Vorlesungsmarathon an der Saar-Uni Vorträge am laufenden Band

Saarbrücken · Der Vorlesungmarathon an der Saar-Uni ist keine reine Protestaktion mehr. Themen, für die es zu streiten lohnt, gibt es laut Asta dennoch.

 Der Asta der Saar-Universität bereitet sich auf den Vorlesungsmarathon am Mittwoch vor. Dazu stellen Moritz Philipp, Max Meissauer, Kevin Ewen, Hannah Spies, Alexander Schrickel und Maxime Jung (von links) schon mal den Glühwein bereit.

Der Asta der Saar-Universität bereitet sich auf den Vorlesungsmarathon am Mittwoch vor. Dazu stellen Moritz Philipp, Max Meissauer, Kevin Ewen, Hannah Spies, Alexander Schrickel und Maxime Jung (von links) schon mal den Glühwein bereit.

Foto: Iris Maria Maurer

Alle Jahre wieder: Am Mittwoch werden sich in der Aula der Saar-Uni wieder Wissenschaftler aus den verschiedensten Fachbereichen bildlich gesprochen die Klinke in die Hand geben. Beim diesjährigen Vorlesungsmarathon erhalten Besucher Einblicke in die deutsche Sprachgeschichte, erfahren mehr zur Entstehung und Wirkung von Kohlenstoffdioxid oder hören, wie die Hochschule noch diverser werden kann. Ab zehn Uhr startet zu jeder vollen Stunde ein neuer Vortrag.

Ein Thema, das alle Studierenden betrifft, hat Heike Savelkouls-Diener vom Studentenwerk im Gepäck. Gemeinsam mit dem Kulturwissenschaftler Rainer Hartz wird sie um 15 Uhr über die Uni-Mensa sprechen. Der Bau, der seit 1970 steht, wurde von Architekt Walter Schrempf konzipiert und zusammen mit dem Bildhauer Otto Herbert Hajek ausgestattet. Dass das Gebäude samt seinem Mobiliar unter Denkmalschutz steht, dürfte vielen Studierenden, die hier täglich essen, gar nicht bewusst sein. „Wir wollen zum einen auf die Mensa als Gesamtkunstwerk hinweisen, zum anderen aber auch darauf aufmerksam machen, wie schwierig es ist, hier den täglichen Bedarf an 3500 Essen von 5000 Besuchern zu decken. Alte Leitungen, die nicht genügend Energie liefern, 600 einfach verglaste Fenster – als das Gebäude in den 1960er-Jahren konzipiert wurde, hat man sich um Energiebedarf und -effizienz noch kaum Gedanken gemacht“, erklärt Savelkouls-Diener.

Um 20 Uhr wird Journalist und Filmkritiker Wolfgang M. Schmitt die Vortragsreihe beenden. Der Literaturwissenschaftler, der an der Uni Trier promoviert hat, ist vor allem durch seinen Youtube-Kanal „Filmanalyse“ bekannt. Dort wirft er einen ideologiekritischen Blick auf Filme und beleuchtet den gesellschaftlichen Kontext, in dem sie entstanden sind. An der Saar-Uni nimmt er „Die Feuerzangenbowle“ mit Heinz Rühmann auseinander und stellt dabei die Frage „Harmloser Klamauk oder Nazi-Propaganda?“. „Wahrgenommen wird die Komödie aus dem Jahr 1944 meist als harmloser Spaß. Allerdings hatten gerade solche heiteren Filme in dieser Zeit noch eine andere Funktion: Sie sollen ein gutes Gefühl erzeugen und davon ablenken, wie schwierig die politische Lage ist“, erklärt Schmitt. Der nostalgische Blick zurück, der in der Komödie zelebriert werde, habe damit auch eine ideologische Funktion erfüllt. Laut Schmitt war sich Hauptdarsteller Heinz Rühmann dessen auch bewusst. „Rühmann hat es perfekt verstanden, sich dem Nazi-Regime anzudienen und nach Kriegsende dennoch als unbescholtener Bürger zu gelten“, sagt Schmitt.

Ausklingen wird der Abend an der Saar-Uni damit, dass sich alle gemeinsam den Film ansehen und dazu den titelgebenden Rotwein-Punsch genießen, den es der Tradition nach im Advent und an Silvester gibt.

Gegen 23 Uhr wird die Veranstaltung in diesem Jahr zu Ende sein. 2014 ist der Vorlesungsmarathon als Protestaktion des Astas gegen die Sparmaßnahmen an der Uni ins Leben gerufen worden. Mit Vorlesungen über 24 Stunden wollten die Studierendenvertreter Aufmerksamkeit schaffen. Seit 2018 werden die Vorträge nur noch tagsüber gehalten. Gibt es unter den Studierenden keine Themen mehr, für die es lohnt, sich die Nächte um die Ohren zu schlagen? „Natürlich gibt es immer noch viele Anliegen, für die wir streiten“, sagt Asta-Vorsitzender Moritz Philipp. Als Dauerprotest habe sich die Veranstaltung dennoch nicht halten können. Nachdem die Besucherzahlen jährlich niedriger wurden, hätten auch die Dozenten keine Lust mehr gehabt, nachts vorzutragen. „Wir wollen trotzdem am Vorlesungsmarathon festhalten. Es geht ja auch darum, dass Studierende sich Impulse und Anregungen aus den anderen Disziplinen holen können“, erklärt Philipp.

Eines der derzeit brennendsten Themen für die Studierendenvertretung ist laut Philipp der Zukunftsvertrag Lehre und Studium. Ab 2021 werden Bund und Länder dauerhaft jährlich Milliardenbeträge bereitstellen, mit denen Forschung und Lehre gefördert werden sollen. Der Zukunftsvertrag löst den Hochschulpakt ab, der einst vor allem den Bedarf an zusätzlichen Studienplätzen wegen der doppelten Abiturjahrgänge finanzieren sollte und bisher nur befristet Mittel zusicherte. „Wir wollen dafür sorgen, dass die Studierenden wirklich von den zusätzlichen Geldern des Bundes profitieren und damit nicht nur schon längst vom Land beschlossene Projekte finanziert werden“, sagt Philipp.

Zudem will der Asta weiter für mehr Freiheiten im Studium kämpfen: „Die Anwesenheitspflicht gehört endlich abgeschafft. Stattdessen wollen wir darauf drängen, dass es bessere Angebote im Bereich des E-Lernens gibt“, so Philipp. Dazu gehörten etwa Audio- oder Videoaufnahmen der Vorlesungen, die den Studierenden als Podcast zur Verfügung gestellt werden könnten.

Immer noch aktuell sei auch das Thema Verwaltungsgebühren. Das Studierendenparlament hat kürzlich den Antrag gestellt, dass die Universitätsleitung Einsicht in ihre Verwendung geben muss. „Wir wollen Einfluss nehmen, wie das Geld eingesetzt wird“, sagt Philipp.

Derzeit heiß diskutiert werde die Einführung einer sogenannten Zivilklausel an der Saar-Uni. Die besagt, dass sich die Hochschule verpflichtet, nur zu friedlichen und nicht für Rüstungszwecke zu forschen. Die Meinung sei hierüber an der Saar-Uni geteilt, erklärt Philipp. Bei denjenigen, die die Klausel ablehnen, bestehe die Sorge, dass dadurch die Forschungsfreiheit eingeschränkt werde. Zudem wenden Kritiker ein, dass bei der Ausschreibung eines Projektes oft nicht klar sei, zu welchen Zwecken die Forschungsergebnisse letztlich eingesetzt werden. Oftmals würden Unternehmen sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich tätig. „Wir halten die Verpflichtung dennoch für richtig und wollen, dass sich die Uni hier klar positioniert“, so Philipp.

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