Unis werden zum Massenbetrieb

Im Sommersemester wird es noch enger werden an den Unis. Der Präsident des Studentenwerkes, Dieter Timmermann, hofft auf zusätzliche Investitionen von Bund und Ländern. Mit ihm sprach SZ-Korrespondent Hagen Strauß.

 Studenten müssen sich im Sommersemester wieder auf überfüllte Hörsäle einstellen. Foto: dpa

Studenten müssen sich im Sommersemester wieder auf überfüllte Hörsäle einstellen. Foto: dpa

Herr Timmermann, das neue Sommersemester steht an. Was erwartet die Studienanfänger?Timmermann: Nun, Studiengänge, die zu 85 Prozent auf das neue Bachelor-Master-System umgestellt sind. Hochschulen und Studentenwerke, die ihren Studierenden gute Bedingungen bieten wollen. Ein Klima des offenen Dialogs, der Neugier und der Kooperation. Und ja, sicher auch wieder überfüllte Hörsäle und Massenbetrieb.

Letzteres klingt nicht gut. Wer bleibt dabei auf der Strecke?

Timmermann: Ich mag nicht schwarz malen. Aber wir wissen längst, dass es gerade Studierende aus Nicht-Akademiker-Familien schwerer haben, sich im Hochschulbetrieb rasch zurecht zu finden. Sie kennen die feinen Unterschiede des akademischen Sprechens und Argumentierens nicht, und sie lassen sich rascher einschüchtern.

Bis 2019 werden ja deutlich mehr Studierende als erwartet an die Hochschulen drängen. Hat die Politik darauf inzwischen richtig reagiert?

Timmermann: Nur zum Teil. Bund und Länder finanzieren über die Hochschulpakte I und II zusätzliche Studienplätze. Allerdings übersteigen die Studienanfängerzahlen die bereitgestellten Plätze bei weitem - daher ist ein weiterer Ausbau zwingend erforderlich. Und die Förderung darf sich nicht nur auf Studienplätze beschränken. Bund und Länder müssen zusätzlich in die soziale Infrastruktur investieren. Wir brauchen allein auf der Basis der Hochschulpakte dringend 25 000 zusätzliche Wohnheimplätze, ebenso Investitionen in die Mensen, die Kinderbetreuung, die studienbegleitende Beratung.

Wird denn die Entwicklung beim Lehrpersonal mit dem Ansturm der Studenten Schritt halten können?

Timmermann: Nein. Wir benötigen deshalb auch kreative Lösungen, wie die Lehre organisiert wird. Der Deutsche Hochschulverband hat ja gerade 7000 zusätzliche Professuren gefordert. Ich könnte mir über mehr Professoren hinaus eine Stärkung des Mittelbaus vorstellen, oder zusätzliche Tutorien.

Was passiert ab 2020?

Timmermann: Inwieweit die Studierendenzahlen zurückgehen werden, ist bislang nicht abschätzbar. Die Politik zielt generell auf eine Erhöhung der Studienanfängerquote und animiert auch Berufstätige zu einem Studium. Die Studierendenzahl wird also auf hohem Niveau bleiben und die Studentenschaft heterogener. Die Hochschulen werden sich darauf einstellen müssen.

Hoffen Sie noch auf Bewegung beim Bafög?

Timmermann: Ja, durchaus. Bundesbildungsministerin Annette Schavan hat ja zugesichert, dass sie im April auf die Länder zugehen und die Möglichkeiten einer weiteren BAföG-Erhöhung diskutieren will. Da muss was drin liegen. Wir brauchen endlich eine regelmäßige Anpassung des BAföG an die steigenden Lebenshaltungskosten und Einkommen der Eltern.

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