Überraschendes Ergebnis Homburger Forschung zu Killerzellen liefert neue Ansätze für Krebsimmuntherapie

Homburg · Bislang nahm man an, dass körpereigene Killerzellen im Alter schwächer werden. Neue Erkenntnisse von Homburger Forscherinnen belegen nun das Gegenteil: Für die Bekämpfung von Krebs könnte das neue Ansätze liefern.

 Dr. Annette Lis (r.) und Dorina Zöphel (l.) erforschen an der Universität des Saarlandes, wie sich die Aktivität von Killerzellen während des Alterungsprozesses verändert. Foto: Oliver Dietze

Dr. Annette Lis (r.) und Dorina Zöphel (l.) erforschen an der Universität des Saarlandes, wie sich die Aktivität von Killerzellen während des Alterungsprozesses verändert. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Die Killerzellen des Immunsystems sind im Alter besser als ihr Ruf: Bislang nahm man an, dass die Fähigkeit von sogenannten T-Zellen, Tumorzellen oder Krankheitserreger zu töten, mit der Zeit schwächer wird. Das Gegenteil ist der Fall. T-Zellen werden im Alter zu stärkeren und effektiveren Killern. Zu diesem überraschenden Ergebnis kamen die Homburger Forscherinnen Dr. Annette Lis und Dorina Zöphel in der Fachzeitschrift „Aging Cell“. Gerade T-Zellen älterer Menschen könnten demnach vielversprechend für die Krebsimmuntherapie sein.

Krebs: Fähigkeit der Killerzellen, Tumorzellen zu töten, wird im Alter besser

Ältere Menschen bekommen häufiger Krebs. Mehr als jeder zweite der rund eine halbe Million Menschen, die laut Schätzungen des Robert-Koch-Instituts jedes Jahr diese Diagnose erhalten, ist über 60. Und wie Corona zeigt, verlaufen auch Virusinfektionen bei Älteren im Schnitt schwerer als bei Jüngeren. Also muss auch ihr Immunsystem schwächer sein. Und mit ihm auch ihre T-Zellen: sogenannte Killerzellen, die hier eine Schlüsselrolle spielen. Sie spüren Krankheitserreger auf und töten diese. Scheinbar schwächeln also auch die T-Zellen – davon ging die Wissenschaft bislang aus.

Forscherinnen der Universität des Saarlandes haben nun herausgefunden: T-Zellen werden im Alter zu ultimativen Killern. „Wir kamen zu dem überraschenden Ergebnis, dass die zelleigene Fähigkeit, Tumorzellen zu töten, im Alter nicht schlechter, sondern im Gegenteil besser wird. Vergleicht man die gleiche Anzahl junger und alter T-Zellen, sind die alten die besseren, effektiveren Killer“, sagt Dr. Annette Lis. Seit Jahren erforscht die Apothekerin in der Arbeitsgruppe von Professor Markus Hoth auf dem Medizin-Campus Homburg, wie sich die Aktivität der Killerzellen beim Altern verändert.

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Krebsimmuntherapie könnte sich für ältere Menschen besonders gut eignen

Ursache dieser unerwarteten Stärke sind die hochwirksamen Waffen, die alte T-Zellen zur Verfügung haben: „Die Produktion der Moleküle Perforin und Granzym ist bei ihnen erhöht: Das Molekül Perforin verursacht kleine Löcher in der Zellmembran der Zielzellen. Das Granzym kann hierdurch in die Zelle eindringen und einen programmierten Zelltod einleiten“, erklärt Molekularbiologin Dorina Zöphel, die als Doktorandin die T-Zellen-Alterung erforscht. Zweiter Vorteil: T-Zellen erinnern sich an Zellen, die sie angegriffen haben: Sie bilden Gedächtniszellen.

Bei jungen KrebspatientInnen entnimmt man solche T-Zellen, trainiert sie in der Petrischale gegen die Tumorzellen, um sie wieder in den Körper einzuschleusen, wo sie Tumorzellen gezielt angreifen.

Die Homburger Ergebnisse legen nahe, dass sich diese Krebsimmuntherapie insbesondere für ältere Menschen gut eignen könnte. „Entgegen der Erwartungen könnte der Einsatz älterer T-Zellen bei der adaptiven Immuntherapie im Alter besonders vielversprechend sein“, so Lis. Warum aber sind alte Menschen nicht besser gegen Krebszellen und Viren geschützt, wenn ihre T-Zellen so stark sind? „Wie die meisten Organe altert auch das Immunsystem kontinuierlich, und es kann dadurch nicht mehr so gut auf neue Krankheitserreger reagieren“, erklärt Lis.

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