Jenseits von Pomp und Puder

Mannheim/Saarland · Barockstädte aus dem Saarland sind bei der Barock-Ausstellung in den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen mit dabei. Die SZ stellt in einer Serie die Barockperlen des Landes vor – zum Start zunächst ein Überblick.

 Ein Blickfang des barocken Blieskastels: die idyllisch gelegene Orangerie. Foto: Stadt Blieskastel

Ein Blickfang des barocken Blieskastels: die idyllisch gelegene Orangerie. Foto: Stadt Blieskastel

Foto: Stadt Blieskastel

"Barock - Nur schöner Schein?", so lautet der Titel der großen Sonderausstellung, mit denen die Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen vom 11. September an erstmals eine Schlüsselepoche Europas ebenso eindrucksvoll wie abseits gängiger Klischees erschließen möchten. Entlang der Themenkomplexe Raum, Körper, Wissen, Ordnung, Glaube und Zeit ermöglichen dabei rund 300 herausragende Exponate einen umfassenden und zugleich detaillierten Einblick in ein Zeitalter, das immer noch viel zu häufig eher oberflächlich als kunsthistorische Fußnote und nicht seiner Bedeutung entsprechend als ein die Welt veränderndes Zeitalter zwischen Umbruch und Aufbruch, Mittelalter und Moderne gesehen wird.

Dementsprechend geht man nun in Mannheim neue Wege, stellt die Epoche des Barocks betontermaßen erstmals in ihrer ganzen Vielschichtigkeit - und Widersprüchlichkeit - vor und möchte damit, wie der Generaldirektor der Reiss-Engelhorn-Museen, Alfried Wieczorek, es ausdrückt, "barockzeitliche Charakteristika jenseits von Puder, Pomp und Dekadenz als ein europäisches Phänomen" vermitteln.

Darüber hinaus hofft man, über ein gemeinsames Leitmotiv weiterführende Brücken in die Region zu schlagen: So wurde vor dem Hintergrund der großen Themenausstellung beispielsweise das in jeder Hinsicht vorbildliche und bewusst weit über Mannheim hinaus ausstrahlende Projekt "Barockregion Südwest" ins Leben gerufen. In Form eines kulturtouristischen Netzwerks verbindet dieses Kooperationsprojekt ausgewählte Städte in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland. Diese, unterstreicht Wieczorek, versprechen "ein einzigartiges Erlebnis barocker Kulturschätze", leisten einen wichtigen Beitrag zur Identitätsstiftung - und liefern gleichzeitig den stimmungsvollen Rahmen für insgesamt mehr als 250 ausstellungsbegleitende Veranstaltungen wie spezielle Stadtführungen, Konzerte, Vorträge und Feste.

Unter den 39 ausgewählten Orten der "Barockregion Südwest", die nun mehr denn je Gelegenheit bieten, Barock auf lebendige und vielfältige Weise zu erleben, befinden sich mit Blieskastel, Homburg, Ottweiler, Saarbrücken, St. Ingbert und Sulzbach gleich sechs im Saarland. Das wiederum ist kein Zufall - hat sich allen kriegsbedingten Zerstörungen zum Trotz gerade hier sowie im benachbarten Rheinland-Pfalz ein überaus spannendes und facettenreiches Erbe des späten 17. und 18. Jahrhunderts erhalten, das bereits seit Jahren erfolgreich mithilfe der kulturtouristischen Themenroute BarockStraße SaarPfalz vermarktet wird. "Die Barockregion Südwest", freut sich daher Wolfgang Henn, Geschäftsführer der kreiseigenen Saarpfalz-Touristik, "bietet für die Arbeitsgemeinschaft der BarockStraße SaarPfalz die einmalige Chance, bundesweit für die barocken Sehenswürdigkeiten entlang der 120 Kilometer langen saarländisch-pfälzischen Barockroute zu werben."

Im Vorfeld der Sonderausstellung "Barock - Nur schöner Schein?" stellt die Saarbrücker Zeitung die saarländischen Orte der "Barockregion Südwest" in einer eigenen Reihe vor und lädt dazu ein, mehr über eine Schlüsselepoche Europas zu erfahren, deren Impulse - oftmals unbemerkt - bis in die Gegenwart und in den persönlichen Alltag nachwirken und die gerade das Land an der Saar nachhaltig geprägt hat.

Ausstellung "Barock - Nur schöner Schein?" der Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim: 11. September 2016 bis 19. Februar 2017. www.barock2016.de .

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 Die barocke Engelbertskirche in St. Ingbert. Foto: St. Ingbert

Die barocke Engelbertskirche in St. Ingbert. Foto: St. Ingbert

Foto: St. Ingbert

Stichwort Als Barock wird die von etwa 1575 bis 1770 dauernde Epoche der europäischen Kunstgeschichte bezeichnet. Nach der weitgehenden Entvölkerung und Verwüstung des heutigen Saarlandes in Folge des Dreißigjährigen Krieges hielt der Barock zwischen Saar, Pfalz und Mosel erst viel später, dafür aber umso prachtvoller Einzug. Die barocke Blütezeit endete mit dem Einmarsch französischer Revolutionstruppen 1793 und dem darauf folgenden "Plünderungswinter" 1793/94. Dabei gingen viele großartige Bauwerke und Kunstschätze verloren. Dennoch hat sich hier ein facettenreiches Erbe des 17. und 18. Jahrhunderts erhalten, das mit der Kulturtourismusinitiative "BarockStraße SaarPfalz" erschlossen und vermarktet wird. kf Informationen zur "Barockregion Südwest" unter www.barock2016.de/barockregion . Infos zur BarockStraße SaarPfalz unter www.barockstrasse-saarpfalz.de .

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