Widerstand auf dem Uni-Campus

An der Saar-Uni hängt der Haussegen schief. Auslöser ist das bis 2020 reichende Strukturkonzept des Uni-Präsidiums, das die Etat-Kürzungen des Landes auf die Fakultäten umlegt. Deren Vertreter lehnen es strikt ab. Allerdings aus unterschiedlichen Gründen.

 Das Sparprogramm des Uni-Präsidenten sieht auf dem Saarbrücker Campus Einschnitte und Zusammenlegungen vor. Foto: Uni

Das Sparprogramm des Uni-Präsidenten sieht auf dem Saarbrücker Campus Einschnitte und Zusammenlegungen vor. Foto: Uni

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Saarbrücken. Die saarländischen Hochschulen werden in den kommenden Jahren mit einem um sechs bis sieben Prozent niedrigeren Landeszuschuss auskommen und die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst zum größten Teil allein schultern müssen. Das Präsidium der Saar-Uni rechnet die Einsparungen auf knapp 120 Millionen Euro hoch und hat nun versucht, daraus ein Sparprogramm für die Fakultäten zu entwickeln. Doch deren Vertreter wehren sich heftig.

Der Vorschlag, die Fakultäten der Saar-Uni neu zu strukturieren, komme zur Unzeit, erklärt der Dekan der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, Stephan Weth. Für die Trennung der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften und die Zusammenlegung mit den Geistes- und Humanwissenschaften sieht Weth "keinen vernünftigen Grund". Die Zahlen des Präsidiums hält Weth für "nicht nachvollziehbar und unbrauchbar". Das Konzept sei eine "180-Grad-Wendung" des Präsidiums. Das habe bisher ein Vorgehen nach dem Rasenmäherprinzip, bei dem alle Fakultäten beschnitten werden, abgelehnt. Er befürchtet, dass es sich bei dem Papier des Präsidenten eher um "eine versteckte Kampfansage, nicht nur nach außen, sondern auch nach innen" handele.

Sparen bei Lehrerausbildung

Die Medizinische Fakultät soll etwa fünf Prozent des bisherigen Etats von 26,5 Millionen Euro einsparen. Die Untergrenze, um im Saarland Mediziner auszubilden, sei jedoch bereits erreicht, erklärte Dekan Michael Menger (wir haben berichtet). "Völlig überrascht" vom Konzept des Unipräsidiums wurden dagegen die Vertreter der drei Philosophischen Fakultäten der Saar-Uni, erklärt der Dekan der Fakultät für Geschichts- und Kulturwissenschaft, Peter Riemer. An der Arbeitsgruppe zur Lehrerbildung sei kein Vertreter der Philosophischen Fakultäten beteiligt gewesen, so die Dekane. Nun habe man nur zwei Wochen Zeit, um über die Vorschläge des Unipräsidiums zu diskutieren, sagt der Dekan der Fakultät für Empirische Humanwissenschaften, Roland Brünken. Das sei zu wenig, erklärt der Studiendekan der Philosophischen Fakultät I, Heinrich Schlange-Schöningen. Dass nun vor allem an der Lehrerbildung gespart werden solle, bezeichnet der Dekan der Philosophischen Fakultät II, Ralf Bogner, als "unverantwortlich". Den Schaden angerichtet habe jedoch nicht das Präsidium, sondern die Landesregierung, die weder hinter ihrer Uni, noch hinter dem von ihr beauftragten Gutachten des Wissenschaftsrats stehe, erklärt Bogner. "Ich hätte mir gewünscht, dass das Land klare Entscheidungen fällt und für diese auch einsteht."

"Mit großer Entschiedenheit lehnen wir die übermäßige Belastung der philosophischen Fakultäten und die nahezu vollständige Ausnahme anderer Bereiche, wie der Medizin, ab", so Brünken. Scharfe Kritik üben die Philosophischen Fakultäten an den Umstrukturierungsplänen und der Reduzierung von bisher acht auf fünf Fakultäten . Eine Verteilung der Linguistik auf zwei Fakultäten sei "kontraproduktiv und zerstörerisch", eine Zusammenlegung der Geistes- und Rechtswissenschaft zu einer "Europafakultät" geradezu "lächerlich", erklärt Bogner. Stattdessen schlagen die Dekane der Philosophischen Fakultäten vor, alle geistes-, kultur- und sprachwissenschaftlichen Fächer zusammenzulegen. "Das wäre ein sinnvolles, am Thema Europa orientiertes Konzept", erklärt Riemer. Ohne die Fächer Theologie, Kunstgeschichte und Musikwissenschaft bleibe "ohnehin nur ein Torso, der mit dem Thema Europa nicht mehr viel zu tun hat", erklärt Wolfgang Kraus, Professor für Evangelische Theologie. Sein Fach ist weniger von Streichungen bedroht, denn die Kirchen haben sich die Existenz der Theologien vertraglich vom Land garantieren lassen.

Den Vorschlag des Unipräsidiums, die Kunstgeschichte an die Hochschule der Bildenden Künste (HBK) zu verlagern, nimmt Andreas Bayer, Sprecher der HBK, mit "einigem Erstaunen" zur Kenntnis. Das könne die Hochschule finanziell nicht leisten, und für das Land wäre dies zudem ein Nullsummenspiel, so Bayer.

Markus Bläser, Dekan der Fakultät 6 (Mathematik und Informatik ), malt die Zukunft der Uni in düsteren Farben. "Das eigentliche Problem liegt darin, dass sie jetzt schon unterfinanziert ist." Bläser bewertet die zusätzlichen Kürzungen, die nach den neuen Vorschlägen des Uni-Präsidiums vor allem der Mathematik drohen, als dramatisch. Sie würden erhebliche Konsequenzen für die Informatik nach sich ziehen. Und die sei für die Uni nicht nur als wissenschaftliches Aushängeschild von Bedeutung. Für jeden Euro, den das Land in die Informatik investierte, bringe das Fach 3,70 Euro an Drittmitteln ins Saarland. "Bei uns sitzen viele gute Leute", so Bläser, "die nicht wissen, was auf sie zukommt. Und irgendwann sind die dann weg."

Die Vertreter der Landesregierung, so Christian Wagner , Dekan der Fakultät 7 (Physik und Mechatronik) hätten mutmaßlich noch nicht verstanden, was die bis 2020 reichenden Haushaltsvorgaben für die Saar-Uni bedeuteten. Die Hochschule müsse geschlossen dagegen auftreten. Klar sei, dass eine Umwandlung der Saar-Uni in eine Technische Hochschule nicht zur Debatte stehe. Seine Fakultät habe in der vergangenen Diskussion zähneknirschend dem Sparprogramm des Unipräsidiums zugestimmt. Weitere Kürzungen lehne sie jetzt ab. Seine Fakultät fordere, den Uni-Haushalt auf Basis des Jahres 2013 einzufrieren und darüber hinaus eine volle Übernahme der Tariferhöhungen an der Uni durch das Land.

Fächer bereits am Limit

Volkhard Helms, Dekan der Fakultät 8 (Chemie, Pharmazie, Bio- und Werkstoffwissenschaften), hält vor allem einen Aspekt im Spar-Papier der Uni für illusorisch. Er sieht vor, den Fakultäten eine Mitsprache bei Einsparungen in ihrem Bereich zu übertragen. "Ihr bekommt diesen Betrag weniger und einigt euch auf die Kürzungen? So etwas wird nicht funktionieren." Zwei Fachrichtungen seiner Fakultät seien bereits am Ende ihrer Sparmöglichkeiten. Am meisten Sorge hat Helms, dass viele Abiturienten von der aktuellen Debatte abgeschreckt werden und dem Saarland den Rücken kehren.

Der Uni-Senat hat indes mit Befremden auf das Sparprogramm der Lenkungsgruppe, bestehend aus Vertretern der Hochschulen und der Landesregierung, reagiert. Darin würden drastische Einsparungen gefordert. Gleichzeitig werde aber ein breites Leistungsspektrum von der Uni erwartet. Außerdem würden die Sparvorgaben des Landes bei Weitem nicht eingehalten.

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