Auf eine letzte Runde im alten Stadtbad

Homburg · Turmspringer waren 1970 bei der Eröffnung dabei - und ein jetzt über 80-jähriger Stammgast, der bis heute im Homburger Stadtbad seine Runden dreht. Am Sonntag zum letzten Mal. Denn er war nicht nur damals vor Ort, vor über vierzig Jahren, als das Hallenbad noch ganz jung und proper war, sondern er will auch da sein, wenn es am Sonntag, 30. November, seine Pforten für immer schließt.An sich gäbe es keinen Grund, traurig zu sein.

Denn es ist ja nicht so, dass man danach in Homburg nicht mehr ins Wasser springen und Bahnen schrubben könnte: Knapp drei Wochen ist Pause, dann eröffnet am 19. Dezember das neue Kombibad an der Kaiserslauterer Straße, ab 20. Dezember geht hier der Betrieb für alle so richtig los. Trotzdem: Ein bisschen wehmütiges, nostalgisches Schwelgen darf schon sein vor so einem Abschied.

Schwimmmeister Michael Kuhlgatz ist seit 1988 dabei. Geplant ist, dass er und seine Kollegen Isabelle Mayer, Arno Sachs und Jochen Schiestel ins neue Bad wechseln werden. Jetzt sitzt er in der Milchbar, die ist bis auf ein paar Tische und Stühle sowie eine Reihe mit Süßigkeitenautomaten leer. In dem Raum mit Blick aufs Schwimmerbecken sitzt manche Gruppe bis heute: "Die Frauen bringen eine Kanne Kaffee mit, es wird geplaudert", berichtet er. Das Bad sei eben auch ein sozialer Treffpunkt. Die Zeiten, als es hier die bekannten Milchshakes gab - "davon schwärmen einige Homburger heute noch" - sind aber schon lange vorbei. Die Caféteria ist zu, bis vor kurzem gab es zumindest einen Getränkeautomaten. Doch mit der Entscheidung fürs neue Bad sei alles zurückgefahren worden, sagt Kuhlgatz. In der Sauna im echten 70er-Jahre-Charme unten im Keller kann man ohnehin seit langem nicht mehr schwitzen.

An vielen Stellen liege es im Argen: Die Technik, besonders Heizung und Lüftung, sind Sorgenkinder, berichtet Kuhlgatz. In den Räumen im Untergeschoss rosten teilweise die Rohre, tropft es hier, fehlt es da. "Für die Steuerung der Heizungsanlage gibt es schon keine Ersatzteile mehr." Energetisch sei sowieso vieles veraltet, läuft es so "als ob man zu Hause mit offenem Fenster heizt". Aber auch den Duschen, die gelegentlich ausfallen, und den schon richtig engen Umkleiden sieht man an, dass sie ihre besten Jahre hinter sich haben - heute ist man anderes gewöhnt. Grundlegend werde ja nichts mehr repariert.

Die Schwimmbecken selbst, es gibt ein 25 Meter langes für Schwimmer mit fünf Bahnen und ein kleineres für Nichtschwimmer, wirken eigentlich noch ziemlich manierlich. Auch der Sprungturm. Doch beim genaueren Hinsehen zeigt sich, dass die Lebenszeit des Bades ausgereizt ist: Aus fünf Metern Höhe darf seit Jahren nicht mehr gesprungen werden. "Unter der Decke wurde ein Netz angebracht", erklärt Kuhlgatz. Es habe die Gefahr bestanden, dass etwas hinunterfallen könne. Dadurch sei nun aber der Abstand zwischen der Fünf-Meter-Plattform und dem Netz zu gering. Die Ein- und die Drei-Meter-Ebenen werden aber noch genutzt - geöffnet wird je nach Betrieb.

Im Moment ist es ruhig, ein paar Schwimmer bewegen sich im großen Becken. "Wir haben etwa 100 Stammgäste, die auch regelmäßig kommen", sagt Kuhlgatz. Doch die beschauliche Stimmung ändert sich schlagartig, als dutzende Drittklässler der Luitpoldschule hereingestürmt kommen. Schulschwimmen ist jeden Morgen - außer am Wochenende -, das mache einen großen Anteil der Nutzer aus, betont Kuhlgatz. Ohnehin sei das Bad gut belegt: Es gibt noch Schwimm- und Gymnastikkurse und den Vereinssport vom Triathlon bis zum Reha-Angebot. Im neuen Bad sollen die Pläne zunächst eins zu eins übernommen werden, mitten im Schul- und Vereinsjahr zu wechseln, sei nicht sinnvoll. "Dann schauen wir, wie es ist."

Etliche Badegäste, vor allem die ältere Generation, schwanken zwischen Vorfreunde und Ungewissheit, wie es wohl im neuen Bad wird, das hat das Schwimmmeister-Team beobachtet, "Hier kennen sie sich eben aus."

Noch ein paar Tage bleiben dem Stadtbad, dann wird abgesperrt und irgendwann abgerissen - wie und von wem muss der Stadtrat noch klären. Aber auch, wenn es das Gebäude dann nicht mehr gibt: Die Erinnerungen werden bleiben.

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