Antworten auf Zukunftsfragen

Saarbrücken · Drei Kandidaten bewerben sich um das Amt des Präsidenten der Saar-Universität. Auf die Hochschule kommen nicht nur wegen des praktisch eingefrorenen Landeszuschusses schwierige Zeiten zu. Die SZ-Hochschulredaktion hat die Bewerber um das höchste Uni-Amt nach ihren Zielen gefragt.

 Der Weg ins Präsidialbüro der Saar-Uni ist lang und steil. Drei Bewerber befinden sich nun auf der Zielgeraden.

Der Weg ins Präsidialbüro der Saar-Uni ist lang und steil. Drei Bewerber befinden sich nun auf der Zielgeraden.

Foto: Maurer

Wer wird der nächste Präsident der Saar-Uni? Noch nie war diese Frage so spannend wie in diesem Jahr. Bei der Abstimmung in zwei Wochen stehen drei Kandidaten zur Wahl. Professor Dirk Bähre ist Dekan der Naturwissenschaftlich-Technischen Fakultät III, Professor Uwe Hartmann amtierender Vizepräsident der Hochschule. Der dritte Bewerber, Professor Ludwig Neyses, ist Vizepräsident der Universität Luxemburg. Gewählt wird in zwei Durchgängen von Senat und Universitätsrat am 29. Juni und am 4. Juli. Auf den nächsten Uni-Präsidenten, der sein Amt im Februar antritt, kommt viel Arbeit zu. Wie schätzen die drei Bewerber die Lage ein?

Der Wissenschaftsrat hat 2013 in seinem Hochschul-Gutachten erklärt, dass das Saarland angesichts des eingefrorenen Hochschulhaushalts "zukünftig keine umfassende akademische Grundversorgung" mehr bieten könne. Wo soll die Uni sparen?

Dirk Bähre: Da wir die einzige Universität im Saarland sind, sehe ich es als unsere Aufgabe, eine bestmögliche Grundversorgung zu bieten. Das Gutachten des Wissenschaftsrates hat uns eine erste Bewertung von außen gegeben. Mittlerweile sind die Analysen und Planungen deutlich fortgeschritten. Die Universität hat einen Sparplan erarbeitet, der die Vorgaben des Landeshaushalts erfüllt und gleichzeitig eine angemessene Breite von Studium und Forschung erhält. Die größte Herausforderung hierbei liegt in den nächsten Jahren in der Umsetzung des Plans unter Erhalt der Leistungsfähigkeit. Aus meiner Sicht müssen zusätzliche Einsparungen und die Schließung von Bereichen unbedingt vermieden werden. Die Universität muss sich darauf konzentrieren, sowohl als Forschungsstandort wie auch als Studienort weiterhin attraktiv zu sein.

Uwe Hartmann: Die Diskussion zum Fächerspektrum ist derzeit abgeschlossen. Die Anzahl der Studienplätze soll auch in den nächsten Jahren in etwa beibehalten werden. Von besonderer Wichtigkeit sind für die Universität die wissenschaftlichen Schwerpunkte und die studierendenstarken Fächer. Eine akademische Grundversorgung muss jedoch nicht ausschließlich durch die Universität des Saarlandes sichergestellt werden, sondern vielmehr in einem starken Verbund sich abstimmender Universitäten in der Region und Großregion. Einen solchen Verbund stellt die Universität der Großregion dar, deren Angebote im Bereich der Lehre stetig weiter abgestimmt werden sollten.

Ludwig Neyses: Die UdS ist Spitze in der Einwerbung von Bundes- und europäischen Mitteln. Die kluge Strategie des ‚Chancen nutzen; Sparen, wo unumgänglich‘ sollte man fortführen und weiterentwickeln. Dies könnte ich mit meinen internationalen Erfahrungen optimal unterstützen. Ich bin ein Verfechter der Volluniversität, die Menschen mit breitem Horizont bildet, aber auch auf das Berufsleben vorbereitet und interdisziplinär forscht; hier ist die UdS führend. Im Entwicklungsplan hat sich das Land vernünftigerweise gegen den Vorschlag des Wissenschaftsrates entschieden, weite Bereiche der UdS zu schließen und betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Den folgerichtigen, bitteren Kompromiss, in mehreren Bereichen verteilt zu sparen, sollte man nun umsetzen. Der Blick muss auf die Zukunft gerichtet werden.

Die Diskussion um die Zukunft der Uni dreht sich derzeit vor allem um die Zeit bis 2020. Ist das nicht zu kurz gegriffen? Wie soll die Universität 2030 aussehen?

Dirk Bähre: Die starke Fokussierung auf das Jahr 2020 ist deutlich zu kurz gegriffen. Bis dahin müssen zwar die beschlossenen Anpassungen umgesetzt werden, aber auch schon die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft gestellt werden. Wir müssen uns jetzt schon auf den Weg machen, im Jahr 2030 eine attraktive, international aufgeschlossene und vernetzte Universität im Herzen von Europa zu sein, die sowohl exzellenten Forschungsschwerpunkten als auch etwa 20 000 Studierenden eine Heimat bietet. Die Universität des Saarlandes wird 2030 für eine besonders hohe Qualität der Lehre und hervorragende Forschung weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt sein. Sie wird ihrer Rolle als Anziehungspunkt für junge Menschen, als Wirtschafts- und Innovationsmotor und als großem, stabilem Arbeitgeber gerecht werden.

Uwe Hartmann: Selbstverständlich müssen jetzt Weichen gestellt werden für Entwicklungen, die nach 2020 eintreten werden. Gleichzeitig gibt es aber noch große Unsicherheiten die globalen Rahmenbedingungen betreffend. Diese Unsicherheiten umfassen etwa das Abschneiden in der Exzellenzinitiative, einen Einstieg des Bundes in die Hochschulfinanzierung oder auch die Entwicklung der Universität der Großregion. Notwendigerweise muss also jenseits des Jahres 2020 mit einem Planungskorridor gearbeitet werden. Generelle Ziele für das Jahr 2030 müssen in jedem Fall die weitere Profilierung universitärer Bereiche, der Erhalt der Konkurrenzfähigkeit in Forschung und Lehre sowie Spitzenforschung in ausgewählten Bereichen sein.

Ludwig Neyses: Es sollte bald ein überzeugendes Strategiekonzept bis 2030 erstellt werden, welches Lernen/Lehre, Forschung , Verwaltung, Bauplanung u. a. umfasst. Entscheidend ist, dass vorher ein ergebnisoffener Bottom-up-Prozess erfolgt, der alle Mitarbeiter und Studenten sowie die Gremien mit ihren Erfahrungen und Einschätzungen bezüglich zukunftsträchtiger Entwicklungen einbezieht. Ich habe lange internationale Erfahrungen mit diesem Vorgehen. Die Rolle des Präsidenten ist es, in vielen Gesprächen alle Beteiligten einzubinden, andererseits aber auch seine Richtlinienkompetenz wahrzunehmen. Steuerzahler und Land müssen von der Universität überzeugt sein und die langfristige Strategie ideell, kommunikativ und politisch unterstützen sowie sie dann dauerhaft und verlässlich finanzieren.

Studiengebühren sollen nach dem neuen Hochschulgesetz nicht mehr möglich sein. Halten Sie es für richtig, dass diese Möglichkeit gestrichen wird?

Dirk Bähre: Diese Frage kann ich kurz beantworten: Ich bin dafür, dass es in den grundständigen Studiengängen der Universität des Saarlandes keine Studiengebühren gibt.

Uwe Hartmann: Im Hinblick auf Studiengebühren sind bundesweit und im Saarland alle Argumente ausgetauscht worden. Eine erneute Diskussion diesbezüglich erscheint mir nicht zielführend. Da Studiengebühren mittelfristig keine breite Akzeptanz finden werden, führt die Streichung von Möglichkeiten zu ihrer Erhebung zu einem Mehr an planerischer Sicherheit und ist damit konsequent. Allerdings muss noch viel stärker in das politische und gesamtgesellschaftliche Bewusstsein rücken, dass ein Aufrechterhalten der verbreiteten Unterfinanzierung von Universitäten die Zukunftsfähigkeit und Prosperität Deutschlands - und im Hinblick auf unsere Universität diejenige des Saarlandes - faktisch bedroht. Eine auskömmliche, an Kostensteigerungsraten, aber auch an demographischen Entwicklungen orientierte Grundfinanzierung ist also alternativlos.

Ludwig Neyses: Studiengebühren haben in Deutschland zu Recht keine Zustimmung gefunden. Die schädlichen Auswirkungen hoher Gebühren (mehr als 10 000 Euro/Jahr) habe ich in Großbritannien erlebt - nach dem Studium bekamen durch Gebühren und Lebensunterhalt verschuldete Studenten keine weiteren Kredite mehr (zum Beispiel für den Start eines Unternehmens, Haus o. ä.). Geringe Einschreibe- und andere Gebühren hat es allerdings seit Jahrzehnten gegeben, u. a., um die verfasste Studentenschaft zu finanzieren. Klar ist allerdings, dass Land/Bund den Ausfall dauerhaft kompensieren müssen, um die Universitäten nicht zu ruinieren. Das geschieht im Saarland nach meiner Kenntnis bisher auch weitgehend.

Auf dem Campus wird viel über den Hochschulentwicklungsplan des Landes diskutiert. Schränkt das Land die Autonomie der Saar-Uni übermäßig ein?

Dirk Bähre: Es gehört zu den vom Gesetz vorgegebenen Aufgaben, dass Landesregierung und Parlament den Rahmen für die Entwicklung der Hochschulen vorgeben. Die Universität als große Einrichtung des Landes leistet mit ihrem Angebot einen gewichtigen Beitrag zur Entwicklung des Saarlandes und der Region. Hinsichtlich der universitätsinternen Umsetzung plädiere ich für ein weitgehend autonomes Handeln der Universität. Da Land und Universität aufeinander angewiesen sind, bedarf es einer regen Kommunikation und engen Verständigung über Ziele, Erwartungen und deren Ausgestaltung. Nur ein konstruktiver Dialog und eine intensive Kooperation beider Partner kann die Basis für eine nachhaltige, allseitig nutzbringende Entwicklung der Universität des Saarlandes sein.

Uwe Hartmann: Landespolitische und universitätsinterne Vorstellungen zur weiteren Entwicklung der Universität sind nicht immer im Einklang miteinander. Für die einzige Landesuniversität resultiert daraus zwangsläufig ein latenter Versuch der Engführung der Universität durch die Landesregierung. Realpolitisch betrachtet ist dieser Versuch durchaus nachvollziehbar und sogar legitim. In der Konsequenz muss sich die Universität ihre Freiräume und das benötigte Maß an Autonomie durch messbare Erfolge in Forschung und Lehre einerseits und durch argumentative Überzeugung in permanentem Dialog mit der Landesregierung andererseits erarbeiten. Ziel- und Leistungsvereinbarungen, in denen diese Freiräume möglichst klar zu definieren sind, sollten zwingend ausreichende universitäre Experimentierflächen ausweisen.

 Dirk Bähre Foto: UdS

Dirk Bähre Foto: UdS

Foto: UdS
 Uwe Hartmann Foto: UdS

Uwe Hartmann Foto: UdS

Foto: UdS
 Ludwig Neyses Foto: Uni LUX

Ludwig Neyses Foto: Uni LUX

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Ludwig Neyses: Autonomie - die Freiheit, seinen Weg selbst zu gestalten, ist eine zentrale Voraussetzung für Kreativität und Leistung. Das gilt für Individuen, z. B. in der Erziehung, genauso wie für Wirtschaftsunternehmen, Staaten und Universitäten. Es ist daher im ureigensten Interesse der Gesellschaft, den Universitäten hohe Autonomie zu gewähren. Ich habe aber in Großbritannien/den USA auch die Nachteile der maximalen Autonomie der Universitäten erlebt, die zwar hohe Gestaltungsfreiheit besitzen, aber z. B. nur eingeschränkte Arbeitsplatzgarantien bieten. Entscheidend ist der richtige Kompromiss zwischen den Extremen. Mir erscheint der Hochschulentwicklungsplan stark dirigistisch. Er sollte nun aber umgesetzt und parallel die Praxis der gelebten Autonomie im vertrauensvollen Dialog weiterentwickelt werden.

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