminister Reinhold Jost auf, der klar machte, dass man den Menschen nahe bringen müsse, welchen Mehrwert eine solche Maßnahme habe, sei er ökologisch oder eben städtebaulich.

OB Schneidewind erinnerte an die lange Laufzeit, die das Projekt nun schon habe und nannte als Beginn der ersten Planungen die Zeit Ende der 1990er Jahre. 2004 seien diese Planungen abgeschlossen gewesen, danach habe es aus vielerlei Gründen gehakt. Doch gerade die Verzögerung, so Schneidewind weiter, bringe jetzt den Vorteil, dass man die Maßnahme als Umwelt-Ausgleich für den Bau der B 423-Umgehung nutzen könne - und damit als Stadt nichts zu zahlen habe.

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Mit einem Finanzaufwand von rund 2,5 Millionen Euro werden 2017 und 2018 rund 4,2 Kilometer des Erbachs im innerstädtischen Bereich renaturiert. Diese Maßnahme, bezahlt vom Landesbetrieb für Straßenbau, dient dabei als Umwelt-Ausgleichsmaßnahme für die angekündigte B 423-Umgehung, deren Bau deutliche Eingriffe in die Natur bedeuten. Mit entsprechenden Ausgleichsmaßnahmen sollen solche Eingriffe kompensiert werden, Grundidee ist das so genannte "Verschlechterungsverbot" für Natur und Umwelt bei solchen Baumaßnahmen.

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