Helmut Kohl kam zwei Mal

Der berühmteste Besucher des St. Nikolauser Weihers? Das war wohl Helmut Kohl, der hier sowohl als verliebter Jüngling als auch als Bundeskanzler wandelte. Da der Staatsmann aus der Pfalz seine Warndt-Erlebnisse allerdings nicht für wert befand, in Memoiren gewürdigt zu werden, kommt er als Fürsprecher dieses Naherholungsgewässers vorerst nicht in Betracht

Der berühmteste Besucher des St. Nikolauser Weihers? Das war wohl Helmut Kohl, der hier sowohl als verliebter Jüngling als auch als Bundeskanzler wandelte. Da der Staatsmann aus der Pfalz seine Warndt-Erlebnisse allerdings nicht für wert befand, in Memoiren gewürdigt zu werden, kommt er als Fürsprecher dieses Naherholungsgewässers vorerst nicht in Betracht. Dabei hat dieser Weiher ein Kapitel in den Büchern zur Heimatgeschichte verdient, zählte er doch bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu den touristischen Nah- und Mittelzielen. Christel Zieder, 77, deren Vorfahren ab 1740 die Mühle am Weiher betrieben und die bis heute im ehemaligen Mühlenhaus lebt, erinnert sich an Kindheitstage voll aufregender Erlebnisse mit Sommerfrischlern. Die meist vermögenden Familien reisten perfekt gestylt mit Cabriolimousinen an und blieben oft Wochen. Für manche Familie im Ort war die Unterbringung und Beköstigung dieser Touristen ein willkommenes Zubrot. Das Dorf lebte sonst von der Landwirtschaft. Um Platz für die Urlauber zu schaffen, räumten die Gastgeber vorübergehend eigene Zimmer und rückten in weniger ansehnlichen Stuben zusammen. Das Gewässer bot den Gästen landschaftliche Beschaulichkeit einen Steinwurf weg von den industriellen Zentren. Der Nikolausweiher war immer, was für Familien mit Kindern von Bedeutung ist, ein gutmütiger See ohne tückische Strömungen. Auch hier verloren Schwimmer und tollkühne Kopfspringer (mehr aber noch unvorsichtige Eisgänger) ihr Leben, aber diese Schicksale waren nicht einem bösen Wasser anzulasten. Beliebt war auch das Angeln, das gegen Gebühr erlaubt wurde. Alle zwei Jahre wurde der Weiher abgelassen und von Schlamm befreit, der Restbestand abgefischt und neuer Besatz eingebracht. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte der Nikolausweiher seine volle Blüte als Ausflugsort. Christel Zieder erinnert sich, dass bis zu 4000 Tagesgäste gezählt wurden. Im "Blockhaus", von der Familie gebaut und bewirtschaftet, schaffte man sich gar eine teure Eismaschine an, um die Nachfrage nach kühlen Erfrischungen bedienen zu können. "Rostwürste waren noch nicht modern, aber Schinkenbrote und Kuchen haben sie gemacht." Der Verkauf von Bier war direkt am See nicht gestattet; der Ausschank blieb den Wirtschaften im Dorf vorbehalten, so dass auch sie von dem Ausflugsgeschäft profitierten. Es wurde auf den Wiesen in der Nähe sogar gezeltet. Das Ganze war, wohl gemerkt, kein nachhaltiger Boom. Als der Bergbau seine Blütezeit erlebte, also ab den späten 50er und 60er Jahren, und dem Nikolausweiher im wahren Wortsinn das Wasser abgrub, hielt sich das Wehklagen in Grenzen. Denn die Kohleförderung versprach ungleich mehr Arbeit und Wohlstand für alle. Dagegen konnte ein Gewässser mit gerade einmal 800 Metern Umfang nicht ankommen. Heute ist die Zukunft des Sees ungewisser denn je, zumal die "Belieferung" mit Wasser aus der Kläranlage Karlsbrunn eingestellt werden soll. Schlimmstenfalls wird aus dem See dann Wald. Quer- und Vorausdenker könnten sich aber auch vorstellen, nach Entschlammung und Entgiftung wieder einen schönen Badeweiher wie früher herzurichten. Der wäre womöglich ungleich anziehender und preiswerter als ein kommunales Schwimmbad. An den Zieders, denen Gewässer und Ufer gehören, soll es nicht liegen. "Rostwurst gab es keine, aber Schinkenbrote"Christel Zieder

HintergrundDer St. Nikolausweiher wurde künstlich angelegt, und zwar von Mönchen des Benediktinerklosters, das im 14. Jahrhundert in der Nähe der Pilger-Kapelle St. Nikolaus erbaut wurde. Gespeist wurde er in erster Linie vom Nikolausbach. Im frühen 18. Jahrhundert erbauten Privatleute aus dem Warndt eine Mühle am Weiherufer. Der Mühlenbetrieb wurde erst Mitte des 20. Jahrhunderts eingestellt. Die heutigen Weiher-Eigentümer sind Nachfahren der Müllerfamilie. Der Bergbau hat seit den 1960er Jahren den Wasserhaushalt der Region verändert; die Quellen, die einst den Weiher speisten, sind fast versiegt. Ob der Wiederanstieg des Wassers nach Bergbau-Ende sie erneut zum Fließen bringt, ist noch ungewiss. dd

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