Arschkrätzelche, Arschgrezche, Arschkitzelche

Otto Schäfer, der aus dem Lahn-Dillkreis stammt, aber als "Ringeblaggder" seit über 40 Jahren in Saarbrücken lebt, stellt immer wieder Ähnlichkeiten zwischen seiner nassauischen und unserer Mundart fest.

Er las im Wortatlas von Drenda die Wörter "Arschkrätzelche, Arschgrezche, Arschkitzelche" für Hagebutte; in seiner Heimat, so schreibt er, habe man ihren Samen "Haaboddel" genannt und als "Juggpólwer" verwendet, das man sich gegenseitig heimlich im Nacken unters Hemd streute. Antwort: Dieser Schabernack war auch in der Saarbrücker Gegend verbreitet, wo diese Samenkörner "Aarschgraddserde" heißen. Wie es zu dieser Bezeichnung kam, erklärt Paul von Medwedeff näher. Die behaarten Samenkörner, so schreibt er, seien unterm Hemd den Rücken hinuntergerutscht, hätten sich in der "A-spalte" festgesetzt und dort zu einem unangenehmen Kratzen geführt. In der Saarbrücker Zeitung habe er gelesen, dass im Wortatlas von Drenda eine "abführende Wirkung" dieser Hagebutte erwähnt wird; das stimme aber nicht.

Zum Wort "Schdumbesiffer" schreibt Ernst Lauer aus Dillingen, dass er den "Suddelbéi-erséffer" (Sudelbiersäufer) kenne. Denn in den Wirtschaften habe es früher ein "Suddelbecken" (eine Auffangschale) unter dem Zapfhahn für das "versudelte Bier" gegeben. Das hätten manche Gäste sich für ihre Schweine mitgeben lassen; böse Zungen behaupteten aber, diese "Suddelbéierséffer" hätten gar kein Borstenvieh.

Es gibt viele Beispiele dafür, wie unsere Mundart "verhochdeutscht" wird, wenn manche Leute sich einer "foinen" Aussprache befleißigen. Davon berichtet die Neunkircherin Isolde Schneider, die seit einigen Jahren in Bayern wohnt: Ein kleiner Junge war bestraft worden, weil er zu spät zur Schule kam. Empört habe er gedroht, dass er am nächsten Tag "gerade zu leidse" wieder zu spät kommen werde. Woher kommt "graadselääds", fragt Isolde Schneider und welches bayrische Wort gibt es dafür? Antwort: Einen ähnlichen Ausdruck in der bayrischen Mundart müsste man an Ort und Stelle ermitteln. Der kleine Junge hat mit seiner "Übersetzung" fast ins Schwarze getroffen; denn im Pfälzischen Wörterbuch finden wir unser "graadselääds" unter dem Stichwort "gerade-zuleid(s) = erst recht, zum Trotz". Solche "Verhochdeutschungen" werden im Volksmund als "Hoochdeidsch mid Schdriefen droin" (Hochdeutsch mit Streifen drin) oder als "Hoochdeidsch mid Kaarfreidaachsnuudle" (Karfreitagsnudeln) bezeichnet. Wenn jemand sich krampfhaft bemüht, Hochdeutsch zu sprechen, aber nur ein "Hoochdeidsch mit Schdriefen droin" zustande bringt, wird er verhohnepipelt: "Foine Loit gehn döcker unten anten, da sind sie önter da." Mundartlich müsste es heißen: "Feine Leid gehn degger unne anne, dò sinn se ehnder dòò" (Feine Leute gehen öfters unten entlang, dann sind sie eher da). Ein anderes Beispiel: "Geh nischt do hinten, suntern besser do vooren anten!" Das Wort "anne" in Verbindung mit Verben der Fortbewegung ist auch im Pfälzer Raum weit verbreitet.

Fragen und Hinweise können Sie per E-Mail an heimat@sz-sb.de schicken.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort