NS-Vergangenheit von Uni-Ehrenwürdenträger Wegen NS-Verstrickungen: UdS erforscht alle Ehrentitel

Saarbrücken · In einem Forschungsprojekt will die Universität des Saarlandes auf Wunsch des Senats und Präsidiums alle von ihr vergebenen Ehrentitel zeithistorisch aufarbeiten. Die Laufzeit des von dem Historiker Dr. Rainer Möhler umgesetzten und im März begonnenen Projekts umfasst zwei Jahre.

 Von 1941 bis 1945 war Hermann Mühlenberg Bürgermeister von Hagenau, im von den Nazis annektierten Elass gelegten. Von 1956 bis 1967 war Mühlenberg Bürgermeister in Dudweiler.

Von 1941 bis 1945 war Hermann Mühlenberg Bürgermeister von Hagenau, im von den Nazis annektierten Elass gelegten. Von 1956 bis 1967 war Mühlenberg Bürgermeister in Dudweiler.

Foto: AMHag, fichier des patronymes, Mühlenberg

Zuletzt hatte die Linke Liste Saar gefordert, dem Ex-Bürgermeister von Dudweiler, Hermann Mühlenberg (1904-1987), aufgrund seiner Nazi-Vergangenheit die Ehrenbürgerwürde zu entziehen. SZ-Mitarbeiterin Silvia Buss hatte zuvor im Rahmen einer Artikelserie über die deutsch-französischen Städtepartnerschaften der Saarbrücker Stadtteile Mühlenbergs weitreichende NS-Verstrickungen aufgedeckt. Dazu griff sie unter anderem auf Forschungsergebnisse des Hannoveraner Historikers Schyga zu Mühlenberg zurück. Mühlenberg war seit 1932 NSDAP-Mitglied und bekleidete unter den Nazis mehrere Bürgermeisterämter, darunter von 1941-45 im NS-annektierten Hagenau (Elsass).

Die Uni teilt auf SZ-Anfrage mit, dass man zum jetzigen Zeitpunkt zum Fall Mühlenberg keine „detaillierte Auskunft“ geben könne. Bislang sind drei weitere NS-Fälle bei UdS-Auszeichnungen bekannt: Max Obé und Heinrich Welsch hat der Senat die Ehrenwürde aufgrund beider aktiver Beteiligung an der NS-Diktatur 2018 bzw. 2022 entzogen. Im Fall von Ernst Röchling, einem Neffen des Völklinger Stahlmagnaten Hermann Röchling, hat sich der Senat 60 Jahre, nachdem ihm 1962 die Ehrensenatorwürde verliehen wurde, lediglich „distanziert“. Offiziell begründet worden war dies damit, dass nach dem Ergebnis eines wissenschaftlichen Gutachtens „Ernst Röchling nach heutigen Maßstäben kein Kriegsverbrecher war. Dennoch spielte er als Mitglied der wirtschaftlichen Elite des ‚Dritten Reichs‘ eine gewisse gesellschaftliche Rolle, die einer kritischen Betrachtung bedarf.“ Daher habe sich der Senat dazu entschieden, Röchling die Ehrensenatorwürde „nicht symbolisch-deklaratorisch abzuerkennen“.

Die Linke Liste Saar hatte den Senat der UdS unlängst aufgefordert, Mühlenberg aufgrund der neuen Erkenntnisse zu seiner NS-Vergangenheit umgehend den ihm verliehenen Ehrentitel zu entziehen. Die Universität teilt hingegen mit, es werde „voraussichtlich noch einige Zeit dauern, bis zu einzelnen Personen die zeithistorischen Dokumente so aufgearbeitet sind, dass der Senat der Universität sich mit der Frage beschäftigen kann, ob weitere Personen mit Ehrenwürden als problematisch zu betrachten sind“.

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