Blieskastel Auf den Spuren des jüdischen Lebens

Blieskastel · Landtagspräsident Stephan Toscani vermittelte Jugendlichen in Blieskastel bei einem Rundgang Erinnerungskultur.

 Der jüdische Friedhof auf dem Han war Treffpunkt zum Rundgang mit Landtagspräsident Stephan Toscani (Zweiter von links) und Martin Dauber (links).

Der jüdische Friedhof auf dem Han war Treffpunkt zum Rundgang mit Landtagspräsident Stephan Toscani (Zweiter von links) und Martin Dauber (links).

Foto: Hans Hurth

Landtagspräsident Stephan Toscani lernte bei einem Rundgang mit Martin Dauber sowie Schülerinnen und Schüler die Stadt Blieskastel unter neuen, vor allem nachdenklichen Aspekten kennen. Auch Bürgermeisterin Annelie Faber-Wegener und Landrat Theophil Gallo waren dabei, als Stephan Toscani im Rahmen seiner Reihe „Saarländische Erinnerungsorte“ Blieskastel besuchte, dabei einen Beitrag zur Erinnerungskultur leistete und Jugendlichen die Schrecken der NS-Zeit vermittelte.

„Sie erfahren, dass Verfolgung, Unterdrückung und Mord nicht nur an entfernten Orten stattfand, sondern auch direkt vor ihrer eigenen Haustür. Denn genau hier setze ich mit meiner Erinnerungsarbeit an“, so der Ormesheimer und ehemalige Schüler am Von-der-Leyen Gymnasium.

In Blieskastel war der jüdische Friedhof auf dem Han Treffpunkt. Toscani verwies auf eine repräsentative Umfrage der Körber-Stiftung, wonach lediglich 47 Prozent der 14- bis 16-Jährigen wissen, dass Auschwitz-Birkenau ein Konzentrations- und Vernichtungslager im Zweiten Weltkrieg war.

„Seit 1690 war der jüdische Friedhof von Blieskastel auch für die Juden aus den umliegenden Gemeinden der zentrale Begräbnisplatz, 250 Gräber gibt es, im ältesten Teil haben sich bemerkenswerte Grabsteine erhalten, die noch bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts datieren“, erklärte Martin Dauber. In den Jahren 1939/40 wurde der jüdische Friedhof teilweise verwüstet, 1945 aber wieder hergerichtet, die Pflege hat die Synagogengemeinde Saarbrücken übernommen. Vom Friedhof ging es mit Martin Dauber und Stephan Toscani durch das jüdische Blieskastel, dabei erfuhren die Schülerinnen und Schüler der zwölften Klasse mit Pädagoge Florian Schwarz, wer damals aus Blieskastel verschwand und wie sich die Ereignisse auf das gesellschaftliche Zusammenleben auswirkten. „Ich will die Geschichte jüdischen Lebens im Saarland ins Bewusstsein der jungen Menschen rufen, damit sie nicht vergessen, dass auch hier das Leben vieler Juden im Dritten Reich von den Nationalsozialisten ausgelöscht wurde“, stellte Stephan Toscani heraus.

Beim Rundgang machte die Gruppe zunächst Halt in der Schlossbergstraße, in der die jüdischen Geschwister Rosina und Delphine ein Lebensmittelgeschäft betrieben. In der Zweibrücker Straße 58 gedachte man vor dem Stolperstein dem Schicksal des jüdischen Arztes Manfred Meyer sowie der Familie Joseph. In der Kardinal-Wendel-Straße verwies Martin Dauber auf das heutige Hotel zur Post, in dem 1938 nach der Reichsprogromnacht Nazis den Hinweis „Juden sind hier unerwünscht“ anbrachten. Einige Meter weiter befanden sich die Wohnhäuser der Familien Oppenheimer und des Schneidermeisters Moses David, der mit seinen Kindern, dank der Hilfe des Ortskommandanten, vor dem Vernichtungslager gerettet wurde. Die jüdische Familie Ullmann lebte in der von-der-Leyen-Straße. Salomon Ullmann, dessen Grabstein auf dem Han noch vorhanden ist, war Viehhändler, von seinen 13 Kindern aus der Ehe mit Katharina Reinheimer wurden drei Kinder von den Nazis ermordet. Ferdinand Ullmann überlebte Auschwitz nicht, ebenso Adolph Ullmann, ein Tierarzt sowie dessen Ehefrau Johanna.

Über die Judengasse ging es zum Luitpoldplatz, der früheren Synagoge als Abschluss eines Rundgangs, der die Jugendlichen sichtbar beeindruckte. „Es ist wichtig, Erinnerungsorte einzurichten, den Opfern des Nazi- Regimes zu gedenken und ihnen einen Namen geben, damit die Ereignisse die jungen Menschen motivieren, sich für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einzusetzen“, merkte der Landtagspräsident zum Abschied an.

Gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern besucht Stephan Toscani in allen Saar-Landkreisen jene Orte, an denen Spuren des jüdischen Lebens zu sehen sind, darunter Schulen, Friedhöfe und Synagogen.

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