Deutsch-polnische Geschichte wird lebendig

Gersheim · Ein Austauschprogramm mit Schülern in „Spohns Haus“ gab facettenreiche Einblicke und berücksichtigte Schauplätze in der Region.

 Die Schüler der Projektwoche im Ökologischen Schullandheim „Spohns Haus“ Gersheim beim Besuch der Klosterkirche Gräfinthal (links Hans Bollinger, Werner Euskirchen in der Bildmitte). Foto: Wolfgang Degott

Die Schüler der Projektwoche im Ökologischen Schullandheim „Spohns Haus“ Gersheim beim Besuch der Klosterkirche Gräfinthal (links Hans Bollinger, Werner Euskirchen in der Bildmitte). Foto: Wolfgang Degott

Foto: Wolfgang Degott

Sieben Tage gruben sich 40 Schüler, 14 bis 17 Jahre alt, tief in die Geschichte ein, die sich rund um das Leben und Wirken von Polenkönig Stanislaw Leszczynski und seiner Tochter Anna rankte. Sie lebten seit 1714, der König bis 1719 im Exil in Zweibrücken. "Was wir hier erlebten, hätten wir im Geschichtsunterricht nie erfahren. Ich bin beeindruckt", war das Resümee des 15-jährigen Karol Petocki und seines 17-jährigen Freundes Hubert Kerzkowski. Beide Polen sind wie ihre übrigen 18 Klassenkameraden Schüler am Lyzeum von Mikolajki in Masuren. Ihre neuen deutschen Freunde drücken ansonsten die Schulbank im Gymnasium der Eulenspiegel-Stadt Mölln.

Beide Schulen tragen den Namen von Marion Gräfin Dönhoff, der früheren Chefredakteurin und Mitherausgeberin der Wochenzeitung "Die Zeit". Die Teenager arbeiteten einen von Hans Bollinger verfassten und von Magda Drozdowska übersetzten Fragenkatalog ab. Der frühere Leiter des ökologischen Schullandheimes dazu: "Ich musste tief in die polnische Geschichte einsteigen, um zu kapieren, wieso beispielsweise ein Sachse wie August II., Vorgänger von Stanislaw Leszczynski, polnischer König werden konnte." Sowohl im Frontalunterricht, bei Vorträgen, als auch in Gruppen konnten die Jugendlichen Stück um Stück, Epoche um Epoche, einen Zeitstrahl erarbeiten. Auf ihm sind die Stationen des Lebens von Polenkönig Stanislaw Leszczynski abgebildet. Aufgelockert wurde die Projektwoche, die Bollinger als Pilotprojekt für noch folgende ansieht, durch Exkursionen in die Wirkungsstätten der Familie. Stippvisiten fanden in Zweibrücken und der dortigen Sommerresidenz Tschifflick statt. Aber auch die Fahrt nach Nancy mit dem Besuch der Place Stanislaw und der Weiterfahrt nach Lunéville mit der Besichtigung des dortigen Schlosses stand auf dem Wochenplan. Mit dabei auch Werner Euskirchen, der frühere Richter am Amtsgericht in Zweibrücken und Mitglied der deutsch-polnischen Gesellschaft. "Ich verstehe mich als Kurier des Polenkönigs, der die paneuropäische Route, den Stanislaus-Kutschenweg, baut", erläuterte er. Mit einer Route quer durch Asien, Ost- und Mitteleuropa will er an den Polenkönig erinnern, der in der Westpfalz, der Saarpfalz und in Lothringen Spuren hinterlassen hat. So tangiert die Strecke den Geburtsort Lemberg in der heutigen Ukraine und seinen Familiensitz Leszno. Nach Stopps in Schweden, Bender (heute Moldawien, früher Osmanisches Reich), Straßburg, Zweibrücken, Paris, das Gebiet der Loire und Nancy: Am Ende liegt Lunéville, wo Leszczynski 1766 starb. Eine wichtige Station war auch Gräfinthal. Dort erfuhren die Schüler von den Mönchen, dass der Ort einer der ältesten, wenn auch der kleinste Wallfahrtsort Deutschlands sei. Dort habe die Königstochter Anna ihre letzte Ruhestätte gefunden.

Sie starb im Alter von 17 Jahren am 20. Juni 1717 überraschend in Zweibrücken. Zum Andenken an dieses Ereignis sei geplant, so Euskirchen, symbolisch auf Kutschen durch das Bliestal und Mandelbachtal zur Beerdigung ins Kloster Gräfinthal zu fahren.

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Im Ökologischen Schullandheim "Spohns Haus" in Gersheim lief die Projektwoche "Stanislaw Leszczynski - ein polnischer König im Exil". Teilnehmer waren Schüler der Marion-Gräfin-Dönhoff-Schulen im polnischen Mikalajki und Mölln, Schleswig-Holstein. Untersucht wurde Leben und Wirken des Polenkönigs mit Exkursionen nach Zweibrücken, Gräfinthal, Nancy und Lunéville.

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