Häuser fielen Bergbau zum Opfer

Wemmetsweiler · Das Elternhaus spielt im Leben der meisten Menschen eine große Rolle. Sie erinnern sich gerne an die Kindertage. In einer Serie stellt die SZ Menschen und ihre Elternhäuser vor. Heute Teil 7: Lieselotte Scheuer, geborene Kirsch, und ihr Cousin Robert Kirsch, die in Wemmetsweiler aufgewachsen sind.

Wemmetsweiler. "Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem man nicht vertrieben werden kann", dieses Zitat von Jean Paul passt auf die Situation der weit verzweigten Familie Kirsch aus Wemmetsweiler. Die Häuser in der Kirchenstraße (heute Straße Zum Striedt), in denen Generationen vom Kirschs und der verwandten Altmeyers gelebt und auch gearbeitet hatten, gibt es seit fast 20 Jahren nicht mehr. Nach Jahren des Hoffens und Bangens, ständiger Reparaturen und neuer Risse und Verbiegungen, mussten die Häuser neben der ebenfalls schwer beschädigten Pfarrkirche St. Michael abgerissen werden. Die Bergschäden waren so schwer, dass die Gebäude nicht mehr zu retten waren. Die Kirche war mittels eines aufwendigen Verfahrens auf hydraulische "Stelzen" gestellt worden. Diese Maßnahme rettete den Sakralbau.Und so treffen wir uns mit Lieselotte Scheuer und ihrem Cousin Robert Kirsch an der Stelle, an der einst die Elternhäuser standen. Direkt neben der Kirche. Ein mitgebrachtes Luftbild erinnert an die Situation vor dem Abriss 1994, denn längst hat das Seniorenhaus Immaculata der Caritas-Trägergesellschaft die Lücke geschlossen. Nur noch das Geschäftsschild der längst geschlossenen "Metzgerei Kirsch" erinnert an die Zeiten, in denen die Kirschs diesen Straßenabschnitt bevölkerten. Apropos Kirsch: Der Urgroßvater von Lieselotte und Robert hieß Jakob, der Großvater auch und so wurden die Kirschs im Wemmetsweiler Sprachgebrauch zu den "Jakobs". Jakob Kirsch, der Jüngere, hatte mit seiner Frau Anna, geborene Krämer, zwölf Kinder. Eines davon, Peter, ist der Vater von Lieselotte (heute Scheuer), die gerne an ihre Kindheit und jungen Jahre im Umfeld der St. Michaels-Kirche zurückdenkt. Nach einer guten Zeit als Wirtin im Gasthaus Scheuer, nur einen Steinwurf vom Elternhaus entfernt, das sie mit Ehemann Norbert Scheuer führte, lebt sie nun schon seit vielen Jahren auf der Neunkircher Schlawerie. Lieselotte Scheuer machte die SZ auf die Geschichte der "Jakobs" in Wemmetsweiler aufmerksam. "Ich könnte stundenlang erzählen", sagt sie und legt auch gleich los mit der Erinnerung an die Altvorderen und die verwirrend vielen Cousins und Cousinen nebst Ehegatten und Kindern.

Einer der Cousins ist ein ganz bekannter Mann in der Region: Robert Kirsch, der Sohn des Stellmachers Johann Kirsch (eines der Geschwister vom Vater Lieselottes) war viele Jahre Lehrer und dann Direktor des Illinger Illtal-Gymnasiums. Er war als Pädagoge ebenso beliebt, wie er heute als Regional-Historiker und Buch-Autor anerkannt ist. Robert Kirsch machte aus der Stellmacher-Werkstatt seines Vaters mit viel Herzblut und finanziellem Engagement ein Heimatmuseum. "Auch dieses Museum fiel dem Abriss zum Opfer, die Exponate mussten verteilt werden", erinnert sich Kirsch an die bitteren Zeiten des Verlustes der Heimat der Jakobs-Sippe, die sich auch als Geschäftsleute (Metzgerei und Party-Service) einen Namen gemacht hatte. Teile der Kirschschen Sammlung befinden sich heute im Wemmetsweiler Heimatmuseum, andere Stücke verwahrt Robert Kirsch in seinem neuen Domizil in Mainzweiler, woher seine Mutter stammt. Bei einem Getränk im Wemmetsweiler Traditions-Gasthaus Maurer-Wachter berichten Lieselotte Scheuer und Robert Kirsch von den alten Zeiten. Sie erinnern sich noch genau, doch Larmoyanz ist den beiden fremd, auch wenn die Stätte ihrer Kindheit zerstört worden ist. Das Leben ging trotzdem weiter.

Wer an der Serie "Mein Elternhaus" teilnehmen möchte, wendet sich bitte an die SZ-Lokalredaktion Neunkirchen, Bahnhofstraße 50, Telefon (0 68 21) 9 04 64 50 oder mailt an rednk@sz-sb.de.

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