Stabiles und knöchelfestes Schuhwerk? Pflicht! Regendichte Jacke? Pflicht! Mütze auf dem Kopf? Pflicht! Dann die Natur pur genießen? Kür! Wer sich an einem Tag wie dem vergangenen Freitag aufmachte, um eine kleine Weile draußen zu verbringen, der musste zwar schon in mancherlei Hinsicht einiges investieren - als Belohnung gab's dafür aber eine stille Stunde inmitten einer echten Zwischenwelt. Der Winter irgendwie in Sachen Schnee schon wieder auf dem Rückzug, stattdessen kühler "Herbstregen", der sich zu teils bizarren Eisformationen zusammenfindet (und auch gerne mal das eigene Auto mit einer Eisschicht überzieht). So knirscht es unter den Schuhen im karstigen Schnee , von oben gibt wahlweise Regen oder Tauwasser von den Bäumen. Ein übles Wetter? Nein - wenn man das richtige daraus macht. Zum Beispiel der Blies vor Niederbexbach einen Besuch abstatten. Und es muss nicht immer nur das alte Holzauwehr sein. Gleichwohl man sich dort in diesen Tagen zwischen Frost und Tauen einen guten Eindruck davon verschaffen kann, dass die Blies alles andere als ein kleines Flüsschen ist. Über die Staustufe hinweg rauscht das Wasser mit unbändiger Kraft, vor dem Wehr hat sich einiges an Treibgut angesammelt. Vom Übergang über die beiden Wehrtore hat man einen guten Blick auf die pure Wasserenergie, die sich in Richtung Niederbexbach drückt. Es wirbelt und treibt, das Rauschen rauscht in den Ohren - ein akustisches Kontrastprogramm zur Stille abseits dieses Eingriffs des Menschen inmitten einer ansonsten stillen Natur. Aber Vorsicht: Gerade jetzt, wenn Nass auf Frost trifft, sollte man auf dem Wehr echte Vorsicht walten lassen. Sonst wird aus dem formidablen Aussichtspunkt schnell eine Rutschbahn und man landet fix auf dem Wasserweg in Niederbexbach .

Vom Wehr aus hat man auch einen schönen Blick auf das Dorf. Wie eine Perlenkette reihen sich die Häuser entlang der Schmelzstraße auf wie an einer Perlenkette .

Das Auge bekommt hier echte Panorama-Qualität geboten: Vorne die (immer noch zum Großteil) schneeweiß bedeckten Felder, dann die Häuserreihe und im Hintergrund ein Waldrücken.

Apropos schneeweiß. Gerade in dieser seltsamen Frost-Tauzeit werden die Felder vor Niederbexbach zu einem echten Sinnbild für diese eigentümliche Zwischenwelt. Schnee- und Eisflächen wechseln sich mit kleinen Inseln aufgetauten Grüns ab. Das wirkt stellenweise, als hätte Petrus Winter und Frühling übereinander geschoben.

Links und rechts des Blieslaufes bieten die winterlich entkleideten Bäume eine skurrile Kulisse für das Wasser. Das läuft derzeit noch in geordneten Bahnen. Doch wenn sich Tauen gegen Frieren durchsetzt, dann könnte in den kommenden Tagen oder Wochen ein erstes Winterhochwasser der Landschaft vor Niederbexbach ein wieder anderes Gesicht geben: Die Blies im Breitwandformat als Mutter des Lac Niederbexbach . Und dann? Dann ist der Ort mit Sicherheit wieder einen ausgedehnten Spaziergang wert.