Hausaufgaben mit der Olympiasiegerin

Köllerbach/Saarbrücken. Die Tür bleibt weit offen: "Damit ich sehen kann, was draußen los ist", erklärt Annegret Hämsch (Foto: SZ) und lacht

Köllerbach/Saarbrücken. Die Tür bleibt weit offen: "Damit ich sehen kann, was draußen los ist", erklärt Annegret Hämsch (Foto: SZ) und lacht. Wer den Flur des Max-Ritter-Hauses durchquert, muss an ihrem Zimmer vorbei - und an der Standardfrage: "Hast du deine Hausaufgaben schon gemacht?" Denn hier, im Olympiastützpunkt der Hermann-Neuberger-Sportschule in Saarbrücken, wohnen 18 junge Schüler des Sportinternats. Und "bei manchen muss man bei den Aufgaben schon ein bisschen dahinter bleiben", verrät Annegret Hämsch mit einem Schmunzeln. Die Leistungssportlerin ist Olympia-Siegerin, mehrfache Welt- und Europameisterin - und seit August Betreuerin im Sportinternat.

Hier hilft sie den Jugendlichen drei Mal pro Woche bei den Hausaufgaben, fragt Vokabeln ab und ist Ansprechpartnerin bei Problemen. "Es geht vor allem darum, dass jemand da ist", fasst Hämsch ihre Aufgabe zusammen: "Auch wenn's bloß zum Quatschen ist." Mit Michaela Pfeiffer und Dominik Blug kümmert sich Hämsch um die 13 bis 19 Jahre alten Sportschüler - und ist sich jetzt schon sicher: "Das hier ist genau meins." Kein Wunder, ist doch der Sport ihre große Leidenschaft.

Mit 13 beginnt die gebürtige Dresdenerin, damals noch mit Mädchennamen Strauch, mit dem Rudern. Sieben Jahre später startet sie 1988 bei den Olympischen Spielen in Seoul und holt mit dem DDR-Achter die Gold-Medaille. Eine vielversprechende Karriere - bis nach dem Mauerfall "plötzlich alles drunter und drüber ging", berichtet Hämsch. Ihr damaliger Trainer Eberhard Kamchen, heute Koordinator der Talentförderung Saar, sah sich nach besseren Trainingsbedingungen um - und wurde im Saarland fündig. Also packte Hämsch die Paddel ein und zog 1990 nach Köllerbach, um weiterzurudern - und "um meine Ausbildung zur Erzieherin abzuschließen", erzählt sie.

Nach Olympia 1992 in Barcelona setzte Hämsch mit ihrer Bronzemedaille einen Schlusspunkt hinter die Ruder-Karriere: "Das wurde mir alles ein bisschen zu viel." Heirat, Familie und Beruf gingen vor - ganz mit dem Training aufhören konnte sie aber nicht: "Als Leistungssportlerin muss man abtrainieren." Beim Schnupper-Training der DJK Köllerbach stieg Hämsch in die Leichtathletik ein und gründete eine Senioren-Gruppe: "Bei den Jüngeren konnten wir einfach nicht mithalten." Dafür aber bei der diesjährigen Europameisterschaft der Senioren in Slowenien umso mehr: Dort gewann die Athletin des Leichtathletik-Teams Saar nach drei Jahren Vorbereitung die Bronzemedaille im Siebenkampf (Altersklasse W40) - "und zwei persönliche Bestleistungen", freut sich Hämsch.

Die passionierte Athletin lebt mittlerweile mit Ehemann Reinhard und ihren Kindern Rebecca, Leonard und Konstantin in Schwalbach und trainiert weiterhin an der Landessportschule. Dort baut sie jetzt außerdem den Kontakt zu ihren neuen Schützlingen auf. Die Stelle als Betreuerin am Olympia-Stützpunkt ist für sie ein Glücksgriff: "Ich will auf jeden Fall hier bleiben", bekräftigt die Olympiasiegerin - und fügt lachend hinzu: "Aber nur, wenn das zu Hause auch ohne mich klappt." Denn da sollen die Hausaufgaben schließlich auch gemacht werden. "Als Leistungssportlerin

muss man abtrainieren."

Olympiasiegerin Annegret Hämsch

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