Neue Forschungserkenntnisse Mit dieser neuen Methode von Saar-Forschern könnte Corona bald ganz kontaktlos erkannt werden

Saarbrücken · Ist das Virus erst mal im Krankenhaus, kann es sich rasend schnell verbreiten, bevor es überhaupt diagnostiziert ist. Wissenschaftler aus dem Saarland und Berlin forschen gemeinsam an einer Möglichkeit, Atemwegserkrankungen kontaktlos bereits am Eingang zu erkennen. Das könnte vieles verändern.

Prof. Daniel Strauss (links) und Prof. Michael Zemlin demonstrieren die hochspezialisierten optischen Sensoren des Mess-Systems.

Prof. Daniel Strauss (links) und Prof. Michael Zemlin demonstrieren die hochspezialisierten optischen Sensoren des Mess-Systems.

Foto: Marc Müller, UKS

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, Infektionen mit hochansteckenden Virus-Erkrankungen möglichst rasch zu diagnostizieren. Insbesondere für Kliniken. Ein interdisziplinäres Team aus Ärzten und Wissenschaftlern will nun herausfinden, ob es zukünftig möglich sein könnte, infizierte Personen mittels kontaktloser Überwachung bereits am Klinik-Eingang zu identifizieren. Auch die Erforschung der Sicherheit und Akzeptanz solcher Systeme steht im Fokus.

„Ziel ist es, ein Monitoring-System zu entwickeln, das mit kontaktlosen Messverfahren über optische und akustische Sensoren mögliche infektiöse Atemwegserkrankungen bei Besuchern, Personal und Patienten diagnostizieren kann, während sie die Klinik betreten“, erklärt Professor Daniel Strauss von der Medizinischen Fakultät, der das Verbundprojekt von Seiten der Universität des Saarlandes wissenschaftlich begleitet. Doch wie könnte ein solches Screening zur Erkennung von Atemwegserkrankungen funktionieren?

„Für unsere Studie wollen wir im Ambulanzbereich zweier Uni-Kliniken ein kontaktloses ‚Portalsystem‘ aufbauen, das Parameter wie Herzrate, Lidschlag, Hauteigenschaften oder Augenrötung, aber auch Mimik, Gestik sowie Stimm- und Atemgeräusche von freiwilligen Studienteilnehmern mit oder ohne Atemwegsinfektion aufzeichnet“, erläutert Projekt-Koordinator Professor Michael Zemlin, Direktor der Homburger Kinderklinik. Er will eines der beiden audio- und videobasierten Systeme in der Ambulanz seiner Klinik installieren lassen; das zweite soll in der Ambulanz der Klinik für Innere Medizin V – Pneumologie, Allergologie, Beatmungs- und Umweltmedizin aufgebaut werden.

Geplant ist, möglichst mehrere hundert Studienteilnehmer mithilfe eines gestuften Konzepts zu screenen: Dabei sollen neben den kontaktlos aufgezeichneten Daten weitere Parameter erfasst werden – beispielsweise Körpertemperatur und Blutdruck; zudem werden Blut- und Speichelproben der Probanden laborchemisch, virologisch und mikrobiologisch untersucht und die Ergebnisse mit den kontaktlos ermittelten Daten – anonymisiert – zusammengeführt. „Wir hoffen, eine umfangreiche Datenbank zu physiologischen Veränderungen durch Infektionskrankheiten aufzubauen und daraus – mit Methoden der Künstlichen Intelligenz – ein funktionierendes Screening entwickeln zu können“, sagt Strauss.

Perspektivisch könnte eine derartige medizinische Monitoring-Technologie den künftigen Umgang mit Pandemien verändern, denn das Screening für Infektionen könnte ähnlich durchgeführt werden wie das Sicherheitsscreening am Flughafen. Dabei wäre die Technologie auch in Bahnhöfen, Einkaufszentren oder bei Großveranstaltungen einsetzbar. Die sich ergebenden ethisch-rechtlichen Fragen sollen auch in dem Projekt behandelt werden.

Partner im Verbundprojekt „Integrierte neurotechnologische Architektur zum kontaktlosen Screening von virusbedingten Atemwegserkrankungen (VI-Screen)“ sind das Universitätsklinikum des Saarlandes, die Universität des Saarlandes und die Technische Universität Berlin. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 1,9 Millionen Euro gefördert.

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