70 Jahre Hochschule für Musik Dem kunstsinnigen Monsieur sei Dank

Saarbrücken · Der Offizier und Musikfreund Francois-Régis Bastide initiierte vor 70 Jahren die Gründung der Hochschule für Musik Saar in Saarbrücken.

 Ein undatiertes Foto aus der Frühzeit der Hochschule für Musik Saar in Saarbrücken zeigt, dass die Muse dem Saarland schon seit Langem sehr gewogen ist.

Ein undatiertes Foto aus der Frühzeit der Hochschule für Musik Saar in Saarbrücken zeigt, dass die Muse dem Saarland schon seit Langem sehr gewogen ist.

Foto: Hochschule für Musik Saar

Der Mann, dem die Hochschule für Musik Saar ihre Existenz zu verdanken hat, war eine außergewöhnliche Persönlichkeit. François-Régis Bastide (1926 – 1996) war Schriftsteller, Diplomat, Politiker, Radiomoderator und ein großer Musikliebhaber. Oder, wie eine französische Zeitung nach seinem Tod nicht ganz ohne Pathos schrieb: „Er trug die Maske des Diplomaten, den Stift des Romanciers und hatte die Eleganz eines ehrenhaften Menschen.“

Vor ziemlich genau 70 Jahren, am 20. Oktober 1947, bezog die spätere Hochschule für Musik Saar ihr erstes Domizil in der Villa Lambert am Saarbrücker Rotenbühl. Ein gutes Jahr zuvor, am 16. Mai 1946, hatte der erst 20-jährige Bastide einen Kreis von Fachleuten und Politikern zu einer denkwürdigen Versammlung eingeladen, in der über das Projekt eines saarländischen Musik-Konservatoriums nach dem Vorbild des berühmten Pariser Conservatoire Superieure de Musique gesprochen werden sollte. Das Treffen fand in seiner Saarbrücker Privatwohnung in der Spichererbergstraße 108 statt.

Bastides Vorschlag wurde von dem Gremium einhellig begrüßt, fand auch die Zustimmung des damaligen Militär-Gouverneurs Gilbert Grandval, und die Einrichtung eines Konservatoriums nach Pariser Vorbild war beschlossene Sache. Dem kunstsinnigen jungen Diplomaten ist es auch zu verdanken, dass zeitgleich Kontakte zu Walter Gieseking geknüpft wurden. Gieseking war einer der bedeutendsten Pianisten seiner Zeit und hat als einer der Gründerväter der Musikhochschule künstlerische und pädagogische Maßstäbe gesetzt, die bis heute noch vorbildlich sind.

„Mit 20 Jahren weiß ich nichts Genaues und Sicheres über mich, aber ich bin Saarländer“, schreibt Bastide in seinen Lebenserinnerungen „Wandererfantasie“ (1976). Ein Jahr lang hat es den vormaligen Offizier nach dem Krieg an die Saar verschlagen. Bastide initiiert nicht nur die Gründung der Musikhochschule, sondern wird aufgrund seiner musikalischen Begabung zuvor auch Musikdirektor von „Radio Saarbrücken“, dem Vorläufer des Saarländischen Rundfunks.

In seiner „Wandererfantasie“ erinnert sich Bastide gerne an die Gründungsphase der Musikhochschule: „Ich habe vor mir das Dokument liegen, auf das ich von allem, was aus der Zeit meiner Jugend stammt, am meisten stolz bin. Es handelt sich um das Protokoll der Besprechung, die am 16. Mai 1946 unter dem Vorsitz des Regierungspräsidenten Dr. Neureuter stattgefunden hat. Das Ziel unserer Besprechung: so schnell wie möglich eine Musikhochschule für das Saargebiet zu gründen. Es war mir gelungen, Gilbert Grandval zu überzeugen, ich habe ihm erklärt, wer Gieseking war, ich habe eine mögliche Örtlichkeit aufgestöbert, die Villa Lampert [sic], wo die Arbeiten bald beginnen könnten, ich habe Claude Delvincourt in Paris aufgesucht, der bereit gewesen ist, sofort ‚Sonderbeziehungen‘ zwischen dem Nationalen Musikkonservatorium von Paris und dem von Saarbrücken aufzunehmen.“ Die geschichtsträchtige Unterredung der versammelten Kultur- und Politikgrößen verlief aber nicht durchweg harmonisch: „Unsere Besprechung muss bis tief in die Nacht gedauert haben, wenn ich dem Protokoll Glauben schenken darf, und zwischen den Zeilen dieses Textes lese ich, dass es viele Konflikte zwischen Eigenliebe und Interesse gegeben hat.“

François-Régis Bastides Wurzeln liegen in einer gutbürgerlichen, musikbeflissenen Familie aus dem baskischen Biarritz. Sein Vater war Arzt und Organist, seine Mutter spielte Violine. Er selbst erhielt Klavierunterricht und komponierte auch zeitweise. Nach seiner Zeit an der Saar legte er in Frankreich eine steile Karriere hin. Bastide schrieb zwanzig Bücher; er wirkte als Co-Moderator an der populären Radio-Kulturtalkshow „Le Masque et la Plume“ mit und war von 1968 bis 1976 Vorsitzender der Radio-Sektion innerhalb der mächtigen Gewerkschaft CFDT. Für sein literarisches Lebenswerk wurde er 1981 mit dem Prix Pierre de Régnier der Académie française ausgezeichnet.

Unter der Präsidentschaft von François Mitterand schlug der linksliberale Intellektuelle schließlich auch eine erfolgreiche diplomatische Laufbahn ein. Mitterand entsandte ihn zunächst als Botschafter nach Dänemark, später nach Österreich und schließlich als Ständiger Vertreter Frankreichs zur Unesco in Paris. Im Jahr 1990 wurde Bastide dann vom französischen Staatspräsidenten mit dem hohen Verdienstorden Chevalier de l‘Ordre National du Mérite ausgezeichnet. 1991 trat er als Minister für Sonderaufgaben in Mitterands Kabinett ein. Von 1991 an bis zu seinem Tod im Jahr 1996 gehörte Bastide dem Deutsch-Französischen Kulturrat an.

 Der Musikliebhaber François-Régis Bastide (1926 – 1996).

Der Musikliebhaber François-Régis Bastide (1926 – 1996).

Foto: HfM Saar/Utilisateur

Der Autor Thomas Wolter ist Pressesprecher der Hochschule für Musik Saar.

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