Saar-Uni Studieren zwischen Hörsaal und Sporthalle

Saarbrücken · Die Badminton-Spielerin Eva Janssens und der Leichtathlet Velten Schneider meistern den Spagat zwischen Spitzensport und Uni-Alltag.

 Zwei Nachwuchstalente auf dem Weg nach oben: Eva Janssens und Velten Schneider zu Besuch in der Redaktion der Saarbrücker Zeitung.

Zwei Nachwuchstalente auf dem Weg nach oben: Eva Janssens und Velten Schneider zu Besuch in der Redaktion der Saarbrücker Zeitung.

Foto: Oliver Dietze

Ein Studium und eine Karriere im Spitzensport unter einen Hut zu bringen, ist keine einfache Aufgabe. Eva Janssens und Velten Schneider kennen sich mit dieser Doppelbelastung bestens aus. Janssens spielt Badminton beim nordrhein-westfälischen Bundesligisten Union Lüdinghausen, Schneider ist Läufer in der Leichtathletik-Abteilung des VfL Sindelfingen bei Stuttgart. Beide studieren an der Universität des Saarlandes und trainieren am Olympiastützpunkt im Saarbrücker Stadtwald (Infokasten).

Die Gründe, die die beiden Nachwuchssportler ins Saarland geführt haben, sind jedoch verschieden. „Bei mir war es primär der Studienplatz“, sagt Schneider, der in Homburg Humanmedizin studiert. In diesem Studiengang werden die Plätze in einem bundesweiten Auswahlverfahren vergeben. Badminton-Nationalspielerin Janssens kam hierher, da die deutsche Mannschaft am hiesigen Olympiastützpunkt trainiert. Daneben studiert die 22-Jährige Sportwissenschaft in Saarbrücken. Da die Vereine der jungen Spitzensportler in anderen Bundesländern ansässig sind, müssen sie während der Saison häufig pendeln.

Trainingsplan und Tagesabläufe der beiden Athleten sind klar strukturiert. „Ich trainiere jeden Tag zwei Mal für zwei bis drei Stunden“, berichtet Janssens. Für Schneider sind es wöchentlich mindestens neun bis zehn Einheiten à ein bis zwei Stunden. Gemessen an den bisherigen Erfolgen der Nachwuchstalente scheint sich das stramme Pensum auszuzahlen: Janssens wurde 2016 Jugendeuropameisterin im gemischten Doppel, der erst 19-jährige Schneider qualifizierte sich im vergangenen Jahr für die U20-Weltmeisterschaft im 3000-Meter-Hindernislauf.

Wenig überraschend, dass da das Studium mitunter zurückstecken muss. „Ich kann meistens nur zwischen zwölf und 16 Uhr Kurse besuchen“, sagt Janssens. Das sei vor allem deshalb problematisch, da in der Sportwissenschaft für die meisten Veranstaltungen Anwesenheitspflicht bestehe. „Während des Semesters ist es schon oft schwierig“, bestätigt Velten Schneider. „Ich musste lernen, dass das Training nicht vorbei ist, wenn man aus der Dusche kommt.“ Die Regenerationsphase „habe ich in letzter Zeit meistens in der Bibliothek verbracht“, sagt der angehende Mediziner. „Manchmal bin ich einfach zu kaputt zum Lernen“, sagt auch Janssens. „Im Zweifel muss man dann Klausuren schieben.“

Die meisten Lehrkräfte hätten Verständnis für ihre Situation, berichtet das Badminton-Talent. „Wir haben natürlich viele Dozenten, die den Sport fördern.“ Wenn wichtige Sportveranstaltungen dazwischenkommen könne sie teilweise Klausuren später schreiben. „Und wenn ich mehr als die erlaubten zwei Fehltermine habe, kann ich das bei vielen Dozenten beispielsweise mit einer zusätzlichen Hausarbeit ausgleichen.“ Für Medizinstudent Schneider gestaltet sich das häufig etwas schwieriger. Die Uni sei durchaus gewillt, ihm entgegenzukommen. Da das Studium nach den strikten Reglementierungen des Staatsexamens absolviert werden und bundesweiten Vorgaben folgen müsse, sei der Spielraum aber begrenzt. „Ein Medizinstudium ist eigentlich nicht dazu gemacht, nebenbei Spitzensport zu treiben“, lacht der 19-Jährige.

In den meisten Fällen ist Tim Meyer, Professor für Sport und Präventivmedizin an der Saar-Uni und Mannschaftsarzt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, der wichtigste Ansprechpartner für die Sportler, sagt Schneider. „Er ist das Bindeglied zwischen Universität und Sportlern.“ Seine Hauptaufgabe bestehe darin, bei Dozenten Verständnis für die Situation der Sportler zu wecken, erklärt Meyer.  „Wir wollen den Standort für Spitzensportler attraktiv halten.“ Die Uni versuche, Sportlern die Möglichkeit zu geben, Klausuren zu verschieben und Fehltermine in späteren Semestern nachzuholen. Die Zugeständnisse dürften dabei aber ein gesundes Maß nicht überschreiten. „Andere Studierende dürfen das natürlich nicht als ungerecht empfinden“, so Meyer.

Letztlich liege die Verantwortung, die diese Kombination aus akademischer und sportlicher Karriere mit sich bringe, bei ihnen selbst, berichten die Studenten. „Wenn man so etwas machen will, muss man sich selbst darum kümmern“, sagt Schneider. Eva Janssens pflichtet ihm bei: „Wir müssen selbst auf die Dozenten zugehen, um das organisiert zu bekommen – da muss man sehr diszipliniert sein.“

Trotz aller Widrigkeiten legen die beiden Nachwuchstalente großen Wert aufs Studium. „Es gibt mir einfach Freiheit, ein zweites Standbein zu haben“, sagt Schneider. „Meine Trainer haben natürlich nur Badminton im Kopf“, berichtet Janssens. „Denen wäre es lieber, wenn ich gar nicht studieren und mich ganz auf den Sport konzentrieren würde.“ Doch der Abschluss ist ihr wichtig: „Es könnte ja passieren, dass ich mich verletze und nicht mehr spielen kann.“

Das nächste Ziel der beiden ist die Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen 2024 in Paris. Auch für die Zeit nach der sportlichen Karriere haben sie  Pläne. „Das lässt sich mit meinem Studium natürlich gut verbinden“, so die angehende Sportwissenschaftlerin Janssens. „Vielleicht betreue ich später selbst Sportler und lasse sie an meinen Erfahrungen teilhaben.“ Auch Velten Schneider will dem Sport treu bleiben: „Durch die sportliche Karriere kann ich mir ein Netzwerk an Leuten aufbauen. Das wird sicher eine Inspiration bei der späteren Berufswahl.“ Momentan könne er sich eine Tätigkeit als Orthopäde oder Sportmediziner vorstellen, sagt er. Ob sie später im Saarland bleiben möchten, wissen die beiden Nachwuchstalente noch nicht.

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