Weiterbildungsmöglichkeiten in der Sprachförderung Saar-Professorin: „Die Aussichten für gute Leute in der Sprachförderung sind gut“

Interview | Saarbrücken · In der Sprachförderung herrscht Fachkräftemangel. Wer sich im Saarland in diesem Bereich weiterbilden will, kann das sowohl an der Universität des Saarlandes als auch an der Hochschule für Technik und Wirtschaft tun. Hier stellen wir den Weiterbildungs-Master „Deutsch als Fremd- und Zweitsprache“ der Saar-Uni vor.

 Gut ausgebildete Sprachförderlehrkräfte sind gesucht, auch im Saarland. Hier sollen sie ab September als Landesbedienstete arbeiten.

Gut ausgebildete Sprachförderlehrkräfte sind gesucht, auch im Saarland. Hier sollen sie ab September als Landesbedienstete arbeiten.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Die Sprachförderung im Saarland soll auf neue Füße gestellt werden. Unter anderem setzt man auf eine bessere Qualifizierung der Sprachförderlehrerinnen und -lehrer. Sie sollen ab September als Landesbedienstete arbeiten statt über einen Träger an die Schulen entsandt zu werden. Doch viele müssen sich weiterbilden, um die höheren Anforderungen des Bildungsministeriums zu erfüllen. Das geht unter anderem an der Universität des Saarlandes. Wir haben mit Professorin Stefanie Haberzettl gesprochen, die den Weiterbildungs-Master-Studiengang „Deutsch als Zweit- und Fremdsprache“ (DaZ) leitet.

Sie bilden als Professorin für Sprachwissenschaft auch Lehrkräfte für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache  (DaF/DaZ) aus. An der Hochschule für Technik und Wirtschaft gibt es ebenfalls eine Weiterbildung in diesem Bereich (siehe Info).

HABERZETTL Es gibt „Deutsch als Zweitsprache“ als Hauptfach oder Nebenfach im so genannten „konsekutiven Master“ nach einem germanistischen Bachelor-Abschluss, aber auch einen weiterbildenden Master DaF/DaZ, in den man aufgenommen werden kann, wenn man schon umfangreiche praktische Erfahrung als Lehr-oder Förderkraft in DaF/DaZ gesammelt hat. Ein mehrwöchiges und intensiv begleitetes Praktikum aber gehört in jedem Fall zum Studium dazu.

Wie wird der Studiengang angenommen?

HABERZETTL Zurzeit sind 15 Studierende  15 Studierende im gebührenpflichtigen weiterbildenden Master eingeschrieben, der auf vier Semester angelegt ist und meist berufsbegleitend studiert wird.

Welche Perspektiven haben die  Absolventen?

HABERZETTL Wir müssen die Sprachförderung weiter professionalisieren und brauchen gute Leute. Insofern sind die Aussichten gut. Allerdings entspricht die Bezahlung für DaF/DaZ-Lehrkräftee oft nicht der anspruchsvollen Arbeit und auch die Arbeitsbedingungen sind noch verbesserungswürdig. Oft funktioniert z.B. die Zusammenarbeit zwischen den „normalen“ Lehrkräften der Schülerinnen und Schüler und deren Sprachförderlehrern nicht so gut. Eine systematische Zusammenarbeit wäre in erster Linie wichtig mit Bezug auf die Effektivität der Fördermaßnahmen, aber auch, was die Wertschätzung der Sprachförderkräfte betrifft.

 Stefanie Haberzettl ist Professorin für „Deutsch als Zweitsprache“ an der Saar-Uni.

Stefanie Haberzettl ist Professorin für „Deutsch als Zweitsprache“ an der Saar-Uni.

Foto: Esther Brenner

Gerade wird die Sprachförderung im Saarland neu strukturiert. Die Sprachförderlehrkräfte (rund 180 an allen Schulformen)  sollen ab September nicht mehr über das Paritätische Bildungswerk als Träger an die Schulen entsandt werden, sondern zu Landesbediensteten werden. Perspektivisch in unbefristeten Arbeitsverhältnissen, wie das Bildungsministerium betont… 

HABERZETTL Ich finde es hervorragend, dass die Sprachförderung jetzt zur Chefsache wird und im Bildungsministerium angesiedelt sein soll, denn dort laufen alle Fäden zusammen. So kann man am besten dafür sorgen, dass eine Qualitätskontrolle stattfindet und weitergebildet wird. 

Die Bewerberinnen müssen laut Ausschreibung nicht nur Zusatzqualifikationen im Bereich Sprachförderung nachweisen, sondern auch eine „dreijährige einschlägige Berufserfahrung“ auf dem Gebiet. Damit scheiden viele Master-Absolventen erst mal aus, oder? Wie finden Sie das?

HABERZETTL Fast alle Studierenden, die im DaZ-Weiterbildungs-Master eingeschrieben sind, sind bereits in der Sprachförderung tätig und studieren berufsbegleitend. Sie haben sich rechtzeitig um diese Qualifizierung gekümmert und können das Masterzeugnis beim Ministerium nachreichen. Denn nicht alle können jetzt schon fertig sein. Das Studium dauert zwei Jahre und wurde in dieser Form erst 2019 aufgesetzt. Davor konnte man ein DaZ-Zertifikat erwerben.

Diese Absolventen kommen dann auch alle in Frage bei der Stellenbesetzung ab September 2022…?

HABERZETTL Ich denke schon, denn viele haben ja eine „einschlägige dreijährige Berufserfahrung“, wie sie in der Ausschreibung des Ministeriums gefordert wird. Sie haben zum Beispiel parallel zum Studium im Bereich Sprachförderung gearbeitet, vielleicht in der Nachmittagsbetreuung in Schulen. Das als geeignete Berufspraxis nachzuweisen, wird allerdings nicht immer einfach sein.

 In der Pandemie ist das Thema „Früh Französisch lernen“ ziemlich untergegangen. Kinder im Saarland sollen nicht nur Deutsch lernen, sondern auch noch Französisch ab Klasse 3.  So will es die „Frankreichstrategie“. Ist das nicht utopisch angesichts des Fachkräftemangels und der bereits bestehenden, aufzuholenden Defizite in der deutschen Sprache. Und das nicht nur bei Kindern, deren Erstsprache nicht Deutsch ist. Viele Deutsch-Muttersprachler brauchen ebenfalls Unterstützung…

HABERZETTL  Für manche Kinder kann der Französisch-Unterricht gerade eine Chance sein, Erfolgserlebnisse zu haben, denn alle fangen bei null an. Dem Saarland steht es zudem gut zu Gesicht, Französisch stark zu machen. Man sollte sich aber keine Illusionen darüber machen, wieviel man in wenigen Unterrichtsstunden pro Woche schaffen kann.

Lohnt sich also der Aufwand in der Grundschule oder sollte man mit Französisch doch erst in der Sekundarstufe beginnen?

HABERZETTL Wir wissen aus der Altersfaktor-Forschung in der Fremdsprachendidaktik, dass die Kinder, die später angefangen haben, eine Sprache zu erlernen, die frühen Lerner in relativ kurzer Zeit eingeholt haben. Wenn man die besondere Aufnahmefähigkeit im ganz jungen Alter beim Sprachenlernen ausnutzen will, müsste man tatsächlich einen bilingualen Unterricht anbieten. Das wäre das Ziel.

Wie erfolgreich der Zweitspracherwerb läuft, ist von vielen Faktoren abhängig. Welche Art von Sprachförderung  brauchen Grundschulkinder, was brauchen ältere Schülerinnen und Schüler?

HABERZETTL Alle, die ganz ohne deutsche Sprachkenntnisse kommen, würden zunächst von einem effizienten Intensiv-Kurs profitieren, um in möglichst kurzer Zeit die Kerngrammatik und einen Grundwortschatz zu erlernen. Man darf nicht davon ausgehen, dass das so genannte Sprachbad ausreicht. Wenn die Umstände gut sind, kann das super funktionieren, vor allem bei Grundschulkindern, in deren  Unterricht es meist noch um recht konkrete Dinge geht und viele Wiederholungen in spielerischen Kontexten den Lernprozess fördern. In der Sekundarstufe sind die Unterrichtsgegenstände abstrakter und deshalb für Schülerinnen und Schüler nochmal eine ganz andere Herausforderung. Für Jugendliche ohne Deutschkenntnisse ist es deshalb sehr, sehr schwierig. Kriegen Jugendliche ohne Deutschkenntnisse zu lange nichts vom Unterricht mit und haben sie nicht das Glück, dass eine kompetente Lehrkraft individuell auf sie eingeht, unterstützt und ermutigt, werden sie demotiviert. Ein Teufelskreis…

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