„Haschte nit mei Mann gesiehn, so en alde Kluwe?“

Ein Lob hat sich Hans Werner Weiter aus Großrosseln-St. Nikolaus verdient, denn er hat Licht in die rätselhafte Redewendung "so aarm wie e Gleebsche" gebracht. Bevor ich seine überraschende Lösung verrate, möchte ich daran erinnern, dass ich diese Wendung schon mehrfach erwähnt hatte.

Ich hatte aber in unseren beiden Großwörterbüchern keine Erklärung für das "aarm Gleebsche" gefunden, so dass ich vermutete, es könne sich um eine Verballhornung des pfälzischen Ausdrucks "arm wie's Leebsche" handeln.

Nachdem ich nun den Brief von Hans Werner Weiter gelesen hatte, durchforstete ich abermals die erwähnten Wörterbücher , zunächst das Pfälzische Wörterbuch. Dort fand ich unter "Kloben" als erstes: "...dicker Eisenhaken, insbes. Haken zum Einhängen von Türen und Fenstern". Es folgt ein Satz von 1541: "An 32 fenster im Newen baw cloben gemacht." (Ich übersetze: An 32 Fenster im neuen Bau Kloben gemacht). Als Verkleinerung wird dann das "Kleebche" (Klöbchen) genannt, es folgt die Verwendung von "Gloowe" und "Gleebsche" in Redewendungen : "Wammer ihn sieht, hot er de Kloowe in de Schnut"; "Du plotzscht jo aus deim Kloowe, wie wann e armer Mann backt" sowie: "Ei jo, das glaab ich: Bettelleut han's gut, sitze am Owe un raache ehr Kloowe." Es folgen die verschiedenen Bedeutungen für die "Gloowe": "Zieh dei Gloowe aan!" Gemeint sind derbe Schuhe. "Der hot der awwer e Paar Gloowe" kann bedeuten, dass von plumpen Füßen oder Händen die Rede ist.

Auch ein plumper, ungeschickter oder unbeholfener Mensch wird "Gloowe" genannt, ebenso ein ungehobelter, grober Kerl, besonders, wenn es sich um einen Bauern handelte. Beliebte Schimpfwörter : "Bauregloowe, Saugloowe". Ein alter Mann wird abschätzig als "alder Gloowe" betitelt, ein Geizhals als "Geizgloowe" und ein magerer, schwacher Mensch, ein armseliges Wesen als "Elendsgloowe". Ein "Klebche" ist ein Kiefernzapfen, ein "erde Klebche" eine Tonpfeife. Soweit das Pfälzische Wörterbuch.

Das Rheinische Wörterbuch weist zum Teil die gleichen, zum Teil aber auch noch weitere Bedeutungen für den "Kloben" auf; sie alle hier zu nennen, würde zu weit führen. Ich will mich mit einer Wendung von der Nahe begnügen: "Haschte nit mei Mann gesiehn, so en alde Kluwe, muss en emol suche gehn in de Gaschtwirtsstuwe!" Wichtig erscheint mir vor allem die letzte Bemerkung im Rheinischen Wörterbuch, wonach "Kleebche" in Saarbrücken, Ottweiler und Birkenfeld in der Wendung vorkommt: "So arm wie's Kl. (Kl. soll ein Bettler gewesen sein)."

Unsere Leser nehmen es mir hoffentlich nicht übel, dass ich so weit ausgeholt habe, bevor ich die Katze aus dem Sack lasse. Aber mir erschien es wichtig, Ihnen deutlich zu machen, dass Hans Werner Weiter den Wörterbüchern einen Schritt voraus ist. Wie er schreibt, ist ein Klöbchen für ihn "ein kleiner, gusseiserner Geselle, der in aufrechter Stellung, bei Wind und Wetter die Fensterläden meines Hauses am Zuschlagen hindert". Seinem Brief legte er ein Foto dieses Gesellen bei; es erklärt, wie es zu der Wendung vom "aarme Gleebsche" kommen konnte: Der dicke Eisenhaken zum Einhängen von Fenstern, den das Pfälzische Wörterbuch "Kloben" nennt, wird in unserer Mundart zum "Gleebsche".

Ein geschickter Handwerker hat sich aber nicht mit einem schmucklosen Haken begnügt, sondern ihn kunstvoll zu einem männlichen Figürchen gestaltet. Glücklich schaut er nicht drein, dieser kleine Ladenhüter der besonderen Art; kein Wunder, muss er doch ohne Dach überm Kopf bei Sonnenglut und klirrendem Frost auf seinem Außendienstposten ausharren. Der Gedanke liegt nahe, dass ein Hausbesitzer, der sich ja auch bei Wind und Wetter um seine Klappläden kümmern muss, eines Tages bedauernd sagte: "Du aarmes, aarmes Gleebsche!" Und sofort griff der Volksmund die mitleidige Wendung auf und übertrug sie auf die Bettler, die auch kein warmes Heim ihr eigen nennen können sowie auf andere vom Schicksal benachteiligte Mitbürger.

Warum aber kennt man die Wendung vom "aarme Gleebsche" nicht in der Pfalz? Gibt es dort keine Klöbchen mit Menschengesichtern? Oder tragen sie dort schon Namen wie Schang oder Jääbsche? Ich bin gespannt, was die Bearbeiter des Pfälzischen Wörterbuches, Dr. Rudolf Post und Prof. Dr. Josef Schwing, zu dem Thema sagen, denn natürlich werde ich diese Kolumne postwendend an sie schicken. Über deren Antwort werde ich unseren Lesern berichten.

Hinweis: Fragen und/oder Tipps können Sie per E-Mail an heimat@sz-sb.de schicken.

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