Haftstrafe für Grundschullehrer

Saarbrücken. Nach drei langen Prozesstagen, an denen oft von "Fummeln" die Rede war, hatte der Vorsitzende Richter am Landgericht offenbar genug. Er betonte am Freitag zum Abschluss des Strafprozesses gegen einen 61 Jahre alten Grundschullehrer aus dem Saarpfalz-Kreis: "Was hier Gegenstand unseres Urteils geworden ist, hat mit Grapschen nichts zu tun

 Der Grundschullehrer (l.) wird von zwei Justizwachtmeistern in den Gerichtssaal geführt. Der Pädagoge verdeckt sein Gesicht mit einem leeren Aktendeckel. Foto: Becker & Bredel

Der Grundschullehrer (l.) wird von zwei Justizwachtmeistern in den Gerichtssaal geführt. Der Pädagoge verdeckt sein Gesicht mit einem leeren Aktendeckel. Foto: Becker & Bredel

Saarbrücken. Nach drei langen Prozesstagen, an denen oft von "Fummeln" die Rede war, hatte der Vorsitzende Richter am Landgericht offenbar genug. Er betonte am Freitag zum Abschluss des Strafprozesses gegen einen 61 Jahre alten Grundschullehrer aus dem Saarpfalz-Kreis: "Was hier Gegenstand unseres Urteils geworden ist, hat mit Grapschen nichts zu tun. Das sind gravierende sexuelle Übergriffe."

Diese Einschätzung schlug sich auch im Strafmaß für den Pädagogen nieder. Wegen 47 Fällen des sexuellen Missbrauchs zum Nachteil von drei Mädchen wurde der Mann zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, verliert der als voll schuldfähig eingestufte 61-Jährige seinen Beamtenstatus und einen Teil der Altersbezüge. Auch seine ehrenamtliche Tätigkeit im Fußballbereich dürfte auf Dauer beendet sein.

Die Gründe für diesen harten Schnitt im Leben reichen nach Feststellung der Richter bis in die 70er Jahre zurück. Schon damals, zu Beginn seines Berufslebens als Lehrer, habe er offenbar Schülerinnen an eindeutigen Stellen berührt. Dazu der Vorsitzende: "Er hat Generationen von Schülern betreut. Und offenbar Generationen missbraucht. Teilweise waren Mutter und Tochter betroffen."

Offenbar habe der Angeklagte zunächst vorsichtig begonnen. Als er dann über die Jahre bemerkt habe, dass es lediglich Ortsgespräch aber keine Reaktionen gab, sei er zudringlicher geworden. Zwischenfazit der Richter: "Wir sind überzeugt, dass es eine Vielzahl von Opfern und Eltern gibt, die bis heute schweigen." Damit zum ersten Fall der Anklage gegen den Pädagogen. Er datiert von 1992. Damals berichtete eine Grundschülerin davon, dass der Lehrer ihr regelmäßig zwischen die Beine fasse. Ein weiteres Mädchen berichtete später Ähnliches. Die Eltern machten darauf mobil, informierten Schulleiter, Schulrat und Elternsprecher. Aber sie kamen nicht richtig voran. Der Lehrer blieb 1992 an der Schule und im Dienst. Woraus er offenbar die Überzeugung gewonnen habe, dass sein Tun ohne Konsequenzen bleibe. Also habe er weitergemacht. Wohl in einer Vielzahl von Fällen, die vor Gericht nur streiflichtartig aufblitzen und diffus blieben.

Konkret wurde es dann wieder Ende 2008 im Fall eines neun Jahre alten Mädchens. Dazu die Richter: Zwischenzeitlich hätten die Übergriffe während des Unterichts deutlich in der Intensität zugenommen. Das Ganze sei so weit gegangen, dass es im Nebenraum der Schulturnhalle fast zum Geschlechtsverkehr gekommen sei. Das Kind habe dies schließlich seinen Eltern offenbart, die hätten sofort die Schule informiert. Und diesmal habe es "keine Vertuschungstendenzen" gegeben. Der Lehrer wurde sofort suspendiert, und sein Treiben wurde beendet.

Meinung

Die Kinder haben sich gewehrt

Von SZ-Redakteur

Wolfgang Ihl

Hut ab vor den Kindern und Eltern, die nun gegen einen Grundschullehrer (61) aus dem Bliesgau ausgesagt haben. Sie durchbrachen die Mauer des Wegsehens rund um den Pädagogen, der wohl über Jahrzehnte Mädchen zu Opfern seiner Neigungen machte. Das fiel ihm auch deshalb leicht, weil viele Erwachsene zwar hinter vorgehaltener Hand über die "Fummeleien" redeten, aber keiner was dagegen unternahm. So versagte in den 90er Jahren auch die Schulleitung, als Eltern sich beschwerten. Der Lehrer blieb im Dienst, machte weiter. Ohne den Mut eines neunjährigen Mädchens wäre das wohl immer noch so. Dieses Kind offenbarte sich 2008. Und diesmal reagierte die Schule mit Härte. Endlich.

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