Leiser und preiswerter gegen Viren Saarländischer Luftfilter gegen Corona – HTW Saar und Rolfhartge stellen Prototypen für UVC-Filter her

Saarbrücken/Überherrn · Leiser und kostengünstiger als die gebräuchlichen Hepa-Filter: Die HTW Saar und die Rolfhartge GmbH haben einen serienreifen Prototypen für UVC-Luftreiniger gegen Coronaviren entwickelt. Warum die Forscher glauben, dass ihr Filter der Bessere ist und im Herbst auch in saarländischen Schulen unentbehrlich sein wird.

 Die HTW Saar und ihr Industrie-Partner Rolf Hartge GmbH haben in einem Forschungsprojekt einen serienreifen Prototypen für UVC-Filter gegen Corona-Viren entwickelt.

Die HTW Saar und ihr Industrie-Partner Rolf Hartge GmbH haben in einem Forschungsprojekt einen serienreifen Prototypen für UVC-Filter gegen Corona-Viren entwickelt.

Foto: Iris Maria Maurer

Während der Pandemie wurde erst lang um ihren Einsatz in Schulen gestritten, dann Geld locker gemacht, das nicht im vollen Umfang abgerufen wurde, und schließlich kamen die Richtlinien der Förderprogramme in die Kritik: Die Diskussion um Luftfilter an Schulen hat auch im Saarland schon mehrere Haken geschlagen. Die Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (HTW Saar) in Saarbrücken und das Autoveredler-Unternehmen Rolfhartge GmbH in Überherrn wollen der nun ein Kapitel hinzufügen – und zwar das vom leiseren, kostengünstigeren und im Saarland entwickelten UVC-Luftfilter, der mit ultravioletter Strahlung reinigt und die Luft nicht abkühlt. Der Filter wird am Hochschul-Technologie-Zentrum (HTZ) am Innovations Campus Saar angefertigt, dem Sitz von Forschungsgruppen, Instituten und Ausgründungen der HTW.

Auf dem Markt gibt es inzwischen verschiedene Modelle für Luftfilter. Was das Besondere an diesem sei, erklärt Professor Frank Ulrich Rückert vom Fachbereich Fluidenergiemaschinen und Studienleiter Sicherheitsmanagement. „Der Filter ist sehr leise, hat keine Verbrauchsteile, und weil die UV-C-Strahlung Viren abtötet, wird die Luft im Filter desinfiziert, ohne dass sie abgekühlt wird.“ Eine Technik, die nicht neu ist, sondern beispielsweise in OP-Sälen angewendet wird. „Wir haben die Technik so angewandt, dass sie kostengünstig und praktisch nutzbar wird“, sagt Rückert.

Lautstärke des UVC-Filters betrug im Test 41 Dezibel

Unschädlich machen soll der Filter Keime wie Bakterien, Sars-CoV-2-Viren, Grippeviren, Schimmelsporen und Allergene zu mehr als 99 Prozent. „Wir brauchen UVC-Filter, wie wir Heizung und Klimaanlage brauchen, das ist eine Frage der Hygiene“, sagt Rückert. Denn: Je nachdem, wo man ein Fenster öffnet, verändert sich die Luftströmung, zudem sei jedes Zimmer anders. In ersten Tests betrug die Lautstärke des Filters 41 Dezibel, der Grenzwert für Klassenräume beträgt 56 Dezibel.

Im Labor wurden nicht nur Simulationsstudien zu unterschiedlichen Räumen erstellt. Rückert hat auch die Strömungsführung in einem mit Professor Michael Sauer entwickelten und aufgebauten Modellhaus untersucht. „An dem Modellhaus kann untersucht werden, inwieweit die Lüftung durch offene Fenster oder der Einsatz einer Lüftungsanlage die Strömung im Innenraum verändern oder an welcher Position ein Filter besonders viel Wirkung zeigt,“ sagt Rückert. In einem Klassenraum mit 80 Quadratmetern Grundfläche könnten zwei der Luftreiniger die gesamte Raumluft innerhalb von zehn Minuten reinigen. Eine gute Position für die Montierung des Filters sei die Wand, da dort die Hauptströmung verläuft.

Hohe Luftumwälzrate bringt Vorteile gegenüber Hepa-Filtern

„Die hohe Luftumwälzrate von 415 Kubikmeter pro Stunde ist sehr wichtig für Schulklassen“, sagt Geschäftsführer Rolf Hartge. Denn bei diesem Wert werde die höchste Desinfektionsquote erreicht. „Einen so schnellen Luftaustausch kann nur ein UVC-Luftreiniger gewährleisten“, sagt Hartge. Hepa-Filter hingegen, die mitten im Raum stehen, hätten dafür einen zu hohen inneren Gegendruck und saugten Aeorosole vor allem auf Tischhöhe ab. Dabei werde virenbehaftete Luft an Gesunden vorbeigezogen, wodurch mehr Infektionen stattfinden könnten. Hepa-Filter sind Schwebstofffilter, die Staubpartikel, Viren und Bakterien aus der Luft entfernen. „Aber die leichten und gefährlichen, da lungengängigen Aeorosole steigen unter die Decke. Deswegen ist es wichtig, diese Stoffe oben abzusaugen, was bei einem hohen Luftumsatz, den Hepa-Filter nicht leisten können, passiert“, sagt Hartge. Rückert erklärt: „Bei Hepa-Filtern werden die Tropfen der Atemluft abgereinigt. Beim UVC-Filter bleiben diese enthalten, aber der darin enthaltene Virus wird abgetötet.“ Auch deshalb sei der UVC-Filter leiser und energiesparender, zudem brauche es keine Wartung und keinen Luftfilter-Austausch wie bei Hepa-Filtern. In einer Stunde könne mit einem UVC-Filter die Luft zweimal gereinigt werden. „Für einen Raum, der etwa 10 mal sechs mal drei Meter ist, braucht man zwei bis drei Geräte“, führt Hartge aus. Ein Gerät kostet demnach rund 1100 Euro.

Entwickelt wurde der UVC-Filter im Saarland, die Leuchtstoffröhren stammen aus einer Kooperation mit dem niederländischen Leuchttechnik-Hersteller Signify, ehemals Philips Lighting, in dessen Laboren nach Hartges Auskunft auch die Viren-Wirksamkeit von bis zu 99 Prozent nachgewiesen wurde. „Das könnte ein lokales Produkt werden, das wir bauen lassen können, wenn es den öffentlichen Bedarf gibt“, sagt Hartge. Nachdem der serienreife Prototyp entwickelt ist, wird die Realisierung hinsichtlich Produktion und Vertriebsmöglichkeit geprüft. HTW und Rolfhartge tüfteln seit gut anderthalb Jahren an diesem Filter, wobei Rolfhartge bereits vor Jahren mit der Entwicklung von Autoluftfiltern begonnen hat und beispielsweise 2019 auf der internationalen Technologie-Messe in Shanghai für den Aelus-Filter ausgezeichnet wurde.

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