Neuer Studiengang Saar-Uni startet Studium zur Quantentechnik

Saarbrücken · Dem Quantencomputer gehört die Zukunft. An der Saar-Universität beginnt nun der erste Studiengang der Ingenieurwissenschaften zu diesem Zukunftsthema.

 Der Experimentalphysiker Jürgen Eschner (rechts) ist der Sprecher des neuen Studiengangs Quantum Engineering an der Saar-Uni.

Der Experimentalphysiker Jürgen Eschner (rechts) ist der Sprecher des neuen Studiengangs Quantum Engineering an der Saar-Uni.

Foto: Uni des Saarlandes/Oliver Dietze

Bisher gilt in der Informatik das sogenannte Moore’sche Gesetz. Nach dieser Faustformel, die auf Gordon Moore, einen der Gründer der Firma Intel zurückgeht, verdoppelt sich die Leistungsfähigkeit von Mikrochips etwa alle 18 Monate. Doch diese Entwicklung steuert auf eine Grenze zu, die von der konventionellen Technik nicht mehr zu überwinden ist. Die Verkleinerung elektrischer Leiterbahnen erreicht demnächst die Grenze des physikalisch Möglichen. Ein neuer Computertyp könnte diese Hürde elegant umgehen: der Quantenrechner. Physiker der Saar-Universität sind bei seiner Entwicklung dabei.

Professor Frank Wilhelm-Mauch koordiniert in Saarbrücken Arbeiten zum Bau eines Computermodells der nächsten Generation. Er heißt OpenSuperQ. Und in wenigen Wochen will die Saarbrücker Hochschule dem wissenschaftlichen Nachwuchs auch ein zu diesem Forschungsthema passendes Angebot in der Lehre unterbreiten. Sie bietet zum Wintersemster das Studium Quantum Engineering an. Der Bachelor-Studiengang an der Schnittstelle zwischen den Ingenieurwissenschaften und der Physik gilt als der erste seiner Art in Deutschland. Zum Wintersemester 2020/21 soll ein Masterstudiengang zum selben Thema starten.

Die Computer der nächsten Generation sollen Effekte der Quantenphysik zur Verarbeitung großer Datenmengen nutzen, erklärt Professor Frank Wilhelm-Mauch. Er wählt als Beispiel eine Rückwärtssuche im Saarbrücker Telefonbuch. „Das hat etwa 100 000 Einträge. Wenn ich zu einer Rufnummer den Namen finden will, brauche ich mit einem klassischen Rechner statistisch etwa 50 000 Vergleiche. Ein Quantencomputer findet den Namen nach etwa 300 Versuchen.“

Das Potential der neuen Technik gilt als riesig, die Zahl der Fachleute auf diesem Forschungsgebiet zwischen Physik und Informatik ist jedoch winzig. „Jetzt werden Quanteningenieure gebraucht, die diese Systeme verstehen. Die wollen wir mit unserem Studiengang Quantum Engineering ausbilden“, erklärt der Experimentalphysiker Jürgen Eschner. Er ist der Sprecher des neuen Studiengangs an der Saar-Universität. Firmen aller Größen suchten derzeit Absolventen, die sowohl in der Quantenphysik als auch in ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen fit sind und sich dieses Wissen nicht unbedingt in einem Doppelstudium angeeignet haben, erklärt Frank Wilhelm-Mauch.

Quantencomputer, die heute im Labormaßstab funktionieren, müssen jedoch zunächst einmal zu industriell nutzbaren Maschinen weiterentwickelt werden. „Das ist eine typische Ingenieurdomäne“, ergänzt Professor Andreas Schütze. Die Saar-Uni wolle mit ihrem neuen Studiengang potenzielle Studenten ansprechen, die sich noch nicht zwischen Natur- und Ingenieurwissenschaften entschieden haben. Bei Quantum Engineering sollen drei zentrale Forschungsthemen vertreten sein: Quantencomputer und -simulation, Quantenkryptographie und -kommunikation sowie Quantensensorik.

Die Saarbrücker Wissenschaftler entwickeln ihren Quantencomputer im Rahmen eines sogenannten EU-Flaggschiffprojekts gemeinsam mit dem Forschungszentrum Jülich. Er soll unter anderem in der theoretischen Chemie, in der Medizin und der Pharmazie zur Simulation molekularer Reaktionen, zum Training von KI-Programmen, zur Optimierung von Netzwerken, aber auch zur Vorhersage von Verkehrsstaus eingesetzt werden. Andere Saarbrücker Forschergruppen untersuchen die Quantenkommunikation. Sie entwickeln Methoden, um Informationen abhörsicher über Glasfaserstrecken zu senden.

Das Forschungsthema ist jung. Die Studenten, so erklärt die Saar-Uni in ihren Informationen zum neuen Studiengang, haben damit früh die Möglichkeit, dabei zu sein, wenn völlig neuartige Technologien entstehen. „Wer gerne bastelt, Quantenphänomene spannend findet und sich für Sensorik, Kommunikation, Lasertechnik, Nanofabrikation und Elektronik interessiert, ist hier richtig“, sagt Eschner.

Im Bachelor-Studiengang ist die Unterrichtssprache Deutsch. Nach dem Bachelor-Abschluss können die künftigen Absolventen entweder im englischsprachigen Masterstudiengang Quantum Engineering oder in Physik, Systems Engineering oder einen anderen ingenieurwissenschaftlichen Masterstudiengang weiterstudieren. Für den Bachelorstudiengang gibt es keine Zulassungsbeschränkung, die Anmeldung ist bis Ende September möglich. Die Fakultät geht zum Start von etwa 30 Einschreibungen aus.

www.uni-saarland.de/
fachrichtung/systems-
engineering/studium/
studiengaenge/quantum-
engineering

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