Neues Zertifikat macht Lehrkräfte digital fit So will die Saar-Uni künftige Lehrer auf digital gestützten Unterricht vorbereiten

Saarbrücken · Whiteboard, Tablet, Sprachenapp: Ab diesem Wintersemester gibt es an der Universität des Saarlandes für Lehramtsstudierende das neue MoDiSaar-Zertifikat. Damit sollen künftige Lehrerinnen und Lehrer studienbegleitend befähigt werden, bald guten, digital unterstützten Unterricht zu machen.

 Auch im Saarland sollen die Schulen digitaler werden. Damit der digital gestützte Unterricht auch gut ist, hat die Saar-Uni ein dreisemestriges Zusatz-Zertifikat für Lehramtsstudierende gestartet.

Auch im Saarland sollen die Schulen digitaler werden. Damit der digital gestützte Unterricht auch gut ist, hat die Saar-Uni ein dreisemestriges Zusatz-Zertifikat für Lehramtsstudierende gestartet.

Foto: dpa/Patrick Seeger

„Bei Schulpraktika merke ich, dass ich nicht up to date bin“, sagt Jenny Klee, Studentin und Uni-Tutorin für Höhere Mathematik für Ingenieure. „Und ich habe es ja während der Online-Semester gemerkt, dass Onlinelehre teilweise schlecht war, aber gut umsetzbar sein kann, wenn man sich einliest“, fügt Klee an. Jenny Klee ist eine der zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer, die ihren Abschluss an der Saar-Uni machen, und – weil sie mit gestärkten digitalen Kompetenzen vor ihre zukünftigen Klassen treten wollen – nebenbei noch das neue MoDiSaar-Zertifikat oben drauf packen.

MoDiSaar steht für „Modularisierter Lehr-Lern-Baukasten zum Aufbau digitalisierungsbezogener Kompetenzen im saarländischen Lehramtsstudium“. Auch Phoebe Reade, die Englisch und Spanisch auf Lehramt studiert, strebt das studienbegleitende Zertifikat an. „Digitale Medien werden in den Schulen eine immer größere Rolle spielen, darauf will ich vorbereitet sein.“ Reade hofft, dass sie auch an Apps, die sie später einmal in ihrem Sprachenunterricht einsetzen kann, und Lernplattformen wie Moodle herangeführt wird.

Zertifikat für digitale Kompetenzen sollte Pflicht sein

Ab diesem Wintersemester gibt es an der Universität des Saarlandes, in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, das neue Zertifikat, mit dem alle Lehramtsstudierenden digitale Kompetenzen für den Schulunterricht erwerben können. Damit werden bis dahin lose Aktivitäten zur Verbesserung der Medienkompetenzen angehender Lehrkräfte über die Fakultäten gebündelt und neue Angebote hinzugefügt. Am Projekt beteiligt sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Informatik, der Bildungstechnologie, der Philosophie, den Fachdidaktiken sowie den Bildungswissenschaften.

 Die Lehramtsstudentinnen Carla Jänicke, Phoebe Reade, Mara Klee und Jenny Klee (v.l.) wollen mit einem neuen Zertifikat der Saar-Uni bessere digitale Kompetenzen für ihre zukünftige Unterrichtsarbeit erwerben.

Die Lehramtsstudentinnen Carla Jänicke, Phoebe Reade, Mara Klee und Jenny Klee (v.l.) wollen mit einem neuen Zertifikat der Saar-Uni bessere digitale Kompetenzen für ihre zukünftige Unterrichtsarbeit erwerben.

Foto: Sophia Schülke

„Das Zertifikat ist ein wichtiger Baustein für eine Zukunft, in der Digitalisierung ja jetzt schon unabdingbar ist“, sagt Projektsprecher Professor Markus Peschel. „Man konnte und kann als Lehrkraft hier das Studium beenden, ohne Veranstaltungen zu Digitalisierung absolviert zu haben. Das Angebot müsste dringend verdauert und sogar verpflichtend sein“, sagt Peschel. Er betont, dass sich das Zertifikat in Form eines zusätzlichen Semesters in die Lehrerausbildung integrieren ließe, so könnte ein Primarstudiengang von derzeit acht Semestern durch das Zertifikat „von heute auf morgen“ ein Semester hoch gesetzt werden.

Die Mechanismen der sozialen Medien verstehen

„Wir müssen Lehrkräfte dazu befähigen, mit technisch digitalen Geräten auch guten digital unterstützten Unterricht zu machen, der auf die Kompetenzen in der digitalen Welt vorbereitet. Und das geht über das Recherchieren und Lesen auf dem Tablet hinaus“, sagt Peschel. Denn Lehrkräfte müssten wissen, wie soziale Medien wie Facebook und Instagram funktionieren, woher digitale Informationen kommen, welche Mechanismen etwa die Inhalte von Aufnahmen manipulieren können und dass die digitale Welt nicht so funktioniert wie die analoge.

Das Zertifikat beleuchtet die Digitalisierung aus unterschiedlichen Perspektiven und umfasst einen Pflicht- und einen Wahlpflichtbereich. Im Basisbereich sollen angehenden Lehrkräften Kenntnisse über und Fertigkeiten im Umgang mit Digitalisierung vermittelt werden – und zwar aus informatischer, bildungstechnologischer und philosophischer Perspektive. Es geht nicht nur um ein grundlegendes informatisches Verständnis sowie digitale Werkzeuge und deren Nutzbarkeit in Schulen, sondern auch um kritische Reflexion über die Auswirkungen von Digitalisierung auf Individuum und Gesellschaft. Im Anwendungsbereich liegt der Fokus dann auf mediendidaktischen Anwendungen für den konkreten Unterricht unterschiedlicher Fächer. Pro Semester stehen für das Zertifikat 15 Plätze zur Verfügung, für den Erwerb der dazu nötigen 24 ECTS wird mit einer Dauer von drei Semestern gerechnet.

Bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt

Damit könnten pro Studienjahr 30 Studierende das Zertifikat beginnen und über drei Jahre an die hundert angehende Lehrkräfte entsprechend ausgebildet werden. „Der Markt für Lehrkräfte wird noch die nächsten zehn Jahre angespannt sein. Die Schulen werden sich um diese Absolventinnen und Absolventen reißen“, sagt Peschel. Von vergleichbaren Zertifikaten wissen die Organisatoren nur an der Uni Regensburg und Instituten aus der Schweiz.

Die Studierenden, die sich schon eingeschrieben haben, seien größtenteils aus den Sekundärstufen, da es für die Primärstufe schon einige Angebote für digitale Kompetenzen gebe. „Viele sind bereits in den abschließenden Jahrgängen“, sagt Projekt-Koordinatorin Luisa Lauer. Etwa drei Studierende standen noch auf der Warteliste, der große Andrang habe weitgehend bedient werden können, so Lauer weiter. Gestartet ist das Projekt, dessen Ergebnis – das Zertifikat – ab diesem Wintersemester eine Laufzeit von drei Jahren hat, am 1. März 2020. Es wird im Rahmen der gemeinsamen „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung mit rund 900 000 Euro gefördert.

„Es bedeutet schon einen zusätzlichen Arbeitsaufwand, aber das Zertifikat lohnt sich und ist ein schlüssiges Gesamtpaket“, findet Carla Jänicke, Studentin auf Lehramt in den Fächern Französisch und Mathematik. „Ich gehe davon aus, dass ich mit dem Zertifikat bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben werde“, sagt Mara Klee, die Lehramt in den Fächern Informatik und Mathematik studiert und sich für die ethischen Aspekte der digitalen Medien interessiert.

Weitere Informationen unter www.uni-saarland.de/einrichtung/zfl/modisaar

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