Hallo, hilft mir jemand?

Saarbrücken. Die Anruferin ist 17 Jahre alt. Am Anfang erzählt sie, wie streng ihr Vater ist. Die Stimme klingt unsicher, plötzlich nimmt das Gespräch eine Wendung. Ihr Vater habe sie lange missbraucht, sagt sie. Mit viel Anstrengung gelinge es ihr, ihn seit einiger Zeit fern zu halten. Aber sie sorge sich um die kleine Schwester

 Probleme mit Eltern, mit Geschwistern, Stress in der Schule oder in der Beziehung - es gibt viele Gründe, warum Kinder und Jugendliche telefonische Hilfe suchen. Foto: Becker & Bredel

Probleme mit Eltern, mit Geschwistern, Stress in der Schule oder in der Beziehung - es gibt viele Gründe, warum Kinder und Jugendliche telefonische Hilfe suchen. Foto: Becker & Bredel

Saarbrücken. Die Anruferin ist 17 Jahre alt. Am Anfang erzählt sie, wie streng ihr Vater ist. Die Stimme klingt unsicher, plötzlich nimmt das Gespräch eine Wendung. Ihr Vater habe sie lange missbraucht, sagt sie. Mit viel Anstrengung gelinge es ihr, ihn seit einiger Zeit fern zu halten. Aber sie sorge sich um die kleine Schwester. "Wer kann mir helfen?", fragt die junge Frau. "Was soll ich tun?" Die Szene ist erfunden. Wie es wirklich war, weiß nur die Mitarbeiterin des Kinderschutzbundes Saarbrücken. 37 Beraterinnen und ein Berater arbeiten dort beim Kinder- und Jugendtelefon. Die Beratung ist anonym und kostenlos. Zuhören, Angst abbauen, gemeinsam eine Lösung finden, das will das Kinder- und Jugendtelefon. Gertrud Ecker, die Vorsitzende des Kinderschutzbundes Saarbrücken, hat selbst lange Zeit beraten. Das Themenspektrum der Jugendlichen sei breit, sagt sie. Neid und Eifersucht unter Geschwistern etwa gehören dazu, seltener berichten die Jugendlichen von Auseinandersetzungen mit den Eltern. Oft geht es um Probleme in einer Zweierbeziehung. Etwa mit der besten Freundin oder dem Freund, der Schluss gemacht hat. Häufig stehen sexuelle Probleme im Vordergrund. "Meist aber haben die Jugendlichen Probleme mit sich selbst", sagt Ecker. Sie sind etwa unzufrieden mit ihrem Äußeren. Durch Zuhören und gemeinsames Abwägen von Pro und Contra versuchen die Beraterinnen oder der Berater, mit dem oder der Hilfesuchenden eine Lösung zu finden. Bei massiven Problemen wie Drogensucht wird an "die richtige Stelle wie etwa Pro Familia, Caritas oder Diakonie" verwiesen. Manchmal brechen Jugendliche Gespräche abrupt ab. "Man fragt sich dann: ,Was hab' ich falsch gemacht?'", sagt Ecker. Damit umzugehen müsse man lernen. Auch dass man manchmal mit "Sachen konfrontiert ist, die schwer zu verarbeiten sind". Deshalb werden die Beraterinnen und Berater sorgfältig ausgesucht. "Man braucht eine stabile Persönlichkeit und muss für zwei Jahre fest zusagen", sagt Ecker. Die Ausbildung dauert mindestens ein halbes Jahr. Sie beginnt mit 100 Unterrichtsstunden, dann müssen die angehenden Mitarbeiter sich erstmal bei Beratungsgesprächen dazusetzen. Dienst am Telefon ist alle 14 Tage. Und so ein Dienst kann anstrengend sein, weiß Ecker. "Man fragt sich oft: ,Warum mache ich das?' Ich könnte mich ja auch in den Garten legen. Aber man macht es, weil man oft das Gefühl hat, etwas getan zu haben." Der Erfolg bestätigt sie: Beim bundesweiten Wettbewerb "Jugend testet" der Stiftung Warentest wurde das Kinder- und Jugendtelefon 2007 unter allen Sorgentelefonen zur Nummer 1 gewählt.

Auf einen BlickDas Kinder- und Jugendtelefon, Telefon (0800) 1110333, berät montags bis freitags von 15 bis 19 Uhr. Aus dem Festnetz kommen in Saarbrücken Anrufe aus dem ganzen Saarland an, über Handy kann es sein, dass man zu einer Beratungsstelle in einem anderem Bundesland gelangt. Samstags von 15 bis 18 Uhr beraten Jugendliche. Das Kinder- und Jugendtelefon des Dachverbandes Nummer gegen Kummer e. V. gibt es seit 1997. 7990 Anrufe gab es 2007 in Saarbrücken, davon waren 2856 Beratungen. Bundesweit gab es 826412 Anrufe mit 220090 Beratungen. Die anderen Anrufe waren unter anderem Schweige-, Test-, oder auch Belästigungsanrufe. Zum Vergleich: 1997 waren es 80858 Beratungen. Die Mehrheit (43,1 Prozent ) der Gespräche 2007 dauerte etwas über fünf Minuten. Überwiegend riefen Zwölf- bis 16 -Jährige an (75 Prozent), 66 Prozent der Anrufer waren Mädchen. Was die Themen der Jugendlichen angeht, standen mit 33,7 Prozent Partnerschaft und Liebe im Vordergrund, gefolgt von der Sexualität (23,7 Prozent). Bei 17,2 Prozent ging es um Probleme im Freundeskreis, bei 14,4 Prozent um Probleme in der Familie. shi

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