Neue Studie Hohe Risiken für Krebs-Patienten im Saarland

Berlin/Saarbrücken · Einer AOK-Studie zufolge sind Krebspatienten bei Operationen oft großen Risiken ausgesetzt, weil Kliniken kaum Erfahrung mit den komplizierten Eingriffen haben. Die Zahl der Todesfälle könnte auch im Saarland sinken.

  Die Deutsche Krankenhausgesellschaft kritisierte die Studie gestern als „unseriös“.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft kritisierte die Studie gestern als „unseriös“.

Foto: dpa/Bernd Wüstneck

Viele Krebspatienten in Deutschland sterben zu früh, weil sie in Krankenhäusern behandelt werden, die zu wenig Erfahrung mit heiklen Operationen haben. Dies betrifft in besonderem Maße auch das Saarland. Die Zahl der Todesfälle könnte deutlich sinken, wenn strengere Vorgaben gelten würden, zeigt der gestern in Berlin vorgestellte „Qualitätsmonitor 2018“ der Krankenkasse AOK.

Demnach könnten zum Beispiel die Todesfälle nach Lungenkrebs­operationen rechnerisch von 361 auf 287 pro Jahr sinken, wenn eine Klinik jährlich mindestens 108 solcher Eingriffe vornehmen würde. Ein Fünftel der Patienten, bei denen oft ein Teil der Lunge entfernt werden muss, werde hingegen in insgesamt 260 Kliniken behandelt, in denen es im Durchschnitt nur fünf dieser Operationen pro Jahr gibt. Es sei sehr wahrscheinlich, dass in diesen Kliniken „die nötige Operationsroutine“ und die notwendige Spezialisierung nicht vorhanden sind, erklärte Studienautor Thomas Mansky von der Technischen Universität Berlin.

Ein ähnliches Bild zeigt sich dem Bericht zufolge bei anderen Erkrankungen wie Speiseröhren-, Bauchspeicheldrüsen- sowie Blasen- und Darmkrebs. Würde man bei Darmkrebs eine Mindestmenge von 82 Operationen einführen, könnten demnach 280 Todesfälle pro Jahr vermieden werden. „In Deutschland gibt es zu viele Kliniken, die nur hin und wieder mal eine komplizierte Krebsoperation durchführen“, warnte Mansky. Diese „Gelegenheitschi­rurgie“ sei nicht akzeptabel, rügte Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbands.

Im Saarland ließen sich den Angaben zufolge zuletzt 37 Prozent der Lungenkrebspatienten in Kliniken mit wenig Erfahrung operieren. Damit liegt das Saarland im Bundesvergleich auf Platz zehn. Schlusslicht ist Mecklenburg-Vorpommern, Spitzenreiter Berlin. Hierzulande kommt nur das Universitätsklinikum Homburg der von der AOK geforderten Mindestzahl von 108 nahe. Andere Krankenhäuser, die entsprechende Operationen durchführen, verfehlen diesen Wert überdeutlich.

Die AOK will die Forderung nach Mindestmengen für komplizierte Operationen jetzt im Gemeinsamen Bundesausschuss von Ärzten, Kassen und Krankenhäusern einbringen. Litsch drohte Kliniken, die Vorgaben nicht einhalten, zudem mit der Streichung von Geldern.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft kritisierte die Studie gestern als „unseriös“. Aus der Interpretation von Abrechnungsdaten könnten keine vermeidbaren Todesfälle hergeleitet werden, hieß es. Die AOK betreibe Effekthascherei mit Angstbotschaften. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warf der Kasse vor, „ein böses Spiel mit den Ängsten der Krebspatienten“ zu treiben.

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