Hermann Röchling spaltet Völklingen

Völklingen. Rund 1300 Menschen leben derzeit in dem Völklinger Stadtteil Hermann-Röchling-Höhe. Dieser ist seit 1956 nach dem Industriellen Hermann Röchling (1872 bis 1955) benannt. Doch das könnte sich jetzt ändern. Bei einer Stadtratssitzung am Donnerstag, 14

Völklingen. Rund 1300 Menschen leben derzeit in dem Völklinger Stadtteil Hermann-Röchling-Höhe. Dieser ist seit 1956 nach dem Industriellen Hermann Röchling (1872 bis 1955) benannt. Doch das könnte sich jetzt ändern. Bei einer Stadtratssitzung am Donnerstag, 14. Juni (ab 17 Uhr, Kulturhalle Wehrden), stehen Vorstöße von SPD und Linken zur Debatte, "Hermann Röchling" ganz aus dem Namen zu streichen. Und anschließend womöglich den Bürgern die Entscheidung zu überlassen, wie der Stadtteil künftig genannt wird: zum Beispiel "Völklinger Höhe", "Auf der Höhe" oder auch wieder "Bouser Höhe", wie die Arbeitersiedlung bei ihrer Gründung 1937 hieß.Der Stadtrat muss mit großem Publikumsandrang und eventuell auch lautstarken Protesten rechnen. Denn das Vorhaben hat viele Anwohner und auch frühere Anwohner auf die Palme gebracht. Eine erst an Fronleichnam ins Leben gerufene Bürgerinitiative für den bisherigen Namen hat nach Angaben von Sprecher Achim Naumann bereits bis Sonntagabend rund 500 Unterschriften gesammelt. "Wir wollen nicht, dass über unsere Köpfe hinweg entschieden wird", bringt Naumann die Empörung auf den Punkt. Und, so sagt es Sprecher Karl-Ludwig Ströher, "Hermann-Röchling-Höhe" sei "inzwischen Kult".

Gestern war noch offen, ob SPD und Linke (zusammen 23 Sitze) am Donnerstag eine Mehrheit im 51-köpfigen Stadtrat organisieren können. Die drei FDP-Ratsmitglieder, die den Ausschlag geben könnten, wollten bisher zumindest den Namen "Röchling-Höhe" (ohne "Hermann") beibehalten. Die Verdienste der Familie an sich um Völklingen, so Fraktionschefin Denise Baldauf, würden auch vom gegenwärtigen Streit um eine Person nicht berührt. CDU-Stadtratsfraktionschef Stefan Rabel bekräftigte gestern, die CDU werde im Stadtrat keine Entscheidung treffen, ohne dass zuvor die Bürger befragt worden seien.

Oberbürgermeister Klaus Lorig (CDU) hat sich bisher noch nicht öffentlich zum aktuellen Namensstreit geäußert. Lorig, selbst Anwohner des Stadtteils, hatte 1987 persönlich als Herausgeber der damaligen Jubiläums-Festschrift "50 Jahre Hermann-Röchling-Höhe" fungiert.

1956 hatte der Stadtrat die damalige Bouser Höhe umbenannt, um damit Hermann Röchling als Gründer des Stadtteils und fürsorglichen Firmenchef zu ehren. Offenkundig von Sympathie bestimmt ist bis heute das Meinungsbild bei vielen Anwohnern. Unter denen auch noch einige der seinerzeit elf Patenkinder Hermann Röchlings aus Arbeiterfamilien leben.

Seit Januar 2010 machte eine Bürgerinitiative in Völklingen unermüdlich auf die Schattenseite Hermann Röchlings aufmerksam. Er war, wie Historiker bestätigen, als Wirtschaftsführer eng mit dem Naziregime verbunden, profitierte von Zwangsarbeit unter menschenverachtenden Umständen in seinen Betrieben und wurde 1949 als Kriegsverbrecher zu zehn Jahren Haft verurteilt.

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