Zwischen Audimax und Olympiastadion

Saarbrücken. Es ist fast wie ein eigener kleiner Campus: Die vielen Hallen und Plätze, Verwaltungsgebäude, eine eigene Mensa und sogar ein Wohnheim. Der Olympiastützpunkt (OSP) Rheinland-Pfalz/Saarland grenzt quasi Tür an Tür an den Campus der Saar-Uni. 110 Bundeskader-Athleten werden hier derzeit betreut, darunter 35 Studenten der Saar-Uni

Saarbrücken. Es ist fast wie ein eigener kleiner Campus: Die vielen Hallen und Plätze, Verwaltungsgebäude, eine eigene Mensa und sogar ein Wohnheim. Der Olympiastützpunkt (OSP) Rheinland-Pfalz/Saarland grenzt quasi Tür an Tür an den Campus der Saar-Uni. 110 Bundeskader-Athleten werden hier derzeit betreut, darunter 35 Studenten der Saar-Uni. Hinzu kommen Studenten von privaten Hochschulen, der Fernuni Hagen und der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW). Drei der studierenden Athleten sind Anja Noske, Michael Fuchs und Johannes Schöttler, die bei den Olympischen Spielen in London mit dabei waren.Noske rudert, die beiden Männer spielen Badminton. Alle drei sind wegen des Sports nach Saarbrücken gekommen. Und alle drei studieren auch an der Saar-Uni. Die Hochschule versucht, junge Spitzensportler zu unterstützen: Seit 2003 ist die Saar-Uni "Partnerhochschule des Spitzensports" und setzt sich für eine gute Vereinbarkeit von Studium und Spitzensport ein. "Spitzensportler sind besonders auf eine flexible Gestaltungsmöglichkeit der Termine angewiesen", erklärt Elisabeth Marx vom Hochschulsportzentrum. Darauf will die Hochschule Rücksicht nehmen, unter anderem sollen sie die Möglichkeit haben, Prüfungstermine individuell abzustimmen.

Der 30-Jährige Michael Fuchs findet die Lage des Olympiastützpunkts "weltklasse". Der Badminton-Spieler studiert seit 2002 Sport und Englisch auf Lehramt, sein Diplom für Sportwissenschaft hat er schon in der Tasche. "Ich kann morgens von acht bis zehn trainieren und um viertel nach zehn in einer Vorlesung sitzen", erzähl er.

Um das große Ziel Olympia 2012 zu erreichen, haben die drei studentischen Teilnehmer in den vergangenen Jahren hart gearbeitet - auch auf Kosten des Studiums. "Die letzten drei Semester habe ich gar nicht studiert, sondern nur trainiert", erzählt Johannes Schöttler, der im zehnten Semester BWL studiert. Michael Fuchs, der bei Olympia im Mixed-Wettbewerb den fünften Platz gemacht hat, hat ebenso lange pausiert: "Da war zum Studieren gar keine Zeit mehr."

Aber auch vor der Vorbereitungsphase haben die beiden zweimal am Tag trainiert. "Die Priorität war immer der Sport", meint Schöttler. Es sei oft nicht einfach, beides miteinander zu verbinden. "Das größte Problem sind die Klausurtermine". Diese konnten meist nicht eingehalten werden, weil sie oft mit Wettkämpfen zusammenfielen. Mit dem Begriff "Partnerhochschule des Spitzensports" konnten laut dem BWL-Studenten viele seiner Dozenten nichts anfangen. Bei Problemen mit Seminaren und Klausurterminen bekommt erdeshalb - wie seine Sport-Kollegen - vom Hochschulsportzentrum Unterstützung. Die Mitarbeiter dort helfen dann, eine offizielle Anfragebeim Prüfungsamt zu stellen. "Die Wirkung ist schon eine andere", so Schöttler. Einmal habe das Prüfungsamt allerdings einen Antrag auf einen Extratermin abgelehnt. "Da musste ich den Kurs wiederholen. Das war schon ärgerlich."

Nachteile für sein Studium nimmt der Athlet in Kauf: "Es war von Anfang an klar, dass ich mein Studium nicht in der Regelstudienzeit schaffe. Ich mache mir da keinen Zeitstress." Jetzt, nach Olympia, wo er den neunten Platz im Herren-Doppel belegt hat, habe allerdings erstmal die Uni Priorität. Denn sein BWL-Studium will der 28-Jährige auf jeden Fall durchziehen: "Den Sport kann man nicht ewig machen. Für mich ist es wichtig, dass ich für die Zeit danach noch ein Standbein habe."

Auch Anja Noske legt großen Wert darauf, ihr Studium in Chemie und Biologie (Lehramt) durchzuziehen. Zwischen 24 und 28 Stunden in der Woche trainiert die 25-jährige Ruderin. Dazu kämen noch Vorbereitungs- und Nachbereitungsstunden sowie Physiotherapie. Das Krafttraining kann sie am Olympiastützpunkt machen, zum Rudern muss sie dann auf die Saar. "Da muss das Studium irgendwie drumherum gebastelt werden", erklärt sie. Man müsse flexibel sein, auch mal früher oder später trainieren gehen. "Man muss diszipliniert und organisiert sein. Auch das Lernen muss fest eingeplant werden." Ähnlich wie die beiden Jungs hat auch sie eine Auszeit genommen, zwei Semester hat sie nur dem Sport gewidmet. "Ich wollte unbedingt nach London, ich wollte die Chance ergreifen", erklärt sie. Von der Uni-Partnerschaft hat die Studentin profitiert. So konnte sie Klausuren nachholen, einen Kurs vorziehen und musste im Gegensatz zu ihren Kommilitonen keinen Lernfortschritt nachweisen.

Jetzt, nach dem Jahr als Vollzeit-Sportlerin, freut sie sich wieder aufs Studium. Auch ihr sind die Nachteile bewusst: "Mein Studium wird sich auf jeden Fall verlängern. Teilweise ist es einfach nicht möglich, beides miteinander zu vereinbaren." Aber die 25-Jährige, die im sechsten Semester studiert, sieht das entspannt: "Mein Leben ist noch lang genug".

"Ich würde mein Leben nicht tauschen wollen, ich fühle mich sehr wohl als Sportler."

Michael Fuchs, Olympionike

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