"Handwerk geht immer noch"Schreiner verleihen Holz eine Seele

Saarbrücken. Die technisch-gewerbliche Ausbildung hat ein schlechtes Image. Justus Wilhelm von der Handwerkskammer des Saarlandes (HWK) weiß das und redet es nicht schön. "Bau, Metallberufe oder auch Schreiner haben einen schlechten Ruf", sagt er

 Die Anforderungen für Bauberufe sind gestiegen. Auch physikalische Kenntnisse sind mittlerweile wichtig, sagt Justus Wilhelm von der Handwerkskammer des Saarlandes. Foto: Boris Roessler/dpa

Die Anforderungen für Bauberufe sind gestiegen. Auch physikalische Kenntnisse sind mittlerweile wichtig, sagt Justus Wilhelm von der Handwerkskammer des Saarlandes. Foto: Boris Roessler/dpa

Saarbrücken. Die technisch-gewerbliche Ausbildung hat ein schlechtes Image. Justus Wilhelm von der Handwerkskammer des Saarlandes (HWK) weiß das und redet es nicht schön. "Bau, Metallberufe oder auch Schreiner haben einen schlechten Ruf", sagt er. Ebenso bestimmt sagt er aber auch, dass vieles von den Annahmen über handwerkliche Berufe auf falschen Informationen, auf veralteten Klischees beruht. Wer etwa glaube, dass der Lehrling auf dem Bau vor allem Zementsäcke schleppen muss, sei nicht mehr so ganz auf der Höhe. Sicherlich werde nach wie vor im Handwerk auch zugepackt. Wilhelm: "Heute sind die Leute aber mehr am Laptop als am Amboss im Einsatz."Umweltschutz, Bodenschutz - mit den Bedingungen der "industriellen Frühzeit" haben heutige Ausbildungen nur noch wenig zu tun. Was früher ein Anstrich war, ist heute eher ein Wärmedämmung-Verbundsystem, nennt der Mann von der HWK ein Beispiel.

Im Hoch- und Tiefbau sind seiner Erfahrung nach die Anforderungen ebenfalls gestiegen. "Räumlich-technisches Verständnis und physikalische Kenntnisse sollten die Auszubildenden mitbringen, denn sie müssen verstehen, was der Plan des Architekten aussagt", sagt Wilhelm. Kommt jetzt bald das Abitur als Voraussetzung für Berufe auf dem Bau? "Nein", versichert Wilhelm. "Mit einem ordentlichen Hauptschulabschluss geht das." Es müsse nicht überall eine Eins sein, es dürfe aber eben auch nicht überall eine Fünf sein.

Über 40 Prozent der Auszubildenden im saarländischen Handwerk sind Hauptschüler. Für Wilhelm zeigt das, dass Lernen mit praktischem Bezug bei vielen jungen Leuten ausgezeichnet funktioniert, auch wenn sie vielleicht nicht die besten Schüler waren. Und dann stehen eben alle Wege offen, betont er: "Die Ausbildung im Handwerk ist keine Einbahnstraße."

Ist wirklich allseits bekannt, dass ein Geselle mit drei Jahren Berufserfahrung fachbezogen studieren kann? Weiß jeder, dass seit 2009 mit dem Meisterbrief die allgemeine Hochschulreife, also dieselbe Zugangsberechtigung zu Universität und Hochschulen wie mit dem Abitur erworben wird? Wilhelm würde auch jungen Leuten, die es ins Studium zieht, empfehlen, sich über eine vorgeschaltete Ausbildung Gedanken zu machen. Das könne zur richtigen Berufswahl beitragen. Schlechtes Image der technisch-gewerblichen Ausbildung? Wilhelm ist überzeugt, dass die Aktion "Ausbildung für alle!" auf der Saarmesse, die noch bis zum Wochenende läuft, viele gute Belege dagegen liefert. Für den Mann von der HWK gilt: "Das Handwerk geht immer noch."Saarbrücken. David Hartmann, 23, und Mona Linnebacher, 22, brennen für ihr Handwerk, das Schreinern. "Holzarbeiten! Das Restaurieren alter Schnitzereien, den Möbeln eine Seele geben. Das ist genial", antwortet Hartmann auf die Frage nach seinem beruflichen Steckenpferd. "Möbel mit Vollholzfront bauen", ergänzt Linnebacher, das werde leider viel zu selten gemacht.

Die beiden sind voll in ihrem Element - doch der Funke der Begeisterung will nicht auf alle Schüler überspringen, die sich gestern am Messestand der Aktion "Ausbildung für alle!" auf der Saarmesse in Saarbrücken versammelt haben. Der Tagesschwerpunkt ist das Schreinerhandwerk, das der Wirtschaftsverband Holz und Kunststoff gemeinsam mit der Handwerkskammer des Saarlandes vorstellt.

Manche Schüler sehen den Besuch eher als Pflichtveranstaltung. Andere hingegen, wie der 17-jährige Benjamin Franke von der Friedrich-List-Schule aus Saarbrücken, sind von der Leidenschaft angesteckt. Franke packt mit an und hilft bei der Tagesmission: einen Tischkicker aus 40 Teilen zusammenbauen. Gemeinsam mit Hartmann, der als Geselle beim St. Ingberter Schreiner Florian Bohm gelernt hat, leimt Franke die Tischbeine. Falls es mit dem Bund nicht klappt, wolle er Schreiner werden, sagt er. "Spaß macht das auf jeden Fall." Für ihn habe sich der Besuch gelohnt.

Der Schreinerberuf eigne sich natürlich auch für Frauen, sagt Linnebacher. "Vor allem das Designen von Möbeln könnte Frauen liegen", sagt Linnebacher, Auszubildende im zweiten Lehrjahr bei der Schreinerei Manfred Johann in Theley.

Letztlich sind die Jung-Schreiner mit dem Zulauf zufrieden. "Mehrere Schüler haben sich ernsthaft informiert", sagt Hartmann. Vielleicht sieht er sie als Azubis wieder. dkl

Foto: XXX

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