Traditionspflege Der Mann und die alte Mühle

Harskirchen · Im „Krummen Elsass“ tut die letzte Kornmühle ihren Dienst. Dort gibt es hausgemachten Flammkuchen direkt vom Müllermeister.

 Auch das Abfallprodukt Kleie, das nach dem Sieben des Mehls übrig bleibt, findet Verwendung. Es wird als Tiernahrung genutzt.

Auch das Abfallprodukt Kleie, das nach dem Sieben des Mehls übrig bleibt, findet Verwendung. Es wird als Tiernahrung genutzt.

Früher gab es viele Kornmühlen an der Saar. Doch das ist längst Geschichte. Es gibt zwar auch heute noch Schaumühlen zu musealen Zwecken. Die letzte Mühle im regulären Betrieb, die einst wie heute mittels Wasserkraft betrieben wird, befindet sich in Harskirchen südlich von Saargemünd. Hier im "Krummen Elsass" pflegt Roger Roeser die Tradition des Müller-Berufs und ernährt damit seine Familie.

Bereits seit 1713 existiert die alte Mühle am Flusslauf. 1920 kaufte sie der Urgroßvater von Roger Roeser. "Wir haben in unserer Familie eine lange Tradition als Müller. Sie reicht bis ins Jahr 1801 zurück", sagt der 62-Jährige, der die Mühle 1975 übernahm. Sein Großvater habe ihm damals alles nötige beigebracht. Roeser deutet auf die Mahlwerke, die bereits seit 1921 ihren Dienst tun. "Mein Urgroßvater hatte damals die Mühlsteine durch dieses Mahlwerk ersetzt. Das war zu seiner Zeit hochmodern. Und was soll sich sagen? Es ist auch heute noch voll funktionsfähig", so der Elsässer. Gleichzeitig hatte der Großvater die Mühle modernisiert und um zwei Stockwerke erhöht.

Roeser kann sich noch gut daran erinnern, als die Bauern schwere Säcke mit Weizen anschleppten, damit daraus Mehl gemahlen wird. "Oft mussten wir sie auch selbst abholen. Das ging ganz schön auf den Rücken. Heutzutage ist das Gott sei Dank nicht mehr so. Die Bauern transportieren das Getreide heute mit LKWs und verladen es direkt in die Silos. Trotzdem bleibt das natürlich eine harte Arbeit", sagt der drahtige, muskulöse Mann. Mittels eines Paternoster-Aufzugs wird das Getreide hoch zur Siebmaschine befördert. Insgesamt viermal läuft es durch die Mahlwerke, ehe es fein genug ist.

Der Betrieb produziert die Mehlsorten 45, 55 und 65. Die Kleie, das Abfallprodukt, das nach dem Sieben des Mehls übrig bleibt, wird als Futtermittel genutzt. "Die feinste Sorte, die wir produzieren, ist die 45. In Deutschland ist das gleichbedeutend mit dem Typ 405. Er eignet sich gut für Plätzchen, Biscuits und Kuchen. Die 55 ist dagegen fürs Brotbacken geeignet", sagt der 62-Jährige. Rund die Hälfte seines Mehls verkauft er an Privatkunden. Auch Restaurants, Supermärkte und Bäckereien zählen zu den Kunden. In der Regel produziert er 170 bis 250 Tonnen Mehl pro Jahr. "Früher konnten zwei Großfamilien von dem Betrieb leben. Das ist heute nicht mehr so. Aber für eine Familie geht es noch halbwegs", sagt Roeser.

Glücklicherweise hat der Mühlenbetreiber noch einen zweiten Job, der mit seiner Mühle in direktem Zusammenhang steht. Seit rund 20 Jahren betreibt er eine Gaststätte gegenüber der Mühle, die sich auf Flammkuchen spezialisiert hat. Und natürlich setzt er auf die Qualität seines Mehls. Das im rustikal-elsässischen Stil eingerichtete Restaurant ist über das Jahr an Wochenenden oft mehrere Wochen im Voraus ausgebucht. "Unsere Gäste kommen sogar von Metz oder Nancy - und das, obwohl sie in ihrer Region genügend Gelegenheit hätten, Flammkuchen zu essen", sagt Roeser. Er führt dies auf sein feines Mehl und den guten Speck zurück, den er von einem prämierten Metzger im nahen Mackwiller bezieht. "Wichtig ist auch, dass unser Steinofen mit Buchenholz beheizt und der Teig von Hand geknetet wird. Der Flammkuchen ist nur etwa 50 Sekunden bei 180 Grad im Ofen", fügt Roeser hinzu.

 Roger Roeser Fotos: Knopf

Roger Roeser Fotos: Knopf

Informationen: Moulin de Willer/Auberge Roeser, westlich von Sarre-Union (vorher anrufen, nur am Wochenende geöffnet), 5 rue du Meunir, Telefon: (0033) 3 88 00 90 45

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