Hohe Kosten, wenig Nutzen

Saarbrücken. Sie soll ein neues Zeitalter im deutschen Gesundheitswesen einläuten. Mit Hochdruck wird an der Einführung der neuen elektronischen Gesundheitskarte der gesetzlichen Krankenkassen gearbeitet - auch im Saarland. Doch die Karte ist nicht unumstritten, zumal sie außer einem Foto zunächst nichts Neues enthält

 Auf der neuen elektronischen Gesundheitskarte muss ein Passfoto des Versicherten abgebildet sein. Foto: dpa

Auf der neuen elektronischen Gesundheitskarte muss ein Passfoto des Versicherten abgebildet sein. Foto: dpa

Saarbrücken. Sie soll ein neues Zeitalter im deutschen Gesundheitswesen einläuten. Mit Hochdruck wird an der Einführung der neuen elektronischen Gesundheitskarte der gesetzlichen Krankenkassen gearbeitet - auch im Saarland. Doch die Karte ist nicht unumstritten, zumal sie außer einem Foto zunächst nichts Neues enthält. Aber sie ist Pflicht - die Krankenkassen sind gehalten, mindestens 70 Prozent ihrer Versicherten bis Ende des Jahres damit zu versorgen.Die AOK Saarland hat bereits im vergangenen Jahr begonnen, die neuen Karten an rund 25 000 Mitglieder auszugeben, damit sei die politische Vorgabe von zehn Prozent erfüllt worden, wie AOK-Vorstand Karlheinz Delarber erklärte. Bis Ende 2012 will man versuchen, die Vorgabe von 70 Prozent einzuhalten. "Sollte es die Produktionskapazität allerdings hergeben, wollen wir die 100 Prozent erreichen", sagte er. Zwar haben die saarländischen Ersatzkassen noch nicht mit der flächendeckenden Einführung begonnen, aber 70 Prozent von insgesamt 340 000 Versicherten sollen Ende des Jahres die neue Karte haben, wie Axel Mittelbach, der stellvertretende Leiter des saarländischen Verbands der Ersatzkassen, mitteilte. Die Ersatzkassen hatten sich bundesweit für die neue Karte ausgesprochen, aber: "Uns wäre es lieber gewesen, wenn die Karte mit allen vorgesehenen Leistungen eingeführt worden wäre."

Denn geplant war ursprünglich neben den persönlichen Daten des Versicherten und einem Passfotos auch die freiwillige Speicherung von Daten über chronische Erkrankungen, Blutgruppe, Allergien oder ärztliche Dokumentationen und Arzneimittel-Einnahmen. Der Arzt bräuchte kein Rezept mehr auszustellen, sondern lediglich das verordnete Medikament auf dem Chip zu speichern. Der Patient wiederum würde in der Apotheke gegen Vorlage seiner Gesundheitskarte das Medikament erhalten. "Das ist aber alles noch Zukunftsmusik", erklärt Mittelbach.

Und genau das ist ein Punkt, den die Ärzte anprangern. "Momentan hat die Karte überhaupt keinen Nutzwert, die Umstellung kostet jedoch irrsinnig viel Geld", kritisiert Dr. Jürgen Bethscheider, der Vorsitzende des saarländischen Hausärzteverbandes. Jede Arztpraxis müsse mit neuen Lesegeräten ausgestattet werden, Kostenpunkt: zwischen 800 und 1000 Euro pro Gerät. "Und das für alle Praxen bundesweit", merkt Bethscheider an. Die Kosten dafür tragen die gesetzlichen Kassen.

Die neue Karte mit Passfoto ist Pflicht. Versicherte, die sich weigern, müssen damit rechnen, dass die Kasse Leistungen nicht mehr übernimmt. Das sieht Nadine Jäger, Pressesprecherin der Barmer-GEK, allerdings als letzte Konsequenz. "Der Stichtag, an dem die alte Karte ihre Gültigkeit verliert, ist bei uns noch nicht festgelegt." Mittelbach erklärte, dass die alte Karte erst ihre Gültigkeit verliert, wenn die neue bundesweit eingeführt ist. "Die Ersatzkassen informieren dann rechtzeitig", sagt er. Bei der Abgabe von Passfotos für die Karte gebe es Ausnahmen, wie für Kinder bis 15 Monate oder bei Pflegefällen mit hohen Pflegestufen. Ähnlich wird es auch bei der AOK laufen, wie Delarber erklärt. Die Kassen brauchen hochauflösende Passfotos für die Karten, die den Anforderungen von Fotos für Ausweispapiere entsprechen müssen.

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