Theaterwoche Wiener Gedankensprünge mit ordentlich Tiefgang

HOmburg/Gersheim · Bei der 32. Gersheimer Theaterwoche stand die Premiere des Kabarettisten Severin Groebner auf dem Programm.

 Severin Groebner bei seinem Auftritt während der 32. Gersheimer Theaterwoche im Kulturhaus. Foto: Wolfgang Degott

Severin Groebner bei seinem Auftritt während der 32. Gersheimer Theaterwoche im Kulturhaus. Foto: Wolfgang Degott

Foto: Wolfgang Degott

Seine Saarland-Premiere absolvierte der Wiener Kabarettist Severin Groebner im Schlafanzug und mit seiner „Cigar Box Guitar“. Sein Gastspiel während der 32. Gersheimer Theaterwoche begann mit der Ankündigung des baldigen Weltuntergangs, um dann das von den neuen Medien verstärkte „Grundbibbern“ der Menschen gewaltig auf die Schippe zu nehmen.

Das Programm „Der Abendgang des Unterlandes“ war gespickt von pfeilschnellen Gedankensprüngen. Er zeichnete verschiedene Szenarien auf, präsentierte Gedankendienstleistung mit Tiefgang und Wortwitz mit Höchstgeschwindigkeit. Mit dem Hinweis einer fiktiven, nicht real existierenden Internetseite kündigte der Kabarettist den Weltuntergang für den kommenden Vormittag an und empfahl dem Publikum gut und ausgiebig zu frühstücken und etwas Schönes zu erleben, bevor es zu Ende geht.

„Da hofft man, dass die kleine heile Welt noch eine kleine Weile hält“. Doch was ist zu tun, wenn gar kein Weltuntergang kommt? Wenn nicht die Welt untergeht, sondern nur unser Weltbild? Braucht es dann einen Bunker, um sich vor sich selbst zu schützen? In seinen verbalen Sprung in die griechische Mythologie offenbarte er ein Baukastensystem für religiöse Nutzer, heute mit Nebenjob der Götter. Jeder habe eine „irdische Anstellung“ bekommen: Apollo als Optiker, Hermes ergänze sein Götterbotendasein im Postversand, Siegesgöttin Nike präsentiere Turnschuhe.

Muss die Geschichte recycelt werden? Gehören historische Ballaststoffe auf die Müllhalde der Geschichte? Im Spiel mit Geschichte und Geografie ging ein „Zu-Ruck“ durch den Kabarettabend und endete im Hier und Jetzt, denn wo sollen wir denn sonst auch hin? Viele Vorurteile fanden sich auf des Kabarettisten Schippe wieder.

Dabei sparte er auch sein Heimatland nicht aus. Geschenke für jede Gelegenheit wurden kritisch betrachtet. Es zeigte sich vor allem, dass der – laut Werbung immer richtige – Taxigutschein sowohl beim Kindergeburtstag mindestens genauso fehl am Platz war wie als Präsent nach einer leidenschaftlicher Liebesnacht. Groebner präsentierte sich im Bliestal als Vertreter hochkarätigen Kabaretts im Spiel mit Tempo und Lautstärke, Reimen und Symbolen, Worten und regionalen Dialekten, Mimik und Rollenspielereien, Texten und Liedern.

Der Abend endete mit einem lang anhaltendem Applaus und einem Taxigutschein in Richtung Himmel oder Hölle, je nach Wunsch, aber immer mit Welt-Zurück-Garantie.

Im zweiten Gersheimer Kabarettabend ist am kommenden Mittwoch, 24. Januar, 20 Uhr, Lisa Catena mit ihrem Soloprogramm „Grenzwertig“ zu sehen. Auf die Besucher wartet dann ein knackiges Frauenpower-Polit-Kabarett mitsamt der Frage: Wo hört Satire auf und wo fängt Politik an? Und was bedeutet es für den Berufsstand des Satirikers, wenn inzwischen die meisten Länder von Komikern und Clowns regiert werden?

 Severin Groebner bei seinem Auftritt während der 32. Gersheimer Theaterwoche im Kulturhaus.

Severin Groebner bei seinem Auftritt während der 32. Gersheimer Theaterwoche im Kulturhaus.

Foto: Wolfgang Degott

Lisa Catena ist der Grenzzaun im Kabarett: Unter Strom, aber offen für jeden, der eintreten will. Sie zeigt, dass sich jenseits von Gut und Böse Grauzonen eröffnen. Deren Erkundung mag an die Schmerzgrenze gehen, ist aber alleweil spannender als die ausgelatschten Pfade der Moral. Und ja, an diesem Grenzzaun wird geschossen. Zwar mit Pointen, dafür aber aus vollen Rohren.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort