Saarbrücken Hitzewelle treibt Schlangen in die Stadt

Saarbrücken · Bei heißem Wetter fühlen sich Schlangen wohl – und schlängeln sich dann auch in besiedeltes Gebiet. Ein Experte aber gibt Entwarnung: nicht giftig!

 Charakteristisch für die harmlose einheimische Ringelnatter ist der weiße bis gelbe „Mond“ mit schwarzer Einfassung hinter dem Kopf.

Charakteristisch für die harmlose einheimische Ringelnatter ist der weiße bis gelbe „Mond“ mit schwarzer Einfassung hinter dem Kopf.

Foto: BeckerBredel

Das anhaltend warme Wetter läßt uns kräftig schwitzen. Während wir stöhnen, freut sich eine andere Spezies, der es nicht warm genug sein kann: die Reptilien. Für die Schlangen im Saarland ist die Hitzewelle „Kaiserwetter“. Das bestätigt Stephan Müller (41), Fachberater für exotische Tiere bei der Saarbrücker Berufsfeuerwehr. „Die Populationen der einheimischen Schlangen wachsen. Die milden Winter und die hochsommerlichen Temperaturen sorgen für Zuwachs bei den vier einheimischen Schlangenarten“, so Müller. Und ablesen kann er das an den Einsatzzahlen, denn die meisten Menschen können einheimische Schlangen nicht bestimmen und rufen sofort Polizei und Feuerwehr, wenn sich ein Tier ans oder gar ins Haus verirrt. Mehr als 100 Mal im Jahr allein in Saarbrücken. „Wir haben es dabei fast immer mit Ringelnattern zu tun. Die können bis fast zwei Meter lang werden, leben im Umfeld von Feuchtzonen und sind inzwischen bis in die Saarbrücker Innenstadt verbreitet. Gartenteiche und Fließgewässer sind Lebensraum der Tiere, die sich von Fröschen, Mäusen oder Lurchen ernähren und ausgezeichnet schwimmen können.“

Aus dem ganzen Saarland landen Meldungen über Schlangensichtungen bei Müller, fast immer kann er die Tiere über ein Handyfoto sicher bestimmen. „Im Saarland leben überwiegend Ringelnattern, ganz selten Schlingnattern, Glattnattern und Würfelnattern. Alle vier Arten sind ungiftig und harmlos. Die leicht giftige Kreuzotter ist im Saarland nicht nachgewiesen. Ich habe noch nie eine Kreuzotter gesehen oder auf Fotos erkannt“, so Müller. Alle einheimischen Schlangen seien außerdem streng geschützt. Wer eine findet, solle versuchen, das Tier mit einem Besen langsam in einen Karton zu schieben und im Wald auszusetzen. Wer sich fürchte, könne die Feuerwehr informieren. Keinesfalls solle und dürfe man die Tiere erschlagen.

Neben den einheimischen Reptilien gebe es auch Terrarien-Ausbrecher. „Auch hier ist mir noch nie eine giftige Art untergekommen“, sagt Müller. Ausgeschlossen sei das aber nicht. Terrarien-Tiere könnten den Sommer über problemlos bei uns überleben. Immer wieder würden Kornnattern oder Würgeschlagen entdeckt, die Müller dann einfängt und zuhause hält, bis er sie vermitteln kann. Auch für Vogelspinnen und Echsen ist Müller zuständig. Zwei Bartagamen hat er zuhause – eine wurde in Ensdorf gefangen, die andere begegnete einer Kehrmaschine in der Saarbrücker Innenstadt.

Müller hat seine Sachkunde von „Gefahrtierschulungen“, die in München angeboten werden. In Europas größter Auffangstation lernte er sogar Krokodile und Kaimane zu fangen. Alle zwei Jahre wird er dort fortgebildet. Für das Saarland wünscht er sich einen Sachkundenachweis für Halter giftiger Tiere. Anders als in anderen Bundesländern sei es im Saarland gesetzlich nicht geregelt, giftige Spinnen oder Schlangen zu kaufen und zu halten. „Alle Experten sind sich einig, dass man vor dem Kauf giftiger Tiere einen Lehrgang besuchen sollte“, so Müller. Den schreibe das Saarland leider nicht vor. Und so sei die Gifttierdichte im Saarland enorm. Nach Wohnungsdurchsuchungen, -bränden oder Sterbefällen würden immer wieder Exoten auftauchen. Und die landen dann wieder bei Stephan Müller.

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