Museen im Saarland Mehr als nur ein Stück Industriegeschichte

Der Bergbau hat die Geschichte des Saarlandes geprägt. Wie es so war „uff der Grub“, und wie der Alltag der Bergleute aussah? Das zeigt ein Besuch im Saarländischen Bergbaumuseum im Bexbacher Blumengarten.

 Spannende Einblicke in die Welt des Bergbaus bietet das Saarländische Bergbaumuseum im Hindenburgturm in Bexbach. Zu den Höhepunkten gehört der Rundgang untertage.

Spannende Einblicke in die Welt des Bergbaus bietet das Saarländische Bergbaumuseum im Hindenburgturm in Bexbach. Zu den Höhepunkten gehört der Rundgang untertage.

Foto: Jennifer Klein

Wer untertage will, fängt am besten ganz oben an: Denn das Bexbacher Bergbaumuseum ist verteilt auf sieben Etagen im Hindenburgturm am Blumengarten untergebracht, einem ehemaligen Wasserturm. Vom Café in luftigen 40 Metern Höhe hat man einen beeindruckenden Panoramablick in die Umgebung, den auch Wolfgang Imbsweiler immer wieder aufs Neue genießt. Für den Stadtbeigeordneten und Vorsitzenden des Vereins Saarländisches Bergbaumuseum Bexbach ist das Museum mehr als nur ein „Steckenpferd“: Imbsweiler hat selbst 54 Berufsjahre im Bergbau hinter sich.

Jetzt, wo der Bergbau, der 250 Jahre das Saarland geprägt hat, ausgelaufen sei, und auch bundesweit die letzte Schicht im Steinkohlebergbau gefahren wurde, sei es umso wichtiger, die Erinnerung an dieses große Kapitel Industriegeschichte zu bewahren, sagt er. Der Bergbau brachte der Region nicht nur Wohlstand und trieb die Entwicklung voran, sondern bergmännische Werte und Bräuche wirkten auch identitätsstiftend. In Bexbach sei der Bergbau 1959 ausgelaufen; die drei Gruben Höchen, Frankenholz und Bexbach wurden stillgelegt. In dieselbe Zeit fallen auch die Anfänge des Museums. „Es waren engagierte Bürger, die jeweils etwas beigesteuert und damit den Grundstein für das Museum gelegt haben“, erzählt Imbsweiler: Grubenlampen etwa, Arbeitskleidung, Werkzeug, Fotos, Mineralien, die untertage gefunden wurden und mehr.

Inzwischen sind die Exponate so vielfältig, dass die Besucher einen umfassenden Einblick in Arbeit und Alltag der Bergleute erhalten. So findet man zum Beispiel auf der dritten Etage unter der Überschrift „Alltag und Soziales“ den Nachbau eines Bergarbeiterhauses. Mit Küche, Schlafstube und Stall – inklusive der „Bergmannskuh“, einer Ziege. Die Arbeit bestimmte den Alltag und Tagesablauf der Bergarbeiterfamilien. Es wurde Schicht gearbeitet, wer zu weit von der Grube weg wohnte, schlief in einem Schlafhaus vor Ort. Jeder Bergarbeiter hatte untertage ein „Kaffeeblech“ bei sich, eine gut schließende Blechdose beziehungsweise -flasche, in der er seine Verpflegung aufbewahrte. „Sicher vor den Kleintieren untertage“, meint Imbsweiler schmunzelnd.

Eine Etage ist dem Thema Sicherheit und Rettungswesen gewidmet. „Dazu gibt es auch einen Film, der aus einer Teststrecke stammt. „Als Sicherheitsmaßnahme hängen in den Stollen Wassertröge an der Decke. Gibt es, wie im Film gezeigt, eine Gasstaubexplosion, dann reißt die Druckwelle die Wassertröge von der Decke. Der Wasservorhang, der so entsteht, löscht das Feuer der Explosion. Das ist sehr beeindruckend zu sehen“, sagt Imbsweiler.

Die Ausstattung mit modernen Fernsehern, ein Filmvorführraum und auch die Anlage im Erdgeschoss, die eine Schachteinfahrt simuliert, sind Teil des rund 50 000 Euro teuren Modernisierungspaketes. Den Löwenanteil von 40 000 Euro trägt die RAG-Stiftung – Bedingung war, dass der Museumsverein 10 000 Euro als Eigenanteil beisteuert. Diese Investition war zu stemmen, sagt Imbsweiler, auch weil die Besucherzahlen im vergangenen Jahr deutlich zugenommen hätten – „wegen der benachbarten Gulliver-
welt im Blumengarten“, ist er sich sicher. Im Juni 2017 war die Miniaturwelt mit Nachbildungen von Bauwerken aus aller Welt eröffnet worden, dank des Engagements von Giuseppe Nardi von der Homburger Firma Theiss Naturwaren. Und die Hoffnung, dass viele Gäste den Besuch der Gulliverwelt mit einem Abstecher in die Welt des Bergbaus verbinden, habe sich erfüllt.

Wer die sieben Etagen des Turms nach unten geklettert ist, findet sich dann im Erdgeschoss in einer „Schwarz-Weiß-Kaue“ wieder. Daran erinnert das unter der Decke hängende Gestell voller „Schaffklääder“. „Hier tauschten die Bergleute ihre Straßen- gegen die Arbeitskleidung, bevor sie in die Grube gingen“, so Imbsweiler. Wobei: Der Bergmann „fährt“ in die Grube – selbst, wenn er läuft.

Eine „Schacht-Einfahrt-Simulationsanlage“ vermittelt dem Museumsbesucher ein Gefühl dafür, wie es war, untertage zu fahren. Den Förderkorb aus Stahl und Draht ersetzt im Museum eine vergleichsweise komfortable „Kabine“. Rund 20 Personen haben hier Platz, die stehen dann ziemlich eng wie die Bergleute bei ihrer Schachteinfahrt auch. An Wänden und Decke sind große Bildschirme. Zum Start wird die Glocke geschlagen: vier Mal – das heißt „Seilfahrt“, dann noch zwei Mal: „abwärts“. Sobald die Bildschirme zum Leben erwachen, ist man scheinbar von Bergleuten umgeben, Stimmengewirr mischt sich mit dem Rattern und Klappern des Förderkorbes. Die Bilder auf den Bildschirmen zeigen eine Einfahrt in die Grube Ensdorf. Der Förderkorb ist auf der Fahrt auf die 20. Sohle, 1278 Meter unter der Erde. Am Ende der „Fahrt“ gelangen die Besucher dann aus dem „Förderkorb“ direkt in den Zugang zum Besucherstollen des Bergbaumuseums, wo der Rundgang untertage fortgesetzt wird.

Dort heißt es erstmal Kopf einziehen, denn die Stollen sind zu Anfang ziemlich niedrig. Und kühl ist es, es herrschen gleichbleibend 12 Grad. Unterwegs gibt es jede Menge Bergbaumaschinen und Werkzeug aus verschiedenen Zeiten zum Kohleabbau zu sehen, man kann in einem Personenzug Platz nehmen, der früher die Arbeiter an Ort und Stelle brachte, und bewundert unwillkürlich die Stützkonstruktion, die verhindert, dass der Streb einbricht.

Kurios: die Lokus-Tonne – schließlich müssen die Arbeiter ja irgendwohin, wenn sie ein menschliches Bedürfnis verspürten. Oder das Schießmannfahrrad, mit dem der Sprengstoff zum Sprengen neuer Stollen an Ort und Stelle gefahren wurde. Zugleich sieht man, wie die Technik sich stets weiter entwickelt hat, wie Stützkonstruktionen, Fördermaschinen und Transportmöglichkeiten immer mehr automatisiert wurden. Es ist schon eine eigene Welt untertage, und der Besucher gewinnt beim Rundgang eine Ahnung davon, wie hart und unter welchen Gefahren die Bergleute ihr Geld verdient haben. Und irgendwie ist es dann doch schön, am Ende aus dem Stollenlabyrinth unter der Erde wieder ans Tageslicht zu kommen. Umso besser schmeckt dann das „Bergmannsfrühstück“ (ein Viertel Lyoner mit Weck), das im Höhencafe serviert wird.

Serie „Museen im Saarland“. Die Saarbrücker Zeitung stellt wöchentlich ein Museum vor. Alle bisher erschienen Serienteile lesen Sie im Internet:

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