Heide Henn packt den Koffer für Berlin

Kreis Neunkirchen · Das wichtigste und auch ein wenig überraschende Ergebnis der Bundestagswahl für Neunkirchen und Umgebung: Die Stadt hat wieder eine Bundestagsabgeordnete. Heide Henn aus Wellesweiler hat den Sprung nach Berlin geschafft.

 Heide Henn Foto: Willi Hiegel

Heide Henn Foto: Willi Hiegel

Foto: Willi Hiegel

31 Prozent der Zweitstimmen für die SPD im Land reichten aus für drei Mandate über die Landesliste. Bei der Wahl 2009 hatte es nur für zwei gelangt. Nun zieht Heide Henn aus Wellesweiler zusammen mit Elke Ferner und Reinhold Jost ins Berliner Reichstagsgebäude ein. Heide Henn - so lässt sie sich gern ansprechen, auch wenn ihr offizieller Vorname Heidtrud ist - hat nach langwieriger Wahlauswertung gestern Morgen um 6 Uhr erfahren, dass sie die Koffer für Berlin packen kann. Heute Morgen in aller Frühe ist die 51-jährige Diakonin ins Flugzeug gestiegen, um das erste Treffen der Fraktion im Reichstag mitzumachen. "Ich muss jetzt erst mal alles auf mich zukommen lassen, das ist für mich totales Neuland", sagt sie. Zwischen Ensheim und Berlin wird sie jetzt regelmäßig pendeln müssen, da kommt ihr zugute, dass sie gern fliegt.

Heide Henn war im März von den SPD-Delegierten in der Saarbrücker Saarlandhalle auf Platz drei der Landesliste gesetzt worden. Damit wurde der Neunkircher Vorschlag aus dem Wahlkreis 299 heraus akzeptiert. Der dritte Platz war laut sozialdemokratischem Statut für eine Frau reserviert, auf Platz vier folgte dann Christian Petry. Dass sie den Sprung nach Berlin geschafft hat, sei nicht nur gut für die Neunkircher SPD, sondern für die ganze Stadt Neunkirchen, so SPD-Stadtverbandsvorsitzende Gisela Kolb gestern zur SZ. "Heide passt vom Engagement her gut nach Berlin", stellt sie fest.

Politische Erfahrung hat Heide Henn bisher nur in der Kommunalpolitik: Seit 2009 ist sie im Neunkircher Stadtrat und im Wellesweiler Ortsrat. Ferner ist sie Bildungsbeauftragte im SPD-Kreisverband. In Berlin will sie sich nun für eine Reform des Pflegegesetzes einsetzen, die auch eine größere Wertschätzung der Sozial- und Pflegeberufe mit sich bringt. Das kommt nicht zuletzt von ihrer beruflichen Vita: Die gelernte Floristin schulte 1996 um auf Altenpflegerin und war Leiterin der Tagespflege im Saarbrücker Wichernhaus. 2007 ließ sie sich dann zur Diakonin ausbilden und ist nun bei der Seniorenhilfe der Kreuznacher Diakonie tätig. Sie setzt sich für gleiche Bezahlung von Frauen und Männern ebenso ein wie für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auch für einen flächendeckenden Mindestlohn wird sie kämpfen. Ein sehr wichtiges Attribut für Politiker ist für die Neu-Parlamentarierin Bürgernähe. "Ich werde stets ein Ohr für die Leute in meinem Wahlkreis haben", verspricht sie.

Verlierer: FDP und Linke

Ein Blick auf das sonntägliche Ergebnis in den beiden Wahlkreisen, auf die der Landkreis Neunkirchen aufgeteilt ist, zeigt, dass das Direktkandidaten-Rennen im Wahlkreis Homburg knapper war als im Wahlkreis St. Wendel. Der Bexbacher Alexander Funk (CDU) lag letztendlich knapp 3000 Erststimmen vor dem Limbacher David Lindemann (SPD), der sich parteiintern bei der Kandidatenaufstellung gegen den Neunkircher Thomas Latz durchgesetzt hatte. Seine besten Ergebnisse erzielte Lindemann in seinem Heimatort Kirkel (45,4 Prozent) sowie in der Stadt Neunkirchen, wo er 42 Prozent der Erststimmen erhielt. Daneben lag Lindemann nur noch in Friedrichsthal vorne, alle anderen Gemeinden gingen mehr oder weniger deutlich an Alexander Funk. Erwähnenswert ist, dass beide Direktkandidaten besser abgeschnitten haben als ihre Parteien bei dem Zweitstimmen-Ergebnis. Neben dem Desaster für die FDP gab es fast überall zweistellige Verluste für die Linke: In Neunkirchen, Ottweiler, Merchweiler und Spiesen-Elversberg lagen sie bei 13, in Schiffweiler sogar bei 15 Prozentpunkten.

Im Wahlkreis St. Wendel eroberte Nadine Schön knapp 61 000 Erststimmen, 16 000 mehr als Christian Petry. In 14 der 16 Kommunen des Wahlkreises dominierte Schön, Petry hatte nur in Ottweiler - obwohl sich dort die CDU um zehn Prozentpunkte verbesserte - und in Schiffweiler - dort erzielte er mit 40,3 Prozent sein bestes Ergebnis - die Nase vorn. Bemerkenswert: Schön (42,2 Prozent) nahm Petry (39 Prozent) auch dessen Heimatgemeinde Illingen ab. Die "schwärzeste" Gemeinde im Wahlkreis war Eppelborn, wo die CDU-Kandidatin 48 Prozent erhielt.

Auch im Wahlkreis 298 betrug der Abstand zwischen Erst- und Zweitstimmen bis zu acht Prozent (bei Nadine Schön). Die Gewinne von CDU und SPD bei den Zweitstimmen gingen auch hier einher deutlichen Verlusten von Linken und FDP. > : Wahlergebnis im Kreis Neunkirchen im Überblick

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RückblickVier Politiker aus der Stadt Neunkirchen saßen bisher im Bundestag. Am längsten tat dies Werner Wilhelm, der im November 2006 gestorben ist. Der städtische Beamte rückte 1958 über die SPD-Landesliste nach und blieb im Bonner Parlament bis 1980. Für die CDU gehörte Rudolf Blügel nur kurz dem Bundestag an. Der im August 1997 gestorbene Maschinenbaumeister rückte 1979 für Werner Zeyer, der zum saarländischen Ministerpräsidenten aufstieg, nach und blieb bis zum Ende der Legislaturperiode 1980. Kaufmann Fred Ranker von der SPD (gestorben im Juli 2009) rückte im April 1985 für Hajo Hoffmann nach, der saarländischer Wirtschaftsminister im Kabinett Lafontaine wurde. Ranker blieb bis 1987 in Bonn. Als Oskar Lafontaine im März 1999 in der Bundespolitik hinwarf, rückte Gudrun Roos für ihn in den Bundestag. Die in der Neunkircher SPD verwurzelte Wiebelskircherin blieb im Parlament bis 2002. gth

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